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# taz.de -- Neue Energie-Geno in Bremen: Sonne zu vermieten
> Die kürzlich gegründete Genossenschaft „Bürger Energie Bremen“ versucht
> mit Mietmodellen, den Rückgang der Solarnutzung zu stoppen.
Bild: Bremens erste Miet-Photovoltaik-Anlage
BREMEN taz | Der Weg zur Energiewende ist beschwerlich. 36 Sprossen führen
senkrecht nach oben, doch dann steht man mitten in Bremens erster
mittelständischer Miet-Photovoltaik-Anlage: 4.000 Quadratmeter Modulfläche.
Firmen-Chef Jörg Müller von der Benien GmbH in Hemelingen haben sie keinen
Cent gekostet: Er hat sie – auf dem eigenen Dach – von einer Genossenschaft
gemietet. Ein neues Modell, das dem stockenden Solarausbau wieder neuen
Auftrieb gibt?
Bremen hat sich verpflichtet, 40 Prozent seines Kohlendioxid-Ausstosses bis
2020 abzubauen – gemessen an den Werten von 1990. Derzeit, sagt Klaus
Prietzel vom Bund für Umwelt und Natur, sei Bremen jedoch erst bei rund
zehn Prozent. „Wenn es wie im Moment weiter läuft“, sagt er nüchtern,
„schafft Bremen das sicher nicht.“
## Gut 50 Mitglieder
Prietzels Konsequenz ist die Gründung der Genossenschaft „Bürger Energie
Bremen“. Die hat bereits gut 50 Mitglieder, die im Schnitt rund 2.000 Euro
beisteuern – und damit Investitionen wie jetzt im Hemelinger Gewerbegebiet
Hansalinie ermöglichen.
„Wir selbst investieren lieber in unsere Maschinen“, sagt Firmenchef
Müller, der vorsichtshalber auf dem Boden geblieben ist. Die 50
MitarbeiterInnen seiner GmbH stellen Förderbänder, Gummis und
Arbeitssschutzprodukte her – gut die Hälfte des dafür benötigten
Energiebedarfs kommen nun vom eigenen Dach.
Je nach Sonnenintensität muss die Firma dafür rund 1.000 Euro Monatsmiete
zahlen, was angesichts der Einsparungen ein gutes Geschäftsmodell ist –
zumal sie mit Wartung und Reparatur nichts zu tun hat. Solche
Anreiz-Modelle sind notwendig, seit die Bundesregierung die
Einspeisevergütung für Solarstrom deutlich gedrosselt hat. Die so
entstandene Rentabilitätsminderung gleicht die „Bürger Energie Bremen“ nun
mit ihrem zum Teil ehrenamtlichen Engagement und dem Verzicht auf hohe
Renditeraten aus.
## „Solare Eignungsprüfung“
Der Bedarf ist gewaltig: 2014 hat sich der Photovoltaik-Ausbau im Vergleich
zum Vorjahr auf weniger als ein Drittel abgesenkt. In der gesamten
Überseestadt nutzt nur ein einziger der neu entstandenen Großbauten
Photovoltaik: Der Großmarkt, das seinerzeit erste neue Gebäude im Quartier.
„Es ist in letzter Zeit deutlich schwieriger geworden, Bauherren für
Photovoltaik zu begeistern“, stellt Prietzel fest.
Das liege aber nicht nur an den von der Bundesregierung geschaffenen
ökonomischen Rahmenbedingungen, sondern auch an der Bremer Politik. Die
Wirtschaftsförderung müsse das Thema voranbringen, die Gewoba könne
„deutlich mehr tun“, auch eine Änderung des Baurechts sei notwendig: Dort
solle eine solare Eignungsprüfung von Dachflächen als Standard verankert
werden – insbesondere in neu entwickelten Gewerbegebieten. Die Bürger
Energie Bremen würde gern auch öffentliche Dächer nutzen, konnte dort aber
noch keine Vertragspartner für ihr Mietmodell finden.
Bei einer Achimer Schule sei das kürzlich anders gewesen, sagt Prietzel:
„Es ist kein Zufall, dass wir in Niedersachsen gebaut haben.“ In der Tat
wäre auch beim Brepark ein visionäreres Handeln möglich: Etwa mit
Modul-überdachten Parkplätzen in der Überseestadt, die zugleich als
Stromtankstellen für Elektromobile genutzt werden könnten.
## Unterstützung durch die SWB
Stattdessen ist der neue Stadtteil mit herkömmlichen Asphalt-Stellflächen
übersättigt. Positiv ist in Bremen hingegen die Unterstützung durch die
Swb: Die habe, sagt Iris Klauck, Geschäftsführerin der Swb-Tochter „Pro
Natur“, das Hemelinger Modellprojekt mit 30.000 Euro unterstützt.
„Von dieser Anlage“, betont Klauck, „erhoffen wir uns eine Signalwirkung.…
Die Gesamtkosten für die Installation der 540 Module in luftiger Höhe lagen
bei 200.000 Euro. Dafür gibt es bei durchschnittlichem Wetter eine
Stromernte von rund 110.000 Kilowattstunden pro Jahr – was immerhin dem
Jahresbedarf von 32 Durchschnitts-Haushalten entspricht.
Prietzels Blick schweift über die nahe Landesgrenze, dann deutet er auf ein
noch näher gelegenes freies Feld. „Dort“, sagt er mit großem Nachdruck,
„würden wir sehr gerne ein bis zwei Windanlagen errichten.“ Seine
Genossenschaft verfolgt einen doppelten Ansatz: Sie will nicht nur
Dachbesitzern die Sonnenenergie schmackhaft machen. Sondern, indem sie
Bürgern eigene Investitionen ermöglicht, auch die Akzeptanz der
Windkraftnutzung erhöhen. Der Weg zur Energiewende ist beschwerlich. Doch
in Bremen hat er nun ein paar neue Orientierungspunkte.
6 Sep 2015
## AUTOREN
Henning Bleyl
## TAGS
Bremen
Energiewende
Solarenergie
Windkraft
Photovoltaik
Genossenschaft
Erneuerbare Energien
Erneuerbare Energien
Schwerpunkt Atomkraft
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Ausschreibung
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