# taz.de -- Abschiebeknast soll Unterkunft werden: Flüchtlinge dürfen ins Gef… | |
> Ironie der Geschichte: Weil so viele Menschen nach Berlin fliehen, will | |
> der Senat den Abschiebeknast in Grünau schließen – und als Unterkunft | |
> nutzen. | |
Bild: Er ist noch draußen: Junge in der Notunterkunft in Spandau. | |
Flüchtlinge könnten bald nicht nur in Zelten, sondern auch im | |
Abschiebeknast Grünau unterkommen: „Derzeit wird geprüft, wie das Gebäude | |
für Flüchtlinge nutzbar gemacht werden könnte“, bestätigte ein Sprecher d… | |
Innenverwaltung der taz. Über einen genauen Zeitpunkt lasse sich momentan | |
aber noch nichts sagen. Laut Innensenator Frank Henkel (CDU) hätten dort | |
bis zu 300 Personen Platz. Für die aktuell darin befindlichen | |
Abschiebehäftlinge suche der Senat nach einer Kooperationsmöglichkeit mit | |
einem anderen Bundesland, so der Sprecher. | |
Seit Jahren wird über eine Schließung des Abschiebegefängnisses diskutiert. | |
Der offiziell „Polizeigewahrsam“ genannte Grünauer Knast war 1995 aus dem | |
ehemaligen DDR-Frauengefängnis im heutigen Bezirk Treptow-Köpenick | |
entstanden. Er verfügt über 160 Plätze, die zuletzt aber nur zu einem | |
Bruchteil belegt waren. Die Zahlen der Abschiebungen aus Abschiebungshaft | |
sinken stetig, die Menschen werden stattdessen vermehrt unangekündigt aus | |
ihren Wohnheimen und Unterkünften geholt. | |
Das ist kein Zufall, sondern erklärte Strategie des Senats: Das Verfahren | |
der Abschiebung musste geändert werden, nachdem die zuständigen Gerichte | |
die Freiheitsentziehung moniert hatten. Bei Abschiebungen direkt aus dem | |
Wohnheim komme es dagegen nur zu „Freiheitsbeschränkungen“, heißt es in | |
einer Antwort der Innenverwaltung auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei. | |
Das macht sich in Grünau bemerkbar: Auf einen Häftling kamen dort laut dem | |
Rechnungshof zehn Beschäftigte, für den Landeshaushalt fielen 2012 | |
umgerechnet auf jeden Insassen pro Tag Kosten von 1.821 Euro an. | |
Zwischenzeitlich saßen in Grünau zwar auch Abschiebehäftlinge aus anderen | |
Bundesländern ein. Doch solche Amtshilfegesuche werden inzwischen | |
abgelehnt. | |
Laut der „Initiative gegen Abschiebehaft“ ist zurzeit lediglich eine Person | |
in Grünau inhaftiert. „Der Senat ist dabei, den Abschiebeknast | |
dichtzumachen“, sind sich deren MitstreiterInnen sicher. Das löst bei ihnen | |
keine Freude aus. „Die Grünauer Straße macht zu, dennoch wird das Prinzip | |
nicht berührt, und das Land Berlin wird weiter Flüchtlinge einsperren“, so | |
Anne David von der Initiative. Nach ihren Informationen sollen die | |
Abschiebegefangenen – wie bereits mehrfach diskutiert – im | |
brandenburgischen Eisenhüttenstadt untergebracht werden. „Damit werden die | |
Inhaftierten noch weiter isoliert und verschwinden völlig aus dem Blickfeld | |
des kritischen Teils der Berliner Öffentlichkeit“, warnt die Initiative. | |
Auch mit dem Vorschlag, das Gefängnis in Grünau als Unterkunft zu nutzen, | |
macht sich der Senat bei Flüchtlingsunterstützern keine Freunde. „Es gibt | |
zahlreiche freie Gebäude in der Stadt, die besser geeignet sind als dieser | |
Knast“, sagt Georg Classen vom Flüchtlingsrat. Wolle man in Grünau Menschen | |
unterbringen, müssten Mauern, Gitter und schwere Metalltüren entfernt | |
werden. „Der Umbau würde mindestens ein halbes Jahr dauern“, so Classen. | |
Hakan Tas, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, befürchtet, dass | |
der Senat das Gebäude bereits im jetzigen Zustand nutzen will. Aus der Not | |
heraus mache der Senat gravierende Fehler, so Tas. „Wir lehnen | |
Gefangenenzellen als Unterkünfte ab.“ Senatssprecher Bernhard Schodrowski | |
beschwichtigt: Natürlich müssten zunächst Fenster und Türen umgebaut | |
werden. „Wir können das Gebäude erst zur Flüchtlingsunterbringung nutzen, | |
wenn es entsprechend verändert wurde.“ | |
Bei einem anderen Gebäude ist der Senat weiter: Er wird das Gebäude der | |
früheren Landeszentralbank in der Bundesallee kaufen, wie eine Sprecherin | |
der Senatsverwaltung für Soziales am Sonntag sagte. Dort soll eine neue | |
Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge eingerichtet werden. Das zuständige | |
Landesamt für Gesundheit und Soziales hatte die Immobilie in dieser Woche | |
formell sichergestellt. | |
6 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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