# taz.de -- Umfrage zur Toleranz der Berliner: Einwanderer kommen gut an | |
> Eine Umfrage zeigt: Die hohen Flüchtlingszahlen ändern nichts an der | |
> Toleranz der Berliner. Es bleibt jedoch am rechten Rand eine | |
> gewaltbereite Gruppe. | |
Bild: Die Willkommenskultur schlägt sich auch in Zahlen nieder | |
Trotz der vielen Flüchtlinge, die nach Berlin kommen, gibt es in der Stadt | |
keine wachsende Fremdenfeindlichkeit. Das ist das Ergebnis einer | |
repräsentativen Befragung, die das Meinungsforschungsinstituts Info am | |
Montag vorstellte. Mitte August, also bereits unter dem Eindruck der | |
gestiegenen Flüchtlingszahlen, befragten die MitarbeiterInnen am Telefon | |
knapp 1.400 wahlberechtigte BerlinerInnen zu ihrer Haltung gegenüber | |
Migranten. Dreiviertel zeigten dabei eine positive Einstellung. „Ich finde | |
es sehr gut für Berlin, dass hier viele Ausländer und Migranten leben“ – | |
dieser Aussage stimmten 62 Prozent zu. Ein Viertel der Befragten, darunter | |
viele aus den Ostbezirken sowie viele Ältere, äußerten sich dagegen | |
negativ. Damit hat sich der Anteil der Ablehnenden im Vergleich zu 2011 | |
kaum verändert. | |
In den einzelnen Bereichen lassen sich sogar erfreuliche Veränderungen | |
feststellen. So sagten 2011 nur zwei von drei Befragten, Muslime gehörten | |
zu Berlin wie Christen, Juden und Angehörige anderer Religionen. Jetzt sind | |
bereits Vier von Fünf dieser Meinung. Migranten werden auch weniger für | |
Probleme verantwortlich gemacht: 2011 glaubten noch 27 Prozent, die „vielen | |
Ausländer“ seien Schuld an der „hohen Kriminalität“. Heute denken so nur | |
noch 20 Prozent. | |
Für Parteien am rechten Rand ist bei so einer Stimmungslage wenig zu holen: | |
Wäre nicht erst in einem Jahr, sondern bereits jetzt Abgeordnetenhauswahl, | |
käme die AfD der Befragung zufolge auf magere drei Prozent, die NPD auf ein | |
Prozent. | |
„Wesentlich für die Einstellung ist der persönliche Kontakt zu Menschen | |
nichtdeutscher Herkunft“, sagte am Montag Holger Liljeberg, Geschäftsführer | |
des Instituts. Immerhin eine Million BerlinerInnen haben laut dem Amt für | |
Statistik inzwischen einen Migrationshintergrund. Das heißt: Sie sind | |
entweder Ausländer, wurden außerhalb von Deutschland geboren oder | |
eingebürgert. Auch die Kinder von Ausländern oder eingebürgerten Eltern | |
zählt man zu dieser Gruppe. | |
Laut der Umfrage gibt es heute etwas mehr Kontakte als vor fünf Jahren: 30 | |
Prozent der Befragten gaben an, Migranten in der Familie oder | |
Verwandtschaft zu haben. 2011 waren es noch 25 Prozent. Auch die | |
Überschneidungen von Bio-Deutschen und Migranten im Freundes- und | |
Bekanntenkreis haben leicht zu genommen. | |
Das gilt nicht für ganz Berlin gleichermaßen. Im Westteil der Stadt sind | |
solche Kontakte deutlich häufiger als im Ostteil. Gleichzeitig findet man | |
in den Ostbezirken überdurchschnittlich viele Vorbehalte gegenüber | |
Migranten. Trauriger Spitzenreiter ist Marzahn-Hellersdorf mit 44 Prozent. | |
In Treptow-Köpenick und Lichtenberg-Hohenschönhausen sieht es nur wenig | |
besser aus. Am tolerantesten sind der Umfrage zufolge die Menschen in | |
Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg. | |
Viele Rentner sind unter denen, die Zuwanderer ablehnen. Viele sind auch | |
schlechter gebildet und verdienen weniger als die Berliner im Schnitt. | |
Skeptisch bis gewaltbereit gegenüber Flüchtlingen äußern sich dagegen eher | |
Jüngere. | |
„Wenn in meiner Nähe ein Flüchtlingsheim eröffnet werden sollte, würde ich | |
aktiv etwas dagegen unternehmen“ – auch mit dieser Aussage haben | |
MitarbeiterInnen des Instituts die Befragten konfrontiert. 88 Prozent | |
lehnten sie ab, doch immerhin sieben Prozent stimmten ihr zu. Hochgerechnet | |
sind das knapp 190.000 Personen. Ähnlich viele sind der Umfrage zufolge | |
auch der Meinung, dass alle Ausländer in ihre Herkunftsländer zurückkehren | |
sollten – sie würden die deutsche Kultur notfalls auch mit Gewalt gegen | |
Einwanderer verteidigen, so eine der Aussagen. | |
Liljebergs Fazit: Zwar habe die Aufgeschlossenheit der Berliner insgesamt | |
zugenommen. Es gebe aber eine Minderheit mit Gewaltpotenzial und damit | |
einen „hohen politischen Handlungsbedarf zur Gefahrenabwendung“. | |
7 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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