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# taz.de -- Kommentar „Säxit“: Sachsen bleibt deutsch
> Der Witz, Sachsen einfach in die Unabhängigkeit zu entlassen, ist nicht
> sonderlich lustig. Denn er geht am Kern des Problems vorbei.
Bild: Nein, diese Demo in Meißen aus der Familie der Pegida-artigen, führt di…
Mit Blick auf Dresden, Freital, Meißen, Heidenau ist es sicher nicht
abwegig, die offen zur Schau gestellte brutale Provinzialität, den
Rassismus und die Gewaltbereitschaft für ein sehr speziell sächsisches
Problem zu halten. Kaum sonst irgendwo gibt es derzeit auf so engem Raum so
viel unverstellten Hass, so viele Bilderbuchnazis.
Ebenfalls ist es nicht ganz abwegig, scherzen zu wollen, [1][Sachsen möge
Deutschland doch einfach verlassen] und sich in seiner Selbstgefälligkeit
suhlen. [2][Säxit] wird das dann genannt und geistert als verzweifeltes
Witzchen durch die Welt. Verzweifelt, denn schon die Prämisse der humorig
gemeinten Idee lenkt vom Kern des Problems ab.
So wird ein hässliches Deutschland konstruiert, dass da existiere in einem
geografisch klar umrissenen Raum, repräsentiert von einem ganz spezifischen
Schlag Menschen. Dagegen sollen vermutlich Vernunft, Barmherzigkeit und
zivilisierte Bürgerlichkeit im Rest des Landes stehen.
Die in Heidenau so „überforderte“ Polizei wird aber nach gesamt-, also
westdeutschen Standards ausgebildet und geführt. Auch der reaktionäre
Justiz- und Staatsschutzapparat Sachsens, der AntifaschistInnen überwacht
und drangsaliert, ist keine Hinterlassenschaft der DDR oder wurde speziell
für das Land entwickelt, sondern kam mit Kurt Biedenkopfs Beamten- und
Politikerkaste nach 1990 rüber.
## Unser Sachsen – unser Deutschland
Biedenkopfs Erbe Stanislaw Tillich sagt über die schweren Ausschreitungen
in Heidenau: „Das ist nicht unser Sachsen.“ Doch, das ist unser Sachsen,
jedoch nicht allein das. Das ist eben auch unser Deutschland – jenes
Deutschland, dass an so vielen Orten kaum in der Lage sein will, aus
Kriegsgebieten Geflüchteten ein festes Dach über dem Kopf anzubieten. Jenes
Deutschland, dessen Bundesinnenminister laut darüber nachdenkt,
Asylbewerbern noch die jämmerlichsten Almosen zusammenzukürzen.
Es ist auch jenes Deutschland, dessen Kanzlerin schweigend darauf wartet,
wohin der Wind sich drehen wird in der Flüchtlingsfrage. Damit fordert sie
einerseits das private Engagement zahlloser Helfer heraus, die am Elend der
Geflüchteten ehrlich Anteil nehmen und Hilfsbereitschaft zeigen.
Andererseits sieht sich ganz offensichtlich auch der rassistische Mob
eingeladen, den öffentlichen Raum zu besetzten. Und das tut er im
Zweifelsfall überall, nicht nur in Sachsen.
„Säxit“ – das ist der zwar verständliche, aber nutzlose Wunsch, das „…
einfach abstoßen zu können, die Nazis rauszuschmeißen, gerade so als
gehörten sie nicht dazu. Dabei sind die Verhältnisse in Sachsen doch nur
die Folge über Jahrzehnte gewachsener deutscher Zustände und ihr perfekter
Ausdruck. Dieser Landstrich ist eine Ausnahme nur insofern, als dass er
Avantgarde ist; eine Ankündigung dessen, was da noch kommen mag. Deshalb:
„Säxit“? Da könnte man Deutschland auch gleich ganz auflösen.
23 Aug 2015
## LINKS
[1] http://www.zeit.de/2015/34/sachsen-austritt-bundesrepublik-rechtsextremismu…
[2] https://twitter.com/search?q=%23saexit&src=tyah
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
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