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# taz.de -- Umweltaktivist über Obamas Klimareise: „Das ist ein skurriler Tr…
> Barack Obama reist in Sachen Klimaschutz nach Alaska. Bill McKibben hält
> das für eine Inszenierung und setzt auf die Macht des Protests.
Bild: Der Denali-Nationalpark in Alaska im August 2015.
taz: Herr McKibben, Barack Obama reist in die Arktis und lässt Fotos von
sich vor Eisbergen machen, um für Klimaschutz zu werben. Wie ernst ist es
dem US-Präsidenten mit der Botschaft?
Bill McKibben: Das ist ein sehr skurriler Trip. Obama will zwar vor den
Gefahren des Klimawandels warnen, hat aber vor ein paar Wochen Shell die
Erlaubnis gegeben, im arktischen Meer nach Öl zu bohren, was möglich ist,
weil dort das Eis schmilzt. Das ist die zwiespältigste Botschaft, die man
sich vorstellen kann.
Im Dezember findet in Paris die wichtigste UN-Klimakonferenz seit Jahren
statt. Die USA wollen ihre Treibhausgase bis 2025 um etwa 17 Prozent
gegenüber 2005 senken. Wie ambitioniert ist dieses Ziel?
Das ist nicht sehr ehrgeizig. Vor allem reicht es nicht einmal im Ansatz
aus, um den globalen Klimawandel auf 2 Grad Celsius zu begrenzen, wie es
alle Staaten beschlossen haben. Wir kommen damit nicht einmal in die Nähe.
Was muss passieren, damit die USA ihr Angebot verbessern?
Dazu braucht es eine starke Bewegung der Menschen, die gegen die fossilen
Industrien aufstehen. Das werden wir bekommen, und das hilft der Sache.
Präsident Obama hat im letzten Jahr in Peking sein Klimaabkommen mit China
verkündet, nachdem eine Woche vorher in New York 400.000 Menschen für mehr
Klimaschutz demonstriert hatten.
Fürchten Sie, dass die US-Regierung ein internationales Abkommen
unterzeichnet, es aber nicht durch den Kongress bekommt?
Was ich für Paris wirklich fürchte, ist etwas anderes: einen Deal, der
gerade genug verspricht, um den Forderungen nach wirklicher und tieferer
Veränderung in Politik und Wirtschaft die Spitze zu nehmen.
In den USA sinken die Emissionen, Kohle wird unrentabel. Gibt es in Ihrem
Land eine Energiewende?
Nicht wirklich, obwohl einige Staaten sich moderate Ziele für erneuerbare
Energien gesetzt haben. In anderen Bundesstaaten wiederum tun die
Stromkonzerne alles, um die Erneuerbaren abzuwürgen. Hätten wir doch nur
ein Drittel des politischen Willens, der in Deutschland dazu herrscht! Und
hätten Sie in Deutschland doch nur dreimal so viel, wie Sie jetzt schon
haben!
Erdgas in den USA ist ein wichtiger Grund für die sinkenden Emissionen. Ist
das umstrittene Fracking ein nötiges Übel, um die Kohle loszuwerden?
Nein, auf keinen Fall. Frackinggas scheint genauso schlecht zu sein wie
Kohle, weil es aus Pipelines austritt. Dieses Methan ist fürs Klima etwa
20-mal so schädlich wie Kohlendioxid.
Was sind die wichtigsten Schritte zu einer Wirtschaft, die nicht mehr auf
fossilen Brennstoffen beruht?
Vor allem wäre das die schnelle Verbreitung von erneuerbaren Energien. Eine
CO2-Steuer würde auch helfen. Aber solange wir sie nicht haben, werden wir
uns mit dem schnell fallenden Preis für Solaranlagen begnügen müssen.
Wer sind die größten Gegner einer grünen Wirtschaft?
Die Industrie der fossilen Rohstoffe. Und die Milliardäre, die mit ihnen
eng verbunden sind, wie etwa die Koch-Brüder.
Das sind mächtige Gegner, die angekündigt haben, etwa 700 Millionen Dollar
in den nächsten Wahlkampf zu stecken. Ihre Gegenstrategie?
Ich schätze mal, es wird uns nicht gelingen, mehr Geld aufzutreiben und für
Lobbyarbeit auszugeben, als sie es tun. Wir müssen eine andere Währung
finden, um es mit ihnen aufzunehmen: die Währung einer Bewegung ist
Leidenschaft, Begeisterung, Kreativität.
Die Publizistin Naomi Klein argumentiert in ihrem neuen Buch, dass es keine
wirkungsvolle Klimapolitik geben kann, solange diese Form von
Kapitalismus vorherrscht. Sehen Sie das auch so?
Ich denke jedenfalls, dass der Druck für die Veränderung nicht aus der
Politik kommt. Sondern von außen, von den Straßen.
Schmiedet die Klimabewegung Allianzen mit Branchen der grünen Wirtschaft
für eine effektive Klimapolitik?
Nein. Da habe ich noch kein effektives Bündnis gesehen.
In manchen Staaten der USA gibt es Koalitionen von Umweltschützern mit der
konservativen Tea Party. Die „Green Tea Party“ macht Druck für dezentrale
Energien. Sehen Sie da einen neuen Verbündeten?
Bei einigen Themen werden diese Aktivisten für uns Verbündete sein. Bei
vielen anderen allerdings sind sie unsere Gegner. Aber es gibt einen
Vorteil: Sie sind intellektuell nicht so korrumpiert wie etwa die
Koch-Brüder. Offenbar glauben sie noch an ein paar andere Dinge als nur ans
Geld.
Was wird die Klimabewegung bei der Konferenz in Paris anders machen als
2009 in Kopenhagen?
Ich kann mir vorstellen, dass es eine große Demonstration in Paris geben
wird. Aber wir sind nicht so sehr auf die Klimakonferenz fokussiert, wie es
die Leute 2009 in Dänemark waren. Wir wissen jetzt, dass das nur ein
Schritt auf einer langen Reise ist.
Wie wollen Sie einen zweiten Fehlschlag wie den in Kopenhagen verhindern?
Wir müssen eine Bewegung schaffen, die sich nicht nur auf den Konferenzen
zeigt, sondern dafür sorgt, dass die Politiker zu Hause für das
verantwortlich gemacht werden, was sie dort entscheiden oder nicht
entscheiden.
Welchen Einfluss hat Ihre Kampagne des Divestment, also Kapital aus den
fossilen Unternehmen abzuziehen, auf die Politik in den USA?
Die Divestment-Kampagne hat einen riesigen Einfluss auf die Debatte. Wegen
dieser Aktivitäten haben wir es geschafft, unsere Botschaft weit zu
verbreiten: dass wir nämlich die meisten fossilen Brennstoffe wie Kohle, Öl
und Gas im Boden lassen müssen, wenn wir echten Klimaschutz betreiben
wollen. Und diese Einstellung ist inzwischen allgemein anerkannt.
Sehen Sie Auswirkungen des Klimawandels in den USA?
Natürlich. Denken Sie nur an die jahrelange Megadürre in Kalifornien.
Abgesehen davon gibt es Tausende weitere Beispiele in den USA.
Bisher ist die Klimabewegung vor allem in den Industriestaaten organisiert.
Aber Länder wie China und Indien entscheiden über den Klimawandel. Wie
reagieren Sie auf diese Veränderung?
Indem wir uns auch in diesen Ländern organisieren! So wie wir es bereits in
Delhi oder in São Paulo und anderswo machen.
1 Sep 2015
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Barack Obama
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