# taz.de -- Shell stoppt Ölsuche vor Alaska: Ende der Arktis-Ausbeutung | |
> Der letzte große westliche Energiekonzern gibt die Suche in der Region | |
> auf. Währenddessen feiert Greenpeace den „Sieg für das Klima“. | |
Bild: Die 2012 vor Alaska auf Grund gelaufene Bohrinsel „Kulluk“ war laut U… | |
STOCKHOLM taz | Zu teuer, zu wenig erfolgversprechend, zu unsichere | |
politische Rahmenbedingungen. Mit dieser Begründung gab der | |
britisch-niederländische Ölkonzern Shell am Montag den Stopp für alle seine | |
Offshore-Ölförderpläne vor der Nordwestküste Alaskas bekannt. Greenpeace, | |
das noch am Wochenende vor deutschen Shell-Tankstellen dagegen protestiert | |
hatte, sprach von einem „großen Sieg für die Arktis und das Klima“. | |
Gleichzeitig forderte die Umweltorganisation US-Präsident Barack Obama auf, | |
die Ölsuche in amerikanischen Arktisgewässern zu verbieten. | |
Shell hat seit 2006 mehr als 7 Milliarden Dollar in die Ölförderung in der | |
Tschuktschen- und der Beaufort-See vor der Küste Alaskas investiert. | |
Zunächst waren nach der Deepwater-Horizon-Katastrophe im Golf von Mexiko | |
2010 auch Offshore-Bohrungen in der Arktis verboten worden. Doch im Juli | |
2012 durfte Shell wieder loslegen. Nach einer erfolglosen ersten | |
Bohrsaison, die damit endete, das die Bohrinsel „Kulluk“ fast eine Ölpest | |
verursachte, musste der Konzern die Suche für 2013 und 2014 erneut auf Eis | |
legen. | |
Eine Untersuchung des US-Innenministeriums hatte damals Schwächen im | |
Sicherheitskonzept für Aktivitäten in der Arktis enthüllt. Greenpeace | |
sprach schon damals von einer „Bekräftigung der Tatsache, dass sichere | |
Ölbohrungen in der Arktis nicht durchzuführen sind“. Doch einzige | |
Konsequenz war, dass der Ölkonzern nachbessern musste. Trotz heftiger | |
Proteste, denen sich auch die demokratische Präsidentschaftskandidatin | |
Hillary Clinton anschloss, erhielt Shell im Sommer von Washington eine neue | |
Bohrgenehmigung. | |
Bohrungen in den nördlichen Gewässern gehören zu den umstrittensten | |
Projekten der Ölsuche überhaupt. Im September 2013 war Russland wegen der | |
Inhaftierung von 28 Aktivisten, die sich der Ölplattform Prirazlomnaja | |
nähern wollten, weltweit in die Kritik geraten. Schätzungen zufolge liegen | |
rund 30 Prozent des noch unangezapften Erdgases und 12 Prozent der | |
weltweiten Erdölreserven unter der Arktis. Längst sind die Anrainer – allen | |
voran Russland und die USA – dabei, sich langfristig Pfründen zu sichern. | |
Allerdings machten zuletzt auch die rasant gefallenen Ölpreise die Ausbeute | |
weniger attraktiv. | |
## Über eine Milliarde Dollar für Demobilisierung | |
Die Shell-Mitteilung, die Ölsuche vor Alaska „auf absehbare Zeit“ | |
aufzugeben, bezieht sich auf eine kürzlich abgeschlossene Bohrung rund 240 | |
Kilometer vor der Küste Alaskas in der Tschuktschen-See. Dabei habe man Öl- | |
und Gasvorkommen nicht in ausreichenden Mengen gefunden, um eine | |
Erschließung rechtfertigen zu können. „Das war eindeutig enttäuschend“, | |
sagte Marvin Odum, Präsident von Shell, USA. | |
Die Versuchsbohrung in der Tschuktschensee werde entscheidend für die | |
weiteren Arktisaktivitäten des Konzerns sein, hatte bereits Mitte September | |
Shell-Chef Ben van Beurden in der BBC erklärt. Ein „abschließendes Nein“ | |
dort werde „vermutlich das Ende des Wegs für unser Alaska-Abenteuer“ | |
bedeuten. Folgerichtig kündigte Shell nun auch an, nicht nur sein | |
Engagement in der Tschuktschen-See zu beenden, wo man Leasingverträge für | |
Bohrausrüstung und Eisbrecher bis 2020 geschlossen hatte, sondern auch für | |
die weiter östlich liegende Beaufort-See, für die solche Verträge bis 2017 | |
bestehen. Die Kosten der „Demobilisierung“ beziffert der Konzern auf über | |
eine Milliarde Dollar. | |
Mit Shell gibt der letzte große westliche Energiekonzern die Ölsuche in der | |
Arktis erst einmal auf. Vorher hatten diesen Schritt schon Conoco, Exxon, | |
Chevron und Statoil getan. Die französische GDF und die dänische Dong gaben | |
Lizenzen für die Ölsuche vor Grönland zurück. Offshore-Förderung in | |
arktischen Gewässern betreibt seit 2013 ausschließlich die russische | |
Gazprom in der Petschora-See. Nach einer im Auftrag des WWF erstellten | |
Studie generiert diese Produktion angesichts des aktuellen Ölpreisniveaus | |
jährlich mehrere hundert Millionen Dollar Verlust. | |
28 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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