| # taz.de -- Protest gegen Shell in der Arktis: Putzen auf dem Packeis | |
| > Eisberge, Stürme – und mittendrin sucht Shell nach Öl. Die Unfallgefahren | |
| > sind hoch. Greenpeace demonstriert mit einem Riesenwischlappen. | |
| Bild: Die „Polar Pioneer“ auf dem Weg in die Arktis | |
| Berlin taz | Über 500 Quadratmeter alter, fleckiger Stoff liegen auf dem | |
| Boden herum. Die Fetzen in allen Farben sind aneinander genäht und mit | |
| Parolen beschriftet. „Shell raus aus der Arktis“ und „Rettet die Eisbäre… | |
| steht darauf, auf einige haben Kinderhände kleine Bärchen gemalt. In Kisten | |
| und Kartons stapeln sich weitere Lumpen, wie Fotos auf der Homepage von | |
| Greenpeace zeigen. An Nähmaschinen fügen junge Menschen weitere Stoffstücke | |
| an das riesige Tuch. Hier arbeitet Greenpeace am größten Putzlappen der | |
| Welt. „Und wenn Shells Pläne schief gehen, werden wir den auch brauchen“, | |
| sagen die Umweltschützer. | |
| Mit dieser Aktion protestiert Greenpeace gegen die vergangene Woche | |
| genehmigte Probebohrung von Shell im arktischen Ozean. Die Bohrinsel „Polar | |
| Pioneer“ sucht in der Tschuktschensee zwischen Alaska und Sibirien nach Öl. | |
| Shell hofft, in einigen Jahren gewinnbringend fördern zu können. Wann | |
| genau, dazu will sich der Konzern nicht äußern, Greenpeace schätzt, dass es | |
| frühestens in 10 Jahren so weit sein wird. Es wird vermutet, dass in der | |
| Arktis etwa 13 Prozent des weltweit erreichbaren Erdöls lagern. Beim | |
| aktuellen Ölpreis von etwa 40 Dollar pro Barrel würde sich die Förderung | |
| nicht lohnen. Shell schätzt, dass ein Preis von 55 Dollar das Projekt | |
| lukrativ machen würde. | |
| In diesem Falle wären die Bohrungen ein lukratives Geschäft, das Shell | |
| jedoch heftige Kritik von Umweltorganisationen einbringt. Larissa Beumer, | |
| Arktis-Expertin von Greenpeace, sorgt sich um die Region: „Dieses Ökosystem | |
| ist durch den Klimawandel stark angeschlagen. Eine Ölkatastrophe in dieser | |
| Region wäre fatal“. | |
| Ein Ölunfall im Nordpolarmeer hätte unabsehbare Folgen: Das Gebiet, in dem | |
| die Plattform „Polar Pioneer“ bohrt, befindet sich über 120 Kilometer von | |
| der nächsten Küste entfernt. Sollte es zu einem Austritt von Öl kommen, sei | |
| dieser im Eismeer deutlich komplizierter und langwieriger zu beseitigen als | |
| in wärmeren Klimazonen, sagt Beumer. Das Gebiet sei nicht nur schwer zu | |
| erreichen, „im kalten Wasser arbeiten sämtliche Abbauprozesse viel | |
| langsamer“. | |
| ## Ein Unfall im Winter hätte katastrophale Folgen | |
| Der Worst Case wäre ein Ölleck zum Ende der Bohrsaison, also ab Anfang | |
| Oktober. Dann beginnt nämlich der arktische Winter, Eismassen verschließen | |
| die Oberfläche und schwere Stürme machen die See unbefahrbar. Im | |
| Zweifelsfall könnte Öl über Monate hinweg austreten. | |
| Der Name der Bohrplattform, „Polar Pioneer“, täuscht. Es handelt sich nicht | |
| um Shells ersten Vorstoß in die Arktis. 2012 riss sich die | |
| Explorationsplattform „Kulluk“ von ihren Schleppschiffen los und strandete, | |
| allerdings wurde kein Öl freigesetzt. | |
| Trotzdem hält Arktis-Expertin Beumer die Ölförderung in diesen Breiten für | |
| unverantwortlich, die Bedingungen des Nordmeeres seien zu extrem. Und dass | |
| ein Unglück eintritt, ist nicht unwahrscheinlich. Das Bureau of Ocean | |
| Energy Management, eine Abteilung des US-Innenministeriums, schätzt das | |
| Risiko für ein schweres Unglück auf 75 Prozent. „Warum die Regierung die | |
| Bohrungen dennoch genehmigt hat, können wir uns nicht erklären“, sagt | |
| Beumer. | |
| Shell sieht das anders. „Wir arbeiten im Sommer und in flachen, offenen | |
| Gewässern mit wenig Druck“, sagt Sprecherin Cornelia Wolber. Dies würde | |
| nach ihrer Aussage das Risiko deutlich verringern. Selbst wenn etwas | |
| passieren sollte, wäre man mit einer Flotte von Einsatzschiffen und | |
| -flugzeugen bereit, innerhalb einer Stunde arktistaugliche | |
| Notfallausrüstung zur Plattform 120 Kilometer vor die Küste zu bringen. | |
| „Falls es zu einem Unfall kommt, ist Shell mit unserem Lappen ja | |
| vorbereitet“, sagt Larissa Beumer sarkastisch. Bei Greenpeace überlege man | |
| derzeit, wie und wann der Wischmopp an den Konzern übergeben werde. Aber | |
| vorher, so die Umweltschützer, müsse der Lappen wachsen. Noch bis zum 31. | |
| August können Putzlappen eingesendet werden. Die Adresse gibt es auf | |
| Greenpeace Homepage. | |
| 26 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominik Schneider | |
| ## TAGS | |
| Arktis | |
| Greenpeace | |
| Shell | |
| Öl | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Shell | |
| Barack Obama | |
| Greenpeace | |
| Arktis | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kolumne Gefühlte Temperatur: Ein Mann für die Sonne | |
| Klimaschädlich und sexistisch zugleich: Frau Erneuerbare Energien und Herr | |
| Erdgas treffen sich in einer absurden Shell-Werbung. | |
| Shell stoppt Ölsuche vor Alaska: Ende der Arktis-Ausbeutung | |
| Der letzte große westliche Energiekonzern gibt die Suche in der Region auf. | |
| Währenddessen feiert Greenpeace den „Sieg für das Klima“. | |
| Der größte Berg der USA: Mount McKinley heißt wieder Denali | |
| Kurz vor dem Alaska-Besuch Obamas erhält der Top-Gipfel der USA seinen | |
| alten Namen zurück. Und Außenminister Kerry disst die Klimaschutz-Kritiker. | |
| Greenpeace-Schiff „Arctic Sunrise“: Russland fürs Entern verurteilt | |
| Das Haager Schiedsgericht hat entschieden: Wegen der Kaperung der „Arctic | |
| Sunrise“ und der Inhaftierung der Crew muss Russland Schadensersatz | |
| leisten. | |
| Begehrte Bodenschätze am Nordpol: Shell darf Arktis ausbeuten | |
| Die Obama-Regierung erlaubt dem Energiekonzern, in der Tschuktschensee nach | |
| Öl zu suchen. Klimaschützer halten das für heuchlerisch. |