# taz.de -- Begehrte Bodenschätze am Nordpol: Shell darf Arktis ausbeuten | |
> Die Obama-Regierung erlaubt dem Energiekonzern, in der Tschuktschensee | |
> nach Öl zu suchen. Klimaschützer halten das für heuchlerisch. | |
Bild: Noch ist die Arktis unberührt. Energiekonzerne wollen das ändern, weil … | |
BERLIN taz | Der Energiekonzern Royal Dutch Shell darf in der Arktis nach | |
Erdöl bohren. Die zuständige US-Behörde für Sicherheit und Umwelt hat dem | |
Unternehmen trotz heftiger Proteste von Umweltschützern die endgültige | |
Genehmigung erteilt, bei Probebohrungen nach Öl in der Tschuktschensee zu | |
suchen. | |
Das Gebiet liegt 113 Kilometer von dem Dorf Wainwright an der Nordwestküste | |
Alaskas entfernt. Shell hatte zuvor bereits die Erlaubnis bekommen, in | |
höher liegenden Schichten des „Burger J“ genannten Feldes zu bohren. Für | |
eine abschließende Zustimmung auch für tiefere Ebenen musste der Konzern | |
aber noch für zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen sorgen. | |
Energiekonzerne blicken begehrlich Richtung Nordpol, denn das Schmelzen des | |
Polareises spielt ihnen in die Karten: Es dürfte mit steigenden | |
Temperaturen einfacher werden, die enormen Rohstoffvorkommen zu | |
erschließen, die Experten im Meeresboden vermuten. | |
Wie viel Erdöl und Gas in der Arktis schlummern, ist nicht sicher, aber | |
eine Schätzung des Geologischen Dienstes der USA geht von rund 13 Prozent | |
der bislang nicht erschlossenen Erdölvorkommen und rund 30 Prozent der | |
unbekannten Gasvorkommen aus. Allein beim Öl könnten dort demnach um 90 | |
Milliarden Barrel Öl gefördert werden. | |
## Keine Bergung von auslaufendem Öl | |
Gleichzeitig haben Umweltschützer enorme Bedenken: Sie fürchten um die | |
Auswirkungen einer Ölförderung auf das sensible Ökosystem der Arktis und | |
wenden sich gegen die fossilen Energien, deren Verbrauch den Klimawandel | |
antreibt und somit wiederum das Eis in der Arktis weiter schmelzen lässt. | |
Überdies halten sie die Gefahren eines Ölunfalls für zu hoch – in den | |
entlegenen Gebieten der Tschuktschensee gebe es kaum Infrastruktur für die | |
Rettungsmaßnahmen, eine Bergung ausgelaufenen Öls aus dem vereisten Wasser | |
ist laut der Umweltorganisation Greenpeace bisher nicht möglich. | |
Deswegen reagierten Umweltschützer empört auf die finale Entscheidung. May | |
Boeve, die Mitgründerin des Klimabündnisses 350.org, wirft der Regierung | |
von Präsident Barack Obama vor, „heuchlerisch“ zu sein. | |
Obama hatte erst vor kurzem verschärfte Klimaschutzmaßnahmen angekündigt. | |
Eine Reise Ende dieses Monats soll ihn nach Alaska führen, wo er sich die | |
Folgen des Klimawandels ansehen will. | |
Zu einem Stopp der geplanten Bohrungen führen die Beteuerungen des | |
Präsidenten, sich mit seiner Politik gegen den Klimawandel zu stemmen, | |
trotzdem nicht. Shell musste jetzt nur sicherstellen, dass ein Schiff mit | |
einem sogenannten „capping stack“ vor Ort ist. Dieses soll im Notfall ein | |
Bohrloch schließen können. Zudem werde die Arbeit des Konzerns weiterhin | |
rund um die Uhr überwacht, teilte Brian Salerno, Chef der US-Umweltbehörde, | |
mit. | |
## Unberechenbare Bedingungen | |
Für den Konzern geht es um viel Geld. Allein für dieses Jahr rechnete der | |
Shell-Finanzvorstand Simon Henry im Januar mit Kosten von knapp einer | |
Milliarde US-Dollar für die Logistik des Projekts, selbst wenn der Konzern | |
nicht bohren könne. | |
Shell versuchte jetzt, die Bedenken der Umweltschützer in einem Statement | |
zu entkräften: In dem betreffenden Gebiet sei das Risiko eines Öl-Unfalls | |
unter anderem wegen des flachem Gewässers extrem niedrig. Sollte dennoch | |
etwas passieren, gebe es einen ausgefeilten Rettungsplan sowie für die | |
Arktis vorgesehenes Equipment. | |
Das bezweifelt die Greenpeace-Arktis-Expertin Lisa Maria Otte: Die nun | |
vollständige Ausrüstung des Energiekonzerns „ändert nichts daran, dass man | |
unter arktischen Bedingungen Unfälle nie unter Kontrolle bekommen kann.“ | |
Wie unberechenbar die Bedingungen seien, zeige ein aktuelles Beispiel: So | |
treibe derzeit nach Angaben der dänischen Marine offenbar ein Ölteppich in | |
der Arktis vor der Ostküste Grönlands. Da aber die Wellen zu hoch seien, | |
könne kein Schiff Proben nehmen – geschweige denn, das Öl einsammeln, sagt | |
Otte. Wenn schon ein kleiner Ölteppich problematisch sei, frage sie sich: | |
„Wie soll das Shell dann im großen Stil machen?“ | |
18 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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