# taz.de -- Divestment in Deutschland: Münster will RWE-Aktien verkaufen | |
> Die nordrhein-westfälische Stadt beschließt als erste in Deutschland, | |
> öffentliches Kapital aus klimaschädlichen Industrien abzuziehen. | |
Bild: Das RWE-Kohlekraftwerk Neurath in Nordhein Westfalen. | |
BERLIN taz | Kurz vor der Weltklimakonferenz von Paris hat erstmals eine | |
deutsche Stadt den Abzug von Kapital aus klimaschädlichen Industrien | |
beschlossen. Im nordrhein-westfälischen Münster beschloss der Haupt- und | |
Finanzausschuss des Stadtrates am Mittwochabend, Millionen Euro | |
umzuschichten. Zwei städtische Fonds dürfen ab 2016 unter anderem kein Geld | |
mehr in die Kohle-, Gas- und Ölindustrie investieren, erklärte der grüne | |
Stadtrat Otto Reiners. | |
Den Antrag hatten die Grünen und die SPD gemeinsam eingebracht. Die Linke | |
stimmte ihm zu, CDU und FDP lehnten ab. Münster ist damit die erste Stadt | |
in Deutschland, die sich der weltweiten Divestment-Bewegung anschließt. | |
Umweltorganisationen und Kapitalanleger weltweit wollen finanziellen Druck | |
auf Unternehmen ausüben, die Kohle, Erdgas oder Erdöl fördern, verarbeiten | |
und verbrennen. Der Verkauf von Anteilen solcher Konzerne soll deren | |
Aktienkurse drücken und sie so veranlassen, aus ihren klimaschädlichen | |
Geschäften auszusteigen. | |
Im Text des Antrages heißt es, dass sich die Stadt Münster nicht mehr an | |
Unternehmen beteiligt, „die Atomenergie erzeugen oder auf nicht nachhaltige | |
und klimaschädliche Energien setzen“. Auch Investitionen in die umstrittene | |
Erdgas-Fördermethode Fracking werden ausgeschlossen. Ebensowenig soll | |
künftig Geld der Stadt in Firmen fließen, die Kinderarbeit zulassen, | |
Kriegswaffen herstellen oder Pflanzen gentechnisch verändern. | |
Konkret geht es um zwei Fonds, in denen rund 30 Millionen Euro städtischen | |
Geldes angelegt sind. Diese Fonds müssen nun Aktien des Energiekonzerns | |
RWE, sowie der österreichischen und italienischen Firmen OVM und Enel | |
verkaufen. | |
## Weitere Kampagnen für Kapitalabzug | |
Kampagnen für den Kapitalabzug gibt es mittlerweile in 23 deutschen | |
Städten, sagte Tine Langkamp von der Organisation 350.org. Unter anderem in | |
Aachen, Bochum, Köln und Berlin setzen sich AktivistInnen dafür ein, | |
öffentliches Geld klimafreundlich anzulegen. | |
In anderen Staaten hat die Divestment-Forderung schon größeren Widerhall | |
gefunden als in Deutschland. Nach Informationen der norwegischen | |
Zentralbank stieß der globale Pensionsfonds der Norwegischen Regierung im | |
vergangenen Jahr Anteile an 22 Unternehmen ab. Darunter waren Firmen, die | |
Kohle und Ölsand abbauen, und ein Energiekonzern. Ein Schwerpunkt der | |
Divestment-Aktivitäten liegt in den USA. | |
Nach Einschätzung der Kampagnen-Organisation 350.org wollen Investoren | |
weltweit etwa 260 Milliarden US-Dollar aus klimaschädlichen Geschäften | |
abziehen. Zum Vergleich: Etwa vier Billionen Dollar betrug im März 2015 der | |
addierte Marktwert der Branchen Elektrizität, Bergbau, Öl und Versorgung in | |
der Financial-Times-Liste der 500 größten globalen Konzerne. | |
Update: In einer früheren Version des Beitrags wurde das | |
Abstimmungsverhalten von AfD und Piraten aufgeführt. Die entsprechenden | |
Verordneten sind jedoch nicht in den Ausschüssen vertreten. | |
4 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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