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# taz.de -- Klimaschädliche Wirtschaft: Deutsche zögern, Geld zurückzuziehen
> Divestment: Öffentlicher Druck auf die Firmen beginnt hierzulande gerade
> erst. Eine Kampagne appelliert an Städte und Hochschulen.
Bild: Klimaschutz-Demo am Brandenburger Tor.
BERLIN taz | Reinhard Bütikofer, Grünen-Abgeordenter im EU-Parlament, fand
am 23. April 2015 auf der Hauptversammlung der Münchener Rück deutliche
Worte: Zwei Drittel der fossilen Rohstoffe der Welt müssten im Boden
bleiben, wenn der Klimawandel nicht unerträglich werden soll, sagte er.
Verantwortungsvolle Investoren müssten sich daher aus der Finanzierung vor
allem der Kohle und Ölförderung zurückziehen.
Die Antwort des Versicherungskonzerns kam schriftlich: Es gebe „keine
Planung von konkreten Deinvestment-Schritten“, heißt es, man „prüfe“
allerdings.
Das Beispiel ist typisch für Deutschland: Im Gegensatz zu Norwegen gibt es
keinen milliardenschweren staatlichen Fonds, über dessen Verwendung die
Politiker entscheiden. Hierzulande kommen die großen Investoren in Öl-,
Gas- oder Kohlefirmen aus der Privatwirtschaft, es sind vor allem Banken
und Versicherer.
Die brüsten sich gerne mit ihren Investitionen in den Klimaschutz – die
Münchener Rück beschäftigt sogar eine eigene wissenschaftliche Abteilung
zum Klimawandel – wollen sich aber bisher nicht aus Investitionen in
Unternehmen aus der fossilen Wirtschaft zurückziehen.↓
## Das dürften sie gar nicht mehr verbrennen
Das Problem an der Sache: Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf fossilen
Energien beruht, sind überbewertet – weil sie ihn ihren Vermögensbilanzen
Rohstoffe eingerechnet haben, die aus Klimaschutzgründen nicht verbrannt
werden dürften. Kritiker sprechen von einer „Carbon Bubble“ (CO2-Blase).
Dass Vermögenswerte in Billionenhöhe umgeschichtet werden müssten, ist den
deutschen Unternehmen bekannt: 2014 trafen sich auf Einladung der UNO
Manager aus 500 Top-Unternehmen, um das Phänomen der Kohlenstoffblase zu
erörtern. Aus Deutschland waren viele Großunternehmen dabei – von der
Münchener Rück, über die Deutschen Bank bis zur Deutschen Börse.
Die beiden französischen Energieriesen EDF und Engie (ehemals GDF Suez)
mussten sich kürzlich auf ihren Hauptversammlungen Fragen zu ihren
Investitionen im Kohlesektor gefallen lassen. Grund dafür war allerdings
auch, dass die weltweite Nachfrage nach Kohle eingebrochen ist, unter
anderem wegen schärferer Umweltpolitik in China und höherer
Emissionsstandards für Kraftwerke in den USA.↓
Öffentlicher Druck entwickelt sich erst:Tina Langkamp beispielsweise baut
für die Organisation 350.org in Deutschland ein Netzwerk von Kampagnen für
einen Ausstieg aus der Finanzierung von Kohle und Öl auf: „Momentan
konzentrieren wir uns darauf, dass sich Universitäten und Städte aus
solchen Geschäften zurückziehen“, sagt sie.
Am Ende könnten dann auch große Investoren davon überzeugt werden, Geld aus
fossilen Rohstoffen abzuziehen. Langkamps Fernziel: „Am Ende könnte die
Politik gesetzliche Regelungen gegen fossile Rohstoffe treffen, ähnlich wie
es nach Jahrzehnten auch gegen die Tabakindustrie der Fall war“, sagt sie.
30 May 2015
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Kohle
Pensionsfonds
Norwegen
Geldanlage
Klima
Münster
CO2-Emissionen
Bergbau
Klima
Schwerpunkt Klimawandel
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