# taz.de -- Alternativer Nobelpreis 2015: Für die gute Sache | |
> Die „Right Livelihood Stiftung“ ehrt den Einsatz gegen Krieg, Klimawandel | |
> und Diskriminierung. Nun wurden die Kandidaten bekanntgegeben. | |
Bild: Bekommt den Ehrenpreis: der Außenminister der Marshallinseln Tony de Brum | |
STOCKHOLM taz | Eine Inuit-Aktivistin, die für die Erhaltung der Arktis | |
angesichts des Klimawandels kämpft; eine ugandische Menschenrechtlerin, die | |
sich gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen | |
in Afrika einsetzt und ein italienischer Arzt und Kriegsgegner, der | |
zahllose Menschenleben in bewaffneten Konflikten gerettet hat: Das sind die | |
diesjährigen PreisträgerInnen des „[1][Right Livelihood Award]“, besser | |
bekannt als „Alternativer Nobelpreis“. Der Ehrenpreis dieses Jahres geht an | |
den Außenminister der Marshallinseln und deren Bürger. | |
„Die vier Preisträger tun nichts weniger, als für unsere Grundrechte zu | |
kämpfen – für die Rechte von indigenen Völkern oder Homosexuellen und für | |
das Recht aller Bürger auf ein Leben frei von Krieg und Klimachaos“, | |
erklärte Ole von Uexküll, Vorsitzender der „Right Livelihood“-Stiftung bei | |
der Bekanntgabe der Preise am Donnerstag in Stockholm: „Mit ihrer | |
unermüdlichen Arbeit, an den Schauplätzen globaler Krisen und in | |
Gerichtssälen, verteidigen sie die Werte, die vor 70 Jahren zur Gründung | |
der Vereinten Nationen führten. Im Angesicht sich zuspitzender humanitärer | |
Notstände bieten sie konkrete Antworten auf die großen Herausforderungen | |
unserer Zeit wie Krieg, Klimawandel und Diskriminierung. | |
Als „eine der mutigsten MenschenrechtsaktivistInnen Afrikas“ | |
charakterisiert die Stiftung Kasha Jacqueline Nabagesera. Der Preis wolle | |
ihren Einsatz für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, | |
Transsexuelln und Intersexuellen (LGBTI) in Uganda ehren. In einem | |
aggressiven und repressiven Umfeld prangere die 34-Jährige, die unter | |
anderem [2][ein Schwulen-und Lesben-Magazin herausgibt], | |
Menschenrechtsverletzungen offen an und nutze erfolgreich das Justizsystem, | |
um die Rechte von LGBTIs voranzubringen. | |
Unter Gefahr für Leib und Leben gehe sie gegen diskriminierende Gesetze vor | |
und habe es mit ihrer „kreativen und richtungsweisenden Arbeit“ geschafft | |
„Mythen und Stereotype über LGBTI in Uganda und weltweit abzubauen“. | |
## Einsatz für medizinische Versorgung | |
„Emergency“ heißt die Organisation, die der italienische Chirurg Gino | |
Strada 1994 mitbegründet hat und die seit zwei Jahrzehnten für die | |
medizinische und chirurgische Versorgung von Opfern von Kriegen und | |
Verfolgung arbeitet. In mehr als einem Dutzend von Krieg betroffenen | |
Ländern war „Emergency“ schon aktiv und betreibt derzeit von Afghanistan | |
bis Sudan über 60 Krankenhäuser, Kliniken und Erste-Hilfe-Stationen. An | |
Strada gehe der Preis nicht nur in Anerkennung seiner „grossen | |
Menschlichkeit und Kompetenz bei der Bereitstellung dieser Leistungen“, | |
sondern auch „für seinen furchtlosen Einsatz gegen die Krieg und | |
menschlichem Leid zugrunde liegenden Ursachen“, heißt es in der Begründung. | |
So habe sich dieser 67-jährige Friedensaktivist beispielsweise „mit | |
Nachdruck und unüberhörbar gegen die militärische Beteiligung Italiens an | |
den Kriegen in Afghanistan und im Irak ausgesprochen“ und eine führende | |
Rolle bei der Kampagne gegen die Verbreitung von Landminen gespielt, die | |
1997 in Italien zu deren Produktions- und Nutzungsverbot mündete. | |
Sheila Watt-Cloutier erhält den alternativen Nobelperis, weil sie „eine | |
erfolgreiche Vorkämpferin für die wirtschaftlichen, sozialen und | |
kulturellen Rechte der arktischen Inuit“ sei. Als gewählte Vertreterin | |
ihres Volkes habe sie dafür gesorgt, das Bildungssystem der Provinz Nunavik | |
in Nord-Quebec besser an das Leben und die Bedürfnisse der Inuit anzupassen | |
und sie habe durch ihren Einsatz maßgeblich den Diskurs über den | |
Klimawandel beeinflusst. Sie habe der internationalen Gemeinschaft vor | |
Augen geführt, wie ungehemmte Treibhausgasemissionen die kollektiven | |
Menschenrechte der Inuit verletzen. | |
## Ehrung für Marschallinseln | |
„Ich kämpfe für das Überleben meines Landes angesichts des Klimawandels“ | |
schreibt Tony de Brum, Außenminister der Marshallinsel, auf seinem | |
Twitteraccount. Dafür, wie er das als Koordinator der Klimaarbeit der | |
pazifischen Inselstaaten tue und überhaupt sein Leben der Unabhängigkeit, | |
Sicherheit und Zukunftsfähigkeit nicht nur seiner eigenen Heimat gewidmet | |
habe, erhalte er den diesjährigen „Ehrenpreis“, lautet die Begründung der | |
Stockholmer Stiftung. | |
1945 geboren wuchs er in einer Zeit auf, als die USA 67 atomare und | |
thermonukleare Tests auf den Marshallinseln durchführten. In den 1970er und | |
1980er Jahren war er Leiter der Unabhängigkeitsverhandlungen mit | |
Washington. Er hatte verschiedene Ministerämter inne, bevor er im | |
vergangenen Jahr als Außenminister Klagen gegen alle neun Atomwaffenstaaten | |
vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag einreichte, weil sie ihren | |
im Atomwaffensperrvertrag niedergelegten Abrüstungsverpflichtungen nicht | |
nachkämen. Eine Entscheidung wird in zwei bis drei Jahren erwartet. | |
Mit diesem Vorstoß, so die „Right Livelihood“-Stiftung hätten die | |
BewohnerInnen der Marshallinsel einen bedeutenden Schritt getan, damit „der | |
Wunsch aller Menschen, frei von der Nuklearwaffendrohung leben zu können, | |
Realität wird“. | |
Die mit umgerechnet zusammen rund 320.000 Euro dotierten Preise werden am | |
30. November 2015 im schwedischen Reichstag verliehen. | |
1 Oct 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.rightlivelihood.org/ | |
[2] /Homo-Magazin-in-Uganda/!5018937 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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