# taz.de -- LGBT-Aktivistin über ihr Leben in Uganda: „Wir müssen berechnen… | |
> Die Trägerin des „Alternativen Nobelpreises“ Kasha Nabagesera spricht | |
> darüber, welchen Gefahren sie in ihrem Heimatland ausgesetzt ist. | |
Bild: Kasha Jacqueline Nabagesera spricht vor Schülern in Berlin über das Leb… | |
Kasha Jacqueline Nabagesera ist Ugandas bekannteste LGBT-Aktivistin. In | |
Uganda verbreiten Kirche und Regierung Inakzeptanz und Unverständnis | |
gegenüber Schwulen, Lesben und Transgender. Es gibt viele Übergriffe auf | |
LGBT, zum Teil auf offener Straße. Seit fünfzehn Jahren setzt sich | |
Nabagesera deshalb für Menschenrechte für alle in ihrem Heimatland ein. Am | |
10. Dezember spricht sie vor den Vereinten Nationen zum Thema | |
„Wirtschaftliche Kosten des Ausschlusses von LGBT“. | |
taz: Frau Nabagesera, Sie haben im Oktober 2015 den Right Livelihood Award | |
erhalten. Welchen Einfluss haben internationale Preise auf Ihre Arbeit? | |
Kasha Jacqueline Nabagesera: Preise erhöhen die Reichweite unserer Arbeit | |
und auch meine persönliche Sicherheit. Je besser die Leute mich | |
international kennen, desto weniger traut sich die Regierung, etwas gegen | |
mich zu unternehmen. Der Right Livelihood Award bringt uns neue | |
Plattformen. Er sorgt dafür, dass mehr Menschen unsere Probleme kennen und | |
darauf aufmerksam werden, was bei uns vor Ort passiert. Besonders, weil ich | |
die erste weibliche LGBT-Aktivistin bin, die den Preis gewonnen hat. | |
Dadurch werden nicht nur die Probleme Ugandas, sondern die der Welt an die | |
Öffentlichkeit gebracht. | |
Gibt es zusätzliche Gefahren für Sie, nachdem Sie gewonnen haben? | |
Ja, natürlich. Nicht alle sind froh darüber. Nicht jeder glaubt an das, was | |
wir tun. Es kommen viele Drohungen. Die Leute sagen dann, dass sie mich | |
zerstören werden, dass sie ihre Frauen daran hindern, unsere Arbeit zu | |
unterstützen. Sie wollen verhindern, dass wir mehr Ressourcen bekommen. | |
Neid kann manchmal auch ein Problem sein. Selbst in meiner eigenen | |
Community sind die Menschen manchmal neidisch, dass ich solchen Erfolg | |
damit habe. Das ist auch Teil des Lebens. | |
Sie wurden wegen Ihrer Arbeit auch verfolgt. Wie gehen Sie damit um? Wie | |
gehen Sie mit den Gefahren um? | |
Wir meiden überfüllte Orte. Und wir sind nie allein unterwegs, sondern | |
immer mit jemandem gemeinsam. Es ist gefährlich, sich allein zu bewegen. | |
Und wenn uns jemand doch angreift - dann kann derjenige die Nachricht | |
hinterher verbreiten, der überlebt. Ich muss auch aufpassen, dass meine | |
Adresse nicht öffentlich bekannt ist. Wir müssen verschiedene Lösungen für | |
verschiedene Umstände haben, berechnend sein. Wenn ich aufwache und weiß, | |
ich gehe zu einem Meeting, muss ich planen: Wie komme ich dorthin? Mit wem | |
gehe ich? Wie sicher ist es? Ich kann nicht einfach ohne Plan aus dem Haus | |
gehen. | |
Wie reagieren Sie auf Hasskommentare im Internet? | |
Auf manche Antworte ich, weil ich das Gefühl habe, diese Person ist einfach | |
nicht informiert. Dann will ich sehen, wie weit sie gehen würde. Manche | |
ignoriere ich einfach, weil ich nicht genug Energie habe, darauf zu | |
antworten. Und dann gibt es einige, die ich sehr, sehr ernst nehme. Bei | |
denen muss ich meine Freunde warnen und unsere Sicherheitsabteilung. | |
Haben Sie Verbesserungen in Uganda gesehen, seitdem Sie Ihre Arbeit | |
begonnen haben? | |
Auf jeden Fall. Es gibt inzwischen einen Dialog im Land. Er ist mal | |
schlecht und mal gut, aber immerhin gibt es einen Dialog. Wir sind | |
sichtbarer geworden. Viele junge Menschen treten unserer Bewegung bei. Und | |
wir finden auch immer mehr heterosexuelle Verbündete. Sogar einige | |
Parlamentsmitglieder fangen an, ihre Meinung zu ändern. Einige | |
Religionsoberhäupter haben aufgehört, Hass zu predigen. Es gab | |
Verbesserungen, ohne Frage. | |
Wie können die Menschen in Deutschland Sie bei ihren Aktionen unterstützen? | |
Indem sie Petitionen unterschreiben und auf unserer Webseite spenden. Wenn | |
wir zu Aktionen aufrufen, können sie zu Protesten an der ugandischen | |
Botschaft gehen. Alles hilft, selbst wenn es nur moralische Unterstützung | |
ist. Diese Art von Solidarität macht uns glücklich, stark und | |
hoffnungsvoll. | |
10 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Belinda Grasnick | |
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