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# taz.de -- Rassistische Krawalle in Heidenau: Nicht ein Täter sitzt in Haft
> Zwei Festgenommene befinden sich wieder auf freiem Fuß.
> Amadeu-Antonio-Stiftung und Polizeigewerkschaft kritisieren die
> sächsische Polizei.
Bild: Warum so schüchtern? In Heidenau flogen Flaschen und Feuerwerkskörper
Dresden taz | Die gewalttätigen Ausschreitungen vor einer
Flüchtlingsunterkunft in Heidenau waren eine „Eskalation mit Ansage“. Die
Amadeu-Antonio-Stiftung wirft den Behörden Versagen vor. Nach den
Erfahrungen der vergangenen Monate hätte man wissen können, wer bei einer
von der NPD angemeldeten Demonstration mitschwimme, sagte Sprecher Robert
Lüdecke.
Die für Menschenrechte und gegen Rassismus engagierte Stiftung verwies auf
die wohlvorbereiteten Aktionen speziell am späten Samstagabend. „Kiloweise
Böller hat man nicht zufällig dabei“, meinte Lüdecke. „Wenn anlässlich
einer NPD-Demo bei Facebook zu einer Straßenblockade aufgerufen wird, muss
man das Gefahrenpotenzial abschätzen können“, sagte Innenpolitiker Valentin
Lippmann von der Landtagsfraktion der Bündnisgrünen.
Das sächsische Innenministerium und die Polizeidirektion Dresden wiesen
solche Vorwürfe zurück. Nach Entscheidungen der Landesdirektion Sachsen als
zuständiger Behörde für die Flüchtlingsunterbringung werde „stets der
erforderliche Sicherheitsaufwand eingeschätzt und abgestimmt“, sagt ein
Sprecher des Innenministeriums. Man habe in Heidenau „ein Szenario wie in
Freital vor einigen Wochen“ erwartet, bestätigte Polizeisprecher Steffen
Geithner. „Es werden Personen beider Lager vor Ort sein und es wird verbale
Auseinandersetzungen sowie Provokationen geben“, lautete die Prognose.
Die eingesetzten 140 Beamten hätten auch die Aufgabe erfüllt, die
Versammlung abzusichern und die Lager zu trennen. „Dass wir selber
angegriffen und zur Zielscheibe werden, können wir schlecht verhindern“,
schilderte Geithner die Überraschung seiner Kollegen durch den
Gewaltausbruch.
## Strafverfolgung musste warten
Klar ist aber auch, dass die sächsische Polizei die letzten personellen
Reserven für die Wochenendeinsätze aufbieten musste. „Die Einsatzkräfte
waren unterrepräsentiert“, kritisiert der stellvertretende
Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Torsten Scheller. Man sei vor
allem mit der Lagebewältigung beschäftigt gewesen, bevor man an
Strafverfolgung denken konnte, räumte Ministeriumssprecher Strunden ein.
Folglich ist der Weg zu einer harten Bestrafung der Täter, die vor allem
Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) gefordert hatte, noch weit. Nach
Polizeiangaben sind lediglich zwei Personen vorläufig festgenommen worden,
inzwischen aber wieder auf freiem Fuß. Von 160 Demonstranten wurden die
Personalien aufgenommen. Strafverfahren seien eingeleitet und die
Staatsanwaltschaft einbezogen worden, sagte ein Polizeisprecher am
Dienstag. Die Polizeidirektion habe aber noch keinen zahlenmäßigen
Überblick.
Paradoxerweise halfen die Neonazis selbst, Lücken in polizeilichen
Videoaufzeichnungen zu schließen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Henning
Homann hat auf YouTube eine Aufzeichnung der rechten Szene entdeckt und
gesichert, bevor sie wieder gelöscht wurde. Im Video sind die Zerstörung
von Absperrungen, Alkoholgenuss und Würfe von Böllern, Steinen und Flaschen
zu sehen. Homann hat Anzeige erstattet.
## „Die Nazis brüsten sich“
Robert Lüdecke von der Amadeu-Antonio-Stiftung warnte vor
Ermunterungseffekten zu weiteren Aktionen gegen Flüchtlinge. „Die Nazis
brüsten sich und fühlen sich im Gefühl der Übermacht als Gewinner. Solange
da kein Riegel vorgeschoben wird, meinen sie, sie könnten schalten und
walten, wie sie wollen.“
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat als Konsequenz vorerst nur
die Wiedereinführung einer Wachpolizei angeregt. Bürgerpolizisten, die nach
drei Monaten Qualifikation Objekte sichern, gab es in Sachsen schon einmal
nach dem 11. September 2001. Zu künftigen Strategien wie etwa einer
konsequenten Auswertung der Internet-Kommunikation war am Dienstag noch
nichts zu erfahren.
In der kommenden Woche wird der Sächsische Landtag über die Asylpolitik im
Freistaat debattieren. Schon am Mittwoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel
den Heidenauer Schauplatz besuchen.
25 Aug 2015
## AUTOREN
Michael Bartsch
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Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlinge
Polizei
Heidenau
Strafverfolgung
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