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# taz.de -- Vor Abstimmung zu Griechenland: Hilfe beim Ausverkauf
> Der Bundestag wird trotz Abweichlern das Hilfspaket für Griechenland
> verabschieden. In Athen könnte es zum Bruch bei Syriza kommen.
Bild: Das drängende griechische Schuldenproblem ist ungelöst.
BRÜSSEL/BERLIN taz | Am Mittwoch entscheidet der Bundestag, ob Deutschland
dem Hilfspaket zustimmt. Dabei zeichnet sich Widerstand in der
Unionsfraktion ab. Zahlreiche Abgeordnete von CDU und CSU, darunter
Mitglieder des Finanz- und Europaausschusses, stehen dem Hilfspaket
kritisch gegenüber und wollen ihre Zustimmung verweigern. „Ich fürchte, wir
kaufen uns wieder einmal für sehr, sehr viel Geld ein wenig Zeit“, sagt
Wolfgang Bosbach (CDU), der bis Juni Vorsitzender des Innenausschusses des
Bundestages war.
Bosbach übt seit Jahren massive Kritik an seiner eigenen Partei in der
Griechenland-Frage. Er hält das Haftungsrisiko für die deutschen
Steuerzahler für zu hoch, weil er glaubt, dass Griechenland die Kredite
nicht pünktlich und vollständig zurückzahlt. Ähnlich sieht das Hans
Michelbach von der CSU. Solange die „Schuldentragfähigkeit“ Griechenlands
nicht gegeben sei, werde es sehr schwierig zuzustimmen, sagte der
bayerische Landesvorsitzende der Mittelstandsunion.
Um ein Fiasko am Mittwoch im Bundestag zu verhindern, hatte
Unions-Fraktionschef Volker Kauder Abweichlern damit gedroht, ihnen
wichtige Ausschussposten zu entziehen. Das wiederum löste Widerspruch in
der Union aus. Von „Druck“ war die Rede und von „freier
Gewissensentscheidung“, die möglich sein müsse.
Deutlich ernster ist die Lage in Athen, wo Premierminister Alexis Tsipras
nur noch mit Hilfe der Opposition regieren kann. In seiner Linkspartei
Syriza vertiefte sich bei der Abstimmung über den neuen, bis zu 86
Milliarden schweren Bailout am Freitag die Kluft zwischen seiner Anhängern
und dem linken Flügel, der das Hilfsprogramm und die damit verbundenen
drastischen Sparmaßnahmen ablehnt. „Es zeichnet sich ein offener Bruch in
Syriza ab“, berichtete die griechische Online-Zeitung Tovima.
## Bei Vertrauensabstimmung droht Niederlage
Unklar ist, ob Tsipras die Krise schon in dieser Woche durch eine
Vertrauensabstimmung lösen will. In diesem Fall droht ihm eine Niederlage,
da die Opposition angekündigt hat, dem Linkspolitiker nicht das Vertrauen
aussprechen zu wollen. Tsipras braucht jedoch Rückhalt, wenn er das
unpopuläre neue Spar- und Reformprogramm umsetzen will. Es sieht unter
anderem den massiven Ausverkauf griechischen Staatseigentums, eine
Heraufsetzung des Rentenalters, die Aufhebung des Verbots von
Massentlassungen und viele andere soziale Härten vor. Gegen die meisten der
Maßnahmen hatte sich Tsipras noch im Juli selbst gesträubt.
Hart sind auch die finanziellen Auflagen. Um überhaupt Hilfe zu bekommen,
muss Athen den Budgetüberschuss vor Schulden auf 3,5 Prozent der
Wirtschaftsleistung steigern, also noch mehr sparen. Die nun zugesagten
neuen Kredite ändern daran nichts. Von den ersten 26 Milliarden Euro
fließen nämlich 10 Milliarden in die Rekapitalisierung der griechischen
Banken. Der Rest geht zur Begleichung alter Schulden drauf, in Athen bleibt
nichts hängen.
## Kein Schuldenschnitt
Auch das drängende Schuldenproblem ist ungelöst. Auf Druck Schäubles und
anderer Hardliner wurde die Entscheidung über mögliche Erleichterungen auf
den Herbst vertagt. Einen Schuldenschnitt, also einen Verzicht der
Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen, soll es jedoch nicht geben.
Schäuble möchte Athen überhaupt nur entgegenkommen, wenn es alle Reformen
komplett umsetzt.
Demgegenüber fordert der Internationale Währungsfonds (IWF) „entscheidende
Schuldenerleichterungen“. Sollten die Europäer dabei nicht mitmachen, könne
der IWF aus dem Griechenland-Programm aussteigen, deutete IWF-Chefin
Christine Lagarde am Wochenende an. Genau das will Schäuble jedoch
verhindern; ohne den IWF will er Griechenland nicht helfen. Der nächste
Streit ist also programmiert – das Land ist noch längst nicht „gerettet“.
Im Bundestag dürfte trotz des Widerstands aus der Union das Rettungspaket
verabschiedet werden. Die Frage ist nur, wie viele Abgeordnete am Ende
dagegen votieren. Mitte Juni stimmten 60 Unions-Parlamentarier gegen
weitere Hilfen für Griechenland.
16 Aug 2015
## AUTOREN
Eric Bonse
Simone Schmollack
## TAGS
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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Schuldenkrise
Alexis Tsipras
Bundestag
Deutschland
IWF
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