# taz.de -- Kehrtwende bei der Endlagersuche: Zurück auf Anfang? | |
> Zusätzlicher schwachradioaktiver Atommüll soll zusammen mit | |
> hochradioaktivem gelagert werden. Das neue Endlager muss größer ausfallen | |
Bild: Aus Furcht vor neuen Protesten soll es kein neues Genehmigungsverfahren f… | |
BERLIN taz | Die Suche nach dem künftigen deutschen Atommüllendlager muss | |
möglicherweise neu beginnen. Während bisher nur für einen Standort für rund | |
10.000 Kubikmeter hoch radioaktivem Müll gesucht wurde – das sind vor allem | |
die Brennelemente aus Atomkraftwerken – soll das Endlager nun weitere | |
300.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiven Müll aufnehmen. Das | |
sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Mittwoch bei der | |
Vorstellung des nationalen Entsorgungsprogramms, das die Bundesregierung | |
bei der EU vorlegen muss. | |
Bei dem zusätzlichen Müll, der nun in der Planung berücksichtigt werden | |
soll, handelt es sich zum einen um die Abfälle, die derzeit im havarierten | |
Versuchs-Endlager Asse lagern und von dort geborgen werden sollen; hier | |
wird ein Volumen von rund 200.000 Kubikmetern erwartet. Dazu können weitere | |
100.000 Kubikmeter aus der Urananreicherungsanlage in Gronau kommen. Diese | |
gelten bisher nicht als Atommüll, sondern als Wertstoff – doch es gibt | |
erhebliche Zweifel, ob sie jemals wiederverwertet werden. | |
Bisher galt es als wahrscheinlich, dass die zusätzlichen Abfälle in das | |
ehemalige Erzbergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter gebracht werden, das | |
derzeit zum Endlager ausgebaut wird und voraussichtlich 2022 in Betrieb | |
geht. Allerdings würde sich das Einlagerungsvolumen dadurch verdoppeln, was | |
ein neues Planfeststellungsverfahren nötig machen und den Konflikt um das | |
Endlager neu anfachen würde. | |
Genau das will Hendricks durch ihre Ankündigung verhindern. „Eine | |
Erweiterung von Konrad wollen wir vermeiden“, sagte sie. Allerdings sei | |
diese Option noch „nicht völlig ausgeschlossen“. Zunächst soll das Votum | |
der Endlagerkommission abgewartet werden. Deren 33 Mitglieder aus Politik, | |
Wissenschaft und Zivilgesellschaft sollen bis Mitte nächsten Jahres | |
Kriterien für das neue Endlager entwickeln. | |
Die AG Schacht Konrad, in der Bürgerinitiativen und Kommunen | |
zusammenarbeiten, sieht darum keinen Grund zur Entwarnung. „Die Ankündigung | |
von Frau Hendricks mag ein Akt des guten Willens sein“, sagte Mitglied | |
Peter Dickel der taz. „Aber ein substanzielle Änderung gibt es bisher | |
nicht.“ | |
Das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber von Schacht Konrad begrüßte | |
die Ankündigung hingegen. Sie sei ein „wichtiges Signal für die Region bei | |
Schacht Konrad“ und gebe „die notwendige Planungssicherheit“, erklärte | |
Präsident Wolfram König. | |
## Neue Anforderungen an das Endlager | |
Durch die neuen Zielvorgaben ändern sich die Anforderungen an das neue | |
Endlager. Zum einen muss es deutlich größer werden, als bisher geplant – um | |
wie viel, konnte das Ministerium am Mittwoch noch nicht sagen. Zudem muss | |
eine Einlagerung in zwei räumlich getrennten Bereichen möglich sein, denn | |
schwach- und hochradioaktiver Müll dürfen aus Sicherheitsgründen „nicht in | |
einer Kammer“ gelagert werden, sagte der Abteilungsleiter für | |
Reaktorsicherheit, Wolfgang Cloosters. | |
Für die Grünen forderte die Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl, die Atomfabrik | |
in Gronau zu schließen, um die Atommüllmenge zu verringern. Positiv sieht | |
sie, dass Hendricks den „zusätzlichen Druck auf Schacht Konrad | |
zurückgenommen“ habe. Das findet auch Hubertus Zdebel (Linke) gut; er | |
kritisierte allerdings, dass das neue Entsorgungsprogramm „durch die | |
Hintertür“ den Arbeitsauftrag der Endlagerkommisson erweitere, ohne den | |
Zeitrahmen entsprechend auszudehnen. | |
Der Kovorsitzende der Kommission, Michael Müller, begrüßte es hingegen, | |
dass die Regierung die Empfehlungen der Kommission in dieser Frage | |
berücksichtigen wolle. | |
12 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
## TAGS | |
Atommüllendlager | |
Gorleben | |
Asse | |
Schacht Konrad | |
Salz | |
Atommüllendlager | |
Schacht Konrad | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schacht Konrad | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
SPD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sorgen um Entsorgung: „Radiologisch unbedenklich“ | |
Wohin mit der salzhaltigen Lauge aus dem Atommülllager Asse? Der Präsident | |
des Bundesamtes für Strahlenschutz Wolfram König wirbt für Unterstützung | |
Kommentar Hendricks in Salzgitter: Programmiertes Chaos | |
Das Hin und Her um die Erweiterung des Atommüllendlagers Schacht Konrad | |
zeigt: Die Debatte ist an die Wand gefahren. | |
Erweiterung eines Atommüll-Endlagers: Schacht Konrad könnte größer werden | |
Die Bundesumweltministerin schließt eine Erweiterung des Endlagers nicht | |
aus. Die Grünen und 19 Kreistage fordern eine Neubewertung der | |
Sicherheitslage. | |
Veränderungssperre für Gorleben: Atomkraftgegner gehen in Berufung | |
Muss Gorleben als Endlagerkandidat gesichert werden? Greenpeace und die | |
Grundbesitzer kämpfen trotz einer Niederlage vor Gericht weiter. | |
Frankreich baut weltweit erstes Endlager: Letzte Ruhestätte für Atommüll | |
Nahe der deutsch-französischen Grenze soll das erste Endlager für Atommüll | |
gebaut werden. In Deutschland reagiert man irritiert. | |
Kommentar Atomkraft und Korruption: Endlager sind Sache des Staates | |
Sechs Unternehmen haben bei der Umrüstung von Schacht Konrad geschmiert. | |
Konsequenzen muss es auch für den Generalunternehmer geben. | |
Korruptionsprozess um Schacht Konrad: Atommüll und Schmiergeld | |
Ein Ingenieur wurde wegen Bestechlichkeit zu zwei Jahren Haft auf Bewährung | |
verurteilt. Es ging um Aufträge für mehr als 120 Millionen Euro. | |
Niederlage für Atomkraftgegner: Gorleben-Eilantrag gescheitert | |
Der Salzstock Gorleben könnte weiter als Atommüll-Endlager genutzt werden. | |
Der Eilantrag gegen die sogenannte Veränderungssperre wurde abgelehnt. | |
Energiewende in Deutschland: 30 Milliarden mehr für Atomausstieg | |
Die ewige Endlagersuche könnte die Kosten explodieren lassen. Auch die | |
wirtschaftlichen Probleme der AKW-Betreiber stellen ein Risiko dar. |