# taz.de -- Sorgen um Entsorgung: „Radiologisch unbedenklich“ | |
> Wohin mit der salzhaltigen Lauge aus dem Atommülllager Asse? Der | |
> Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz Wolfram König wirbt für | |
> Unterstützung | |
Bild: In der Asse stehen alle Beteiligten vor großen Herausforderungen | |
taz: Herr König, in den vergangenen Wochen gab es viel Verwirrung um die | |
Frage, wo die in das Atommülllager Asse laufende Salzlauge künftig entsorgt | |
werden soll. Der Vertrag mit dem bisherigen Abnehmer läuft zum Jahresende | |
aus. Sie haben kürzlich erklärt, nun gebe es eine Lösung. Wie sieht die | |
aus? | |
Wolfram König: Dass es Verwirrung gab, ist unter anderem denjenigen zu | |
verdanken, die viel Lärm um reines Salzwasser veranstaltet haben. Man | |
könnte fast meinen, wir wollten Atommüll entsorgen und nicht Salzwasser, | |
das radiologisch unbelastet ist. Das macht die Suche nach einer Lösung | |
gerade jenseits der Einleitung in die Elbe nicht gerade einfacher. Ab dem | |
1. Januar nimmt ein Unternehmen das Salzwasser zur weiteren Verwertung an. | |
Dieser Weg kann aber durch sachferne Diskussionen schnell enden. | |
Das Wasser ist tatsächlich radiologisch nicht belastet? | |
Das Wasser fangen wir oberhalb der Kammern mit den radioaktiven Abfällen | |
auf, es ist also radiologisch unbedenklich. | |
Im Gespräch waren zuletzt zwei Varianten: Entweder könnte das Salzwasser – | |
wie bislang – in ein anderes stillgelegtes Bergwerk geleitet werden. Oder | |
es wird zu einem Unternehmen, etwa K+S, gebracht, das dem Wasser das Salz | |
entzieht. Das Salz könnte dann zum Abstreuen oder für andere Zwecke | |
verwendet werden. | |
Entscheidend ist vor allem, dass wir jederzeit eine Alternative zur Hand | |
haben. Denn ohne einen Entsorgungsweg ist auch der Betrieb der | |
Schachtanlage Asse nicht möglich und letztendlich die Bergung der Abfälle. | |
Ich habe jedenfalls kein Verständnis für diejenigen, die einerseits eine | |
schnelle Bergung der Asse-Abfälle fordern, andererseits aber keine | |
Unterstützung anbieten bei der Frage, wohin wir das Salzwasser bringen | |
können. Diesen Punkt hatten wir ja gerade bei der Diskussion um die | |
Einleitung des Salzwassers in die Elbe. | |
Sind die Pläne, das Salzwasser in die Elbe einzuleiten, eigentlich vom | |
Tisch? | |
Nein. Wir haben dazu vor einigen Monaten einen Antrag bei der | |
niedersächsischen Genehmigungsbehörde gestellt. Eine abschließende | |
Bewertung steht noch aus. | |
Was sagen Sie zu den Bedenken von Umweltschützern, die Elbe werde durch die | |
Einleitung der Asse-Lauge zusätzlich belastet? | |
Die Frage, ob eine Einleitung umweltverträglich ist, müssen die zuständigen | |
Umweltbehörden beantworten. Unser Antrag sieht aber vor, eine bereits | |
bestehende Einleitungsstelle für Salzwasser zu verwenden. Auch mit dem | |
Wasser aus der Asse würden die dort seit Langem genehmigten Einleitmengen | |
noch unterschritten werden. | |
Um welche Mengen geht es überhaupt? Und seit wann dringt Wasser in das | |
Bergwerk ein? | |
Wir reden hier von umgerechnet rund 25 Badewannen voll Salzwasser täglich. | |
Zum Vergleich: Im Landkreis Lüchow-Dannenberg fließen täglich etwa 129 | |
Millionen Badewannen voll Wasser elbabwärts. Der Zulauf des Salzwassers in | |
der Asse wird seit Ende der 80er-Jahre dokumentiert. Der Zutritt liegt | |
zwischen elf und zwölf Kubikmetern täglich. | |
Aus der Strahlenschutzkommission wurde jetzt wieder einmal der Vorschlag | |
lanciert, den Atommüll in der Asse zu lassen. Die von den Abfällen | |
ausgehenden Gefahren würden überschätzt. Sie setzen nach wie vor auf die | |
Bergung der Fässer. Warum? | |
Den Vorschlag kenne ich schon seit vielen Jahren. Aber es hilft allen kein | |
Stück weiter, immer wieder neu zu behaupten, das geht schon – ohne zu | |
sagen, wie es denn gehen soll. Ohne eine Absenkung der Sicherheitsstandards | |
ist ein solches Vorhaben jedenfalls nicht machbar, und dafür stehe ich als | |
verantwortlicher Betreiber auch nicht zur Verfügung. | |
Die eigentliche Bergung soll erst in etwa 20 Jahren beginnen. Wieso dauert | |
das so lange? | |
Wir haben 2009 eine über 100 Jahre alte, marode Anlage übernommen, die | |
eigentlich für die Schließung vorgesehen war und nicht für einen Jahrzehnte | |
dauernden Weiterbetrieb unter den strengen Anforderungen des Atomrechts. | |
Auch haben wir es mit Aufgaben zu tun, für die es weltweit keine Rezepte | |
gibt. Das stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Die | |
Bedingungen anzuerkennen und auszuhalten gehört sicher auch zu den | |
Herausforderungen, mit denen wir es bei der Sanierung der Asse in Zukunft | |
zu tun haben werden. | |
21 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
## TAGS | |
Salz | |
Atommüllentsorgung | |
Asse | |
Elbe | |
Atommüll | |
Bergwerk | |
Atommüll | |
Asse | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
Atommüll | |
Atommüllendlager | |
Atommüllendlager | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Radioaktive Abfälle in der Asse: 50 Jahre und kein Ende in Sicht | |
Vor einem halben Jahrhundert begann die Einlagerung von Atommüll im | |
Bergwerk Asse. Kritiker fordern ein Konzept für die Bergung des Abfalls. | |
Salzwasser wird außer Landes geschafft: Rätselraten um Asse-Lauge | |
Salzhaltiges Grubenwasser aus dem maroden Atommülllager Asse soll vorerst | |
nicht in der Elbe verklappt werden. Wohin es entsorgt wird, soll aber | |
geheim bleiben | |
Katastrophenschutz in Deutschland: Atomunfall? Immer mit der Ruhe! | |
Nach dem GAU in Fukushima wurden deutsche Notfallpläne für eine | |
Reaktorkatastrophe überarbeitet. Umgesetzt wurden sie bis heute nicht. | |
Der Lobbyist der Woche: Der Mann, der das Endlager sucht | |
Gorleben-Skeptiker haben einen neuen potenziellen Verbündeten: Wolfram | |
König ist Chef des Amts, das für die Atomlagergenehmigung zuständig ist. | |
Endlagerung von Atommüll: Gegen nukleare Mülltrennung | |
Die Endlagerkommission will einen Standort für hoch- und | |
schwachradioaktiven Abfall suchen. Das bringt den Zeitplan durcheinander. | |
Kehrtwende bei der Endlagersuche: Zurück auf Anfang? | |
Zusätzlicher schwachradioaktiver Atommüll soll zusammen mit | |
hochradioaktivem gelagert werden. Das neue Endlager muss größer ausfallen | |
Atommüll in Deutschland: Eine Endlagerbehörde – aber welche? | |
Die Kommission stellt die geplante Struktur für den Betrieb und die | |
Aufsicht von Endlagern infrage. Und lässt eine entscheidende Frage offen. |