# taz.de -- US-kubanische Beziehungen: Kubas Flagge weht über Washington | |
> Die kubanische Botschaft in Washington öffnet wieder. Ein weiterer | |
> Schritt, die Beziehungen der Länder zu normalisieren. Nicht allen passt | |
> das. | |
Bild: Havanna: Die US-Flagge ist hier noch nicht gehisst. | |
New York taz | Das Sandsteingebäude zwischen der litauischen und polnischen | |
Botschaft an der 16. Straße in Washington erwacht zu neuem Leben. Nach 54 | |
Jahren wird dort am Montag erstmals wieder die kubanische Flagge gehisst. | |
Aus der „Interessenvertretung“ wird erneut eine Botschaft. Es soll der | |
Anfang eines nachbarschaftlichen Verhältnisses werden. | |
Die US-Regierung korrigiert eine Politik, die sowohl nach Ansicht von | |
Präsident Barack Obama als auch in den Augen der Mehrheit der | |
US-AmerikanerInnen gescheitert ist. Der kubanische Außenminister Bruno | |
Rodríguez Parrilla und sein US-Kollege John Kerry wollen sich am | |
Montagmittag treffen. Rodriguez, der erste kubanische Außenminister der | |
Washington seit mehr als einem halben Jahrhundert besucht, hat zur | |
Wiedereröffnung der Botschaft 500 Gäste geladen. | |
Der komplette amerikanische Kontinent – Nord wie Süd – hat seit Jahren nach | |
der Wiederannäherung zwischen den beiden Ländern verlangt, die nur durch | |
150 Kilometer Meer getrennt sind. Am Ende vermittelte der Papst und auf | |
kanadischem Boden fanden die ersten Gespräche zwischen den Nationen statt. | |
Im Dezember schließlich verkündeten Obama und Raul Castro, dass sie eine | |
Normalisierung der Beziehungen anstreben. Seitdem fanden die weiteren | |
Gespräche in Havanna und Washington statt. In deren Verlauf strichen die | |
USA Kuba von der Liste der Staaten, die Terrorismus unterstützen. | |
Die USA hatten die Beziehungen zu Kuba im Januar 1961 abgebrochen. Zwischen | |
den beiden Ländern spielten sich einige der gefährlichsten Momente des | |
Kalten Krieges ab. Darunter der gescheiterte Invasionsversuch in der | |
Schweinebucht und die „Raketenkrise“ im Herbst 1962. Der damalige | |
kubanische Chef Fidel Castro hatte die US-Botschaft in Havanna am Tag vor | |
dem Abbruch der Beziehungen ein „Nest von Spionen“ genannt. Am Tag vor der | |
Botschaftswiedereröffnung schrieb der mittlerweile 88-Jährige an Studenten: | |
„Es ist unsere Pflicht, den Frieden zu verteidigen.“ | |
## „Kapitulation“ der US-Regierung | |
Widerstand gegen die diplomatische Öffnung kommt weiterhin aus Florida, wo | |
ein großer Teil Exil-Kubaner lebt. Die alte Garde der Anticastristen in | |
Miami, die Intrigen, Terrorakte und Mordpläne geschmiedet und organisiert | |
haben, wehrt sich. Drei kubanisch-amerikanische Kongressabgeordnete, Ileana | |
Ros-Lehtinen, Mario Diaz-Balart und Carlos Curbelo boykottieren den Festakt | |
in Washington. Ros-Lehtinen spricht von einer „Kapitulation“ der | |
US-Regierung vor den „nicht zu verantwortenden Forderungen eines | |
Tyrannen-Regimes“. Auch die beiden republikanischen | |
Präsidentschaftskandidaten aus Florida, Marco Rubio und Jeb Bush, sind | |
kritisch. | |
Dagegen wünschen sich die meisten Angehörigen der zweiten und dritten | |
Generation US-KubanerInnen bilaterale Beziehungen. Selbst Pepe Hernández, | |
ein Veteran der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht und Präsident | |
der „Cuban American National Foundation“, die weiterhin für eine Isolierung | |
der Regierung von Kuba eintritt und lediglich direkte Kontakte zwischen den | |
Bürgern wünscht, pflegt inzwischen einen gewissen Pragmatismus. Hernández | |
wird zwar nicht an der Botschaftseröffnung teilnehmen. Sagt aber: „Für die | |
USA ist es besser die Konfrontation zu beenden.“ Zwei Drittel der | |
US-Öffentlichkeit – und 59 Prozent der RepublikanerInnen – befürworten die | |
diplomatische Annäherung. Das zeigt unter anderem eine Untersuchung des | |
[1][Chicago Council of Global Affairs]. | |
Allerdings führt die diplomatische Normalisierung nicht automatisch zu | |
einem Ende des Embargos, auf das zahlreiche Investoren in den USA hoffen. | |
Eine Aufhebung des Embargos kann nur mit Zustimmung des Kongresses | |
erfolgen. Und der wiederum hat in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche | |
Bedingungen dafür in Gesetze eingeflochten. Sie sehen unter anderem vor, | |
dass das Embargo nur aufgehoben werden darf, wenn die | |
Entschädigungsforderungen aus den USA geregelt sind. Anfang der 60er Jahre | |
hatte die US-Justiz rund 8.000 Anträge von enteigneten Land- und | |
Industriebesitzern bewilligt. Nach heutigem Wert geht es dabei um mehr als | |
8 Milliarden Dollar. | |
## Auslieferung von Assata Shakur? | |
Washington verlangt auch die Auslieferung von politischen Flüchtlingen in | |
Kuba. Die prominenteste unter ihnen ist die 68-jährige Assata Shakur. Die | |
ehemalige Black Panther wird wegen eines Polizistenmordes steckbrieflich | |
gesucht. Allerdings hat die kubanische Chefunterhändlerin Josefina Vidal | |
versichert, dass es keine Auslieferungen von politischen Flüchtlingen geben | |
wird. | |
Umgekehrt verlangt Kuba die Schließung der US-Militärbasis in Guantánamo | |
und die Zurückgabe des Landes. Außerdem stellt Kuba seinerseits finanzielle | |
Forderungen in dreistelliger Millardenhöhe an die USA: wegen der Nachteile | |
durch den jahrzehntelangen Handelsboykott. | |
In Havanna soll die US-Flagge später im Sommer gehisst werden. | |
Außenminister Kerry wird dann nach Kuba reisen. Seine Chefunterhändlerin | |
Roberta Jacobson, die die Verhandlungen der vergangenen Monate geführt hat, | |
warnt schon jetzt vor zu viel Optimismus. „Die Dinge“, sagte sie im Juni in | |
Washington, „werden sich nicht über Nacht ändern.“ | |
20 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.thechicagocouncil.org/ | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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