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# taz.de -- Konsumismus bei Buzzfeed: Was will dir dieser Artikel verkaufen?
> „Buzzfeed“ verdient Geld, indem es „gesponserte Beiträge“ unter
> redaktionelle mischt. Aber auch diese bestehen oft aus Werbebotschaften.
Bild: Offen deklariertes Verkaufsangebot.
Die Nachrichten- und Listenseite Buzzfeed ist einer der Vorreiter der
Werbetechnik „Native Advertising“. Seit 2010 experimentiert die Firma mit
Inhalten, die von Firmen gesponsert werden, aber von Buzzfeed kreiert
werden und kaum unterscheidbar sind von redaktionellen Inhalten auf der
Seite. Auf der Startseite werden [1][beide Artikelsorten untereinander
gemischt]. Lediglich die Autorenzeile verrät den Sponsoren.
Mit „Native Advertising“ wird ein wichtiger Grundsatz des Journalismus
aufgeweicht: dass Werbung in Inhalt und Form klar von redaktionellen
Beiträgen zu unterscheiden ist. Das gibt es auch in Offline-Medien,
allerdings hat es mit der neuen Bezeichnung das Anrüchige verloren: Es
klingt als ob es etwas Modernes, Unproblematisches sei.
Buzzfeed ist allerdings nicht das einzige Medium, das „Native Advertising“
einsetzt. Auch andere Onlinemedien wie die Huffington Post oder The
Atlantic verwenden es [2][und etablierte Medien] aus der Vor-Internet-Zeit,
wie die New York Times oder Forbes, arbeiten auf ihren Websites damit. In
Deutschland fiel es [3][beispielsweise bei Spiegel Online] auf.
Auf Buzzfeed bleibt es aber nicht nur bei Werbebotschaften in gesponserten
Artikeln. Viele der redaktionellen Inhalte sind davon kaum zu unterscheiden
und man fragt sich: Soll mir hier etwas verkauft werden?
Hier sind vier Beispiele.
## 1. Geile gesponserte Reiseidee!
Ein Selfie im Grand Canyon, eine Dampferfahrt auf dem Mississippi, ein
Besuch beim Luau-Fest auf Hawaii: Das sind Dinge, die man nur in den USA
machen kann. Logisch. Typisch für Buzzfeed ist [4][die Überschrift „19
Dinge, die du nur in den USA tun kannst und nirgendwo sonst“]: Listen von
lustigen, besonderen oder schönen Dingen, das sind die Artikel worauf die
Seite spezialisiert ist.
Überhaupt ist der Artikel typisch für Buzzfeed. Nur hat der Artikel keinen
Autor, in der Autorenzeile steht „Discover America, Brand Publisher“. Die
US-Marketingfirma hat den Artikel gesponsert, es ist Native Advertising, er
soll zu einer Reise in die USA anregen. Für solche Art Werbung hat Buzzfeed
[5][eine eigene Abteilung], die „maßgeschneiderte, originelle Inhalte“
anbietet, „Inhalte, die es wert sind, geteilt zu werden“.
Nicht immer ist die Werbebotschaft so klar wie beim USA-Tourismus. Opel
ließ Buzzfeed einen Artikel veröffentlichen [6][mit der Überschrift „12
kleine Tiere, die absolut nicht süß sind“]. Außerdem gibt es oft ähnliche
Artikel auf Buzzfeed, die sich die Redaktion ganz ohne Sponsoren ausdenkt:
„[7][64 Gründe, warum Frankfurt am Main die beste Stadt Deutschlands ist“]
beispielsweise oder „[8][24 Burger in Berlin, die du gegessen haben
musst“]. Wären die Texte anders ausgefallen, wenn sie vom Stadtmarketing
bezahlt würden?
## 2. Dafür solltest du bald dein Geld ausgeben!
Darf man den Kinostart eines Hollywoodfilms zum Anlass einer
Berichterstattung nehmen? Klar, machen alle Medien. Kurz bevor ein Film
anläuft, gibt es Kritiken und oft eben auch Besprechungen, die einen
Kinobesuch klar empfehlen. Also: zum Verkauf anregen. Warum sollte das eine
Seite wie Buzzfeed nicht auch machen?
Statt eine ganz gewöhnliche Filmbesprechung zum Zeichentrickfilm „Minions“
zu machen, der am Donnerstag startete, hat sich [9][die Buzzfeed-Redaktion
etwas Ausgefallenes ausgedacht]. Zwei Wochen vor dem Kinostart haben sie
die Köpfe der süßen gelben Figuren auf die Körper von Disneyprinzessinnen
montiert. Vier Tage später [10][kam der nächste Artikel]: „24 Leute, deren
Minions-Liebe viel zu weit ging“ zeigte verrückte Fans mit ihren verrückten
Minion-Promo-Produkten.
Die Marke als offenbar anlassloses Lifestyle-Accessoire – viele Firmen
träumen von einer entsprechenden Platzierung ihrer Produkte oder lassen
sich solche Werbung viel Geld kosten. Auf Buzzfeed bekommen das die Studios
hinter „Minions“ umsonst, denn nirgendwo in den Artikeln ist der
naheliegende Anlass, der Filmstart, erwähnt. Stattdessen werden Fans der
Figuren rechtzeitig daran erinnert, dass es sie bald auch zu konsumieren
gibt: als Kinofilm.
## 3. Es ist etwas passiert! Deshalb: mehr kaufen!
Vor einer Woche [11][urteilte der Supreme Court der USA], dass der
Ausschluss von homosexuellen Paaren von der Institution der Ehe gegen die
Verfassung verstoße. Ein wichtiger Sieg für Schwule und Lesben in den USA
und ein wichtiges Signal an den Rest der Welt. Aber auch Anlass für
PR-Abteilungen, sie als Zielgruppe anzusprechen: „Schaut her, wir
unterstützen euch – kauft unsere Produkte“ ist die Botschaft, die in den
Regenbogen-Gimmicks vieler US-Firmen steckte.
Ein Erfolg bei den Bürgerrechten wird zu einem Anlass für eine
Werbebotschaft. Zumindest indirekt. Das kann man in Ordnung finden, man
kann es auch kritisieren. Was Buzzfeed daraus machte, kann man höchstens –
wohlwollend – als Dokumentation bezeichnen: [12][“32 der besten Tweets von
Marken, die die Ehe für alle feiern“ heißt der Artikel], der
regenbogenfarbene PR-Gimmicks von Unternehmen sammelte. Warum es wichtig
ist, was Firmen dazu zu sagen haben, schreibt die Autorin nicht. Auch
nicht, warum andere Firmentweets schlechter waren als die ausgewählten.
Der redaktionelle Artikel ist eine Sammlung von bunten Kaufempfehlungen.
Bezahlt hat keine der Firmen für die prominente Werbung.
## 4. Voll problematisch! Trotzdem kaufen!
Warum sind Models eigentlich immer so schlank? Baut das subtil Druck auf
Frauen auf? Verstärkt es Unsicherheiten? Die Idee, dass auch Models mit
anderen Kleidungsgrößen als XS neue Mode bewerben könnten, ist nicht ganz
neu. Die Zeitschrift Brigitte erschien beispielsweise zwischen 2010 und
2013 [13][“ohne Models“], [14][H&M bewarb 2013 Bademode] mit einem Model,
deren Rippen man ausnahmsweise nicht zählen konnte.
Nur „Victoria’s Secret“ bekam vergangenes Jahr ein Problem. Eine
Unterwäschekampagne mit dem Titel „The Perfect Body“ zeigte zehn sehr dün…
Models. Prompt gab es Protest gegen die angebliche Perfektion und die Firma
[15][änderte den Kampagnentitel] zu „A Body for Every Body“. Ein
PR-Desaster.
In [16][einem redaktionellen Artikel von Buzzfeed stellen Redakteurinnen
mit „normalen Körpern“] die Bilder der Models nach – professionell
fotografiert. Ist das Kritik an der Modelauswahl von „Victoria’s Secret“?
Oder beweist der Artikel nur, dass es die Bademode auch in Größen für
dickere Frauen gibt? Ist es subversiv, wenn Frauen ohne Modelmaße ein
Modeshooting nachstellen? Zugleich wird einer Firma, die prominent im Titel
genannt wird, auch beim Aufpolieren ihres Images geholfen.
6 Jul 2015
## LINKS
[1] https://tctechcrunch2011.files.wordpress.com/2014/08/buzzfeed-native-advert…
[2] http://contently.com/strategist/2015/02/09/5-tips-for-launching-a-native-ad…
[3] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/17718/die-seelen-verkaeufer-von-spiege…
[4] http://www.buzzfeed.com/discoveramerica/dinge-die-du-nur-in-den-usa-tun-kan…
[5] http://www.buzzfeed.com/advertise
[6] http://www.buzzfeed.com/opelde/adamrocks-german-1
[7] http://www.buzzfeed.com/nscholz/frankfurt-beste
[8] http://www.buzzfeed.com/philippjahner/berlin-kahuna
[9] http://www.buzzfeed.com/jenlewis/disney-prinzessinnen-ersetzt-mit-minions
[10] http://www.buzzfeed.com/rachelzarrell/kleine-gelbe-monster
[11] /!5207353/
[12] http://www.buzzfeed.com/jarrylee/love-wins
[13] http://www.brigitte.de/mode/ohne-models/ohne-models-faqs-1038523/2.html
[14] http://www.adweek.com/adfreak/hm-winning-raves-having-normal-looking-woman…
[15] http://abcnews.go.com/Lifestyle/victorias-secret-controversial-perfect-bod…
[16] http://www.buzzfeed.com/laraparker/so-sahen-victorias-secret-badeanzuege-a…
## AUTOREN
Lalon Sander
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