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# taz.de -- BuzzFeed-Chefin über Teilen: „Klar ist das trivial“
> Juliane Leopold sieht ihr Portal als das feministischste
> Mainstream-Medium an, lobt emotionale Artikel und fühlt sich extrem unter
> die Lupe genommen.
Bild: Juliane Leopold bei der Social Media Week 2015 in Hamburg.
taz: Frau Leopold, am 11. Juli 2014 haben Sie getwittert, dass Sie BuzzFeed
Deutschland aufbauen werden. Ihre Bilanz?
Juliane Leopold: Es war ein tolles Jahr, in dem ich wahnsinnig viel gelernt
habe. Für BuzzFeed war es auch ein gutes Jahr. Unser Ziel war es, eine
Redaktion aufzubauen, mit dem richtigen Standort, den richtigen Leuten. Wir
haben zu dritt angefangen, jetzt sind wir zu siebt, am Ende des Jahres
wollen wir zwölf sein. Wir haben viel geschafft, aber es liegt auch noch
viel vor uns.
Es gibt viel Kritik an BuzzFeed. Zum Beispiel: Das sei gar kein
Journalismus, sondern pure Unterhaltung.
Ich glaube, Unterhaltung und Journalismus schließen einander nicht aus. Als
BuzzFeed 2006 in den USA startete, hatte es nicht den Anspruch,
Nachrichtenjournalismus zu machen. Erst mal ging es darum zu verstehen,
welche Inhalte und Formate Leute gerne im Internet teilen. Das waren eben
in erster Linie unterhaltende Inhalte. 2012 kamen BuzzNews als starkes
Nachrichtenressort und BuzzLife für Verbraucherthemen zu BuzzFeed dazu.
Beide sind zu eigenen starken Marken bei BuzzFeed geworden. Das sehen wir
in den USA und in Großbritannien, wo BuzzNews große Aufmerksamkeit mit
seiner Wahlberichterstattung erregte. In Deutschland versuchen wir nun,
diesen Weg auch zu gehen: Wir konzentrieren uns derzeit auf Unterhaltung,
bieten aber auch nachrichtlichere Artikel an.
BuzzFeed steht für Katzenbilder und Listen, die sogenannten „Listicles“.
Worauf achten Sie bei der Entwicklung neuer Themenideen?
Uns geht es darum, Inhalte zu erschaffen, die Leute gerne miteinander
teilen. BuzzFeed ist sehr bildgetrieben, Bleiwüsten sind bei uns selten.
Außerdem ist ein „Listicle“ mehr als das bloße Aneinanderreihen beliebiger
Inhalte. Wir denken mit, welche Bilder zu unseren Geschichten passen. Klar
ist das trivial, klar ist das Unterhaltung. Aber auch die sollte gut
gemacht sein. Außerdem wichtig: Unsere Inhalte müssen mobil gut
funktionieren, Videos auch ohne Ton und mit schlechter Bandbreite, für die
Leute unterwegs. Drei von vier unserer Nutzerinnen und Nutzer kommen über
soziale Netze, zwei von drei lesen uns auf dem Smartphone.
BuzzFeed USA und Großbritannien haben den Nachrichtenjournalismus stark
ausgebaut – inklusive Investigativteams mit namhaften Politjournalisten,
die lange Recherchen anstoßen, große Reportagen schreiben. Ist das für
BuzzFeed Deutschland auch geplant?
In der Zukunft schon. Der Weg aller internationalen Editionen ist es, dem
der US-Marke zu folgen. Das heißt aber auch: Erst mal die Marke aufbauen,
dann die Inhalte erweitern. Es geht darum, das Publikum in unserem lokalen
Markt Deutschland kennenzulernen. Wir müssen lernen, was hier funktioniert
und experimentieren, um die richtige Mischung zu finden.
Zum Start von BuzzFeed Deutschland gab es auch politische Reportagen, aus
Brandenburg, über Pegida und Hogesa. Jetzt gibt es die eher selten.
Wir haben von Anfang an eine breite Mischung von Themen angeboten. Unser
Eindruck ist, dass die Leute, die momentan BuzzFeed Deutschland lesen, zu
uns kommen, um sich ablenken und unterhalten zu lassen. Und wir finden das
legitim. Gleichzeitig packen wir immer wieder auch ernsthaftere Themen an,
die wir dann auf unsere Art versuchen, frisch aufzubereiten, wie unlängst
mit einem FAQ zu Griechenland oder Artikeln über Alltagsrassismus.
Wie eng arbeiten Sie mit dem US-Mutterhaus zusammen?
Administrativ sind wir komplett angebunden, obwohl in London gerade
parallele Strukturen aufgebaut werden. Redaktionell sind wir aber komplett
unabhängig. Manchmal haben wir gemeinsame Ideen für Recherchen, zu denen
auch die anderen Häuser etwas beisteuern. BuzzFeed hat inzwischen über
1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So können wir auf viele Ressourcen
zugreifen.
Wenn man sich die Social Media Charts anschaut, also guckt, welche
Geschichten in den sozialen Medien am meisten geteilt werden, liegt Ihre
direkte Konkurrenz, wie heftig.com und bild.de, oft weit vor BuzzFeed. Was
machen die besser?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich schon völlig zufrieden mit
unserer Leistung bin. Aber man muss sich auch die Relationen angucken: Wir
sind momentan zu siebt, fünf Autoren arbeiten täglich an unserer Seite. Das
ist sehr wenig im Vergleich zu bild.de und heftig.com. Uns interessiert
auch eher, ob einzelne Geschichten gut laufen, anstatt auf welchem Platz
wir in Rankings stehen.
Nach dem BuzzFeed-Start hat bild.de ebenfalls Buttons eingeführt, mit denen
die Leser Artikel bewerten können: Lachen, Weinen, Staunen. Bestätigt oder
beunruhigt Sie das?
Ich glaube, dass es schon noch Unterschiede zwischen unseren Mitbewerbern
und uns gibt, sowohl bei den Inhalten als auch bei der Leserschaft. Egal,
ob einige Elemente der jeweiligen Webangebote sich ähneln. Aber natürlich
erhöht es den Druck auf uns, wenn Mitbewerber mit mehr Ressourcen im
lokalen Markt unsere Erfolgsrezepte auch anwenden.
Sie schreiben für Kleinerdrei, das Blog für Politik und Popkultur. Dort
beschäftigen Sie sich viel mit Feminismus. Inwiefern spielt das auch für
BuzzFeed eine Rolle?
Ich lege meine Persönlichkeit ja nicht ab, wenn ich hier ins Büro komme.
Ich habe mich in allen Häusern, in denen ich gearbeitet habe, für das Thema
Gleichberechtigung eingesetzt, und das geht hier weiter. Aber BuzzFeed ist
etwas jünger, die meisten haben schon mal was von Gender Studies gehört,
von LGBT-Themen und Antirassismus. Wir müssen nicht rechtfertigen, warum
wir solche Themen behandeln.
Aber als dezidiert feministisches Blog ist BuzzFeed bislang noch nicht
aufgefallen.
Ich glaube, BuzzFeed ist das feministischste Mainstream-Medium, das wir
derzeit haben, global gesehen. Auch in Deutschland versuchen wir, dieses
Thema zu setzen. Wir hatten zum Beispiel einen Beitrag über Sätze, die
schwarze Frauen nicht mehr hören können. Das hat sehr gut funktioniert –
bei den Betroffenen und bei denen, die sich noch nie damit
auseinandergesetzt haben.
BuzzFeed verdient sein Geld mit Native Advertising, also Werbung, die
aussieht wie journalistischer Inhalt. Ist das nicht Betrug am Leser?
Werbebeiträge sind mit gelben Bannern gekennzeichnet, als Autor des
Beitrags ist der Werbekunde angegeben. Insofern finde ich das okay. Da habe
ich mit Verlagsbeilagen in Zeitungen, die in der gleichen Schrift
erscheinen wie der Rest der Zeitung, zum Teil mit den gleichen Autoren,
größere Probleme.
Unabhängig von den gesponserten und als solche ausgewiesenen Beiträgen,
gibt es immer wieder auch Artikel, die mit Werbecharakter daherkommen.
Aktuell bei BuzzFeed Deutschland zum Beispiel eine Liste mit den besten
Urlaubsapps, eine andere mit den besten Reisewebseiten.
Diese Posts sind keine Werbung, sondern sind in unserer Redaktion
entstanden. Wir versuchen, unseren Leserinnen und Lesern gute Informationen
zu einem Thema zu liefern und sie möglichst ansprechend rüberzubringen.
Diese Herangehensweise an Verbraucherthemen ist weniger nüchtern als
anderswo, enthusiastischer und damit vielleicht auch angreifbarer. Aber für
uns ist entscheidend, dass wir mit Artikeln Emotionen ansprechen und Leuten
das Gefühl geben, wir holen sie da ab, wo sie sind.
Aber Verbraucherjournalismus wertet aus, testet und macht transparent, was
für oder gegen die empfohlen Produkte spricht. Das gibt es in diesen
Beiträgen nicht.
Wir geben schon eine Einschätzung ab, was wir an diesen Tools gut finden
oder wo es Probleme in der Benutzung gibt. Aber es stimmt, wir könnten mehr
erklären. Das ist ja das Schöne an unserer Arbeit: Wir lernen durch
Feedback und dann machen wir es beim nächsten Mal eben besser.
Wer wirbt denn gerade bei Ihnen auf der Seite?
Das weiß ich nicht, das liegt komplett in der Hand des Londoner
Anzeigenteams und unserem Verlag. Darauf habe ich keinen Einfluss. Meine
Aufgabe ist allein die Redaktion.
Seit Sie Chefin von BuzzFeed Deutschland sind, sind Sie sehr viel weniger
präsent in den sozialen Netzwerken. Fordert das paradoxerweise der neue
Job?
Ich liege unter einem extremen Vergrößerungsglas. Ich bin übers Twittern
und Bloggen zu meinem Job gekommen und ich liebe ihn. Aber ich merke auch,
dass ich mich in mancher Hinsicht verändern muss, um in dieser Branche zu
bestehen. Im Gegensatz zu früher denke ich viel mehr darüber nach, was ich
veröffentliche, und ob überhaupt. Die Unbeschwertheit ist weg und das ist
manchmal hart.
1 Aug 2015
## AUTOREN
Anne Fromm
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