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# taz.de -- Spiegel Online-Jugendseite Bento: Die Spontis aus dem Bällebad
> Nun startet „Bento“, der Versuch von „Spiegel Online“ die 18 bis
> 30-Jährigen zu erreichen – und neue Werbefelder auszuprobieren.
Bild: So ungefähr läuft‘s auch bei „Bento“: lässig auf dem Skateboard
Hamburg taz | Sie nennen sich das Bällebad von SpiegelOnline (Spon) und
ungefähr so sieht es in den Redaktionsräumen von [1][Bento] auch aus: eine
Tischtennisplatte steht zwischen Schreibtischen, ein rosanes Skateboard auf
dem Boden. In der Sitzecke liegt zwischen Gummibärchen und
Playmobil-Figuren ein Stapel Zeitschriften: Emma, Neon, Wired, New Yorker.
Irgendwo dazwischen sieht sich auch Bento.
Mit Bento will Spon die 18- bis 30-jährigen erreichen. Das versuchen gerade
viele Medienhäuser: Das ZDF hat [2][Heute plus] gestartet, ZeitOnline
[3][Ze.TT], bild.de betreibt [4][byou], bunte.de hat [5][Bnow ] . Bento ist
unter diesen Angeboten wohl das größte: 12 Festangestellte sollen ab
Oktober die Seite bestücken, Spon-auch Geschichten beitragen, wenn es
passt.
Die Vorbilder für diese Seiten kommen aus den USA: [6][Buzzfeed] ist mit
Katzenbildern und Listen groß geworden, Vice [7][mit Provokation und
Popkultur] und [8][vox.com], mit dem Ansatz, „Nachrichten zu erklären“.
All diese Plattformen zeigen eines: Wer jungen Journalismus machen will,
darf nicht nur Sprache und Layout ändern. Der muss den althergebrachten
Journalismus in Frage stellen: Themen, Erzählweisen, Darstellung - vor
allem aber den Verbreitungsweg.
## Zu den Lesern bringen
Bisher konnten sich Verlage und Sender darauf verlassen, dass ihre
Leserinnen zu ihnen kamen, ihre Zeitung kauften, die Webseite oder die App
lasen. Junge Leute tun das immer weniger. Sie bekommen ihre Informationen
aus den sozialen Medien. Wer Journalismus für junge Leute machen will, muss
ihn also zu ihnen bringen.
„Wir glauben nicht, dass Bento sofort die Browser-Startseite unserer Leser
wird. Wir fragen uns vor jeder neuen Geschichte: Würde ich sie teilen – im
Netz und unter Freunden? Wenn ich das mit nein beantworte, das ist das
keine Geschichte für Bento„, sagt [9][Frauke Lüpke-Narberhaus], die
zusammen mit [10][Ole Reißmann] Bento leitet.
Bis Ende letzten Jahres waren beide Redakteur bei Spon, Reißmann für
Digitalthemen, Lüpke-Narberhaus für Uni- und Schulspiegel. Eine Woche vor
dem Bento-Start arbeiten sie mit ihrer Redaktion im Erdgeschoss des
Spiegel-Gebäudes schon fast unter Echtzeitbedingungen: Das Team ist
vollständig, die Seite läuft im Testbetrieb. Um den Tisch mit den
Playmobil-Figuren herum sitzen zehn Redakteure, alle zwischen 20 und 35,
bunte Turnschuhe, auf dem Schoß hat jeder sein Mac Book Air.
„Was machen wir mit den Flüchtlingen und dem Oktoberfest?“, fragt ein
Redakteur. „Da muss jemand hin, vor allem für die Liveberichte – Fotos und
Periscope“, sagt Ole Reißmann. Periscope, das ist die App, mit der man live
von allen Orten der Welt Videos streamen kann, die direkt in den
Twitter-Stream der Follower einlaufen. Auch das zeigt das Neue an dieser
Art des Journalismus: eine Geschichte ist nicht mehr nur der
6.000-Zeichen-Text, sondern eben auch der 30 Sekunden Clip bei Periscope,
die Live-Berichterstattung über Twitter oder die Fotostrecke.
## Ohne „Spiegel“-Label
Reißmann und Lüpke-Narberhaus sind durch die USA und Deutschland gereist um
Anregungen für Bento zu sammeln. „Bei der Arbeit am Konzept haben wir
festgestellt, dass wir kreativer, freier und schlagkräftiger denken, wenn
wir bento als komplett eigenständiges Angebot entwickeln“, sagt
Spon-Chefredakteur Florian Harms. Nur im Impressum soll noch erkennbar
sein, dass Bento ein Spiegel-Produkt ist.
Statt viel Text sollen auf der Startseite von Bento vor allem große Fotos
und Grafiken zu sehen sein, so wie bei Instagram, dem sozialen Netzwerk für
Bilder.
Eine Art Frage-Antwort-Text soll den Nutzerinnen erklären, wie Journalismus
funktioniert: Was ist ein Kommentar, eine Nachricht, das
Zwei-Quellen-Prinzip? Transparenz, das haben Lüpke-Narberhaus und Reißmann
auf ihrer Tour durch deutsche Schulen gelernt, ist wichtig, weil viele
Jugendliche den klassischen Medien nicht vertrauen.
Politik soll bei Bento nicht über „Köpfe“ erzählt werden, also Minister X
sagt das, Abgeordnete Y verlangt jenes. „Junge Leute sind nicht zu doof die
Griechenlandkrise zu verstehen, aber sie wollen sie anders präsentiert
bekommen“, sagt Lüpke-Narberhaus. Deswegen wird Bento politische Themen
grundsätzlicher behandeln. Lieber: „Die neun Fragen zur Ukrainekrise“
anstatt jede Drehung in Berlin oder Brüssel zu vermelden.
## Radikal?
Nur, sind diese Ansätze radikal? Verlangen nicht auch ältere Nutzerinnen
eine transparente Redaktion und die Erklärung von komplexen Themen?
„Selbstverständlich“, sagt Florian Harms. Deswegen arbeite die Redaktion
permanent auch an der Weiterentwicklung von Spiegel Online und habe
beispielsweise das Format „Endlich verständlich“ eingeführt. „Aber was
Bento anders macht, ist, dass es den jungen Lesern in jedem einzelnen Text
vermittelt, wieso er genau für sie relevant ist. Das erwartet ein Spiegel
Online-Leser nicht unbedingt.“
Nachrichten sollen auf Bento nur in einem kleinen Kasten stattfinden. Alle
anderen Geschichten, „Storys“ genannt, werden über Hashtags geordnet:
#Musik, #Fühlen, #Queer, #Haha – statt Ressorts.
Und noch einen fundamentalen Unterschied wird es zu Spon geben: die
Werbung. Bento soll mit Native Ads bestückt werden, also gesponsorten
Beiträgen. Grün umrandet und mit einem Markenlogo versehen sollen sie als
Werbung erkennbar sein, im Artikel selbst gibt es auch das Markenlogo und
einen Link zur Erklärung, was ein Sponsored Post ist. Reicht das? Reißmann
ist sich sicher: „Junge Leute kennen den Unterschied zwischen
redaktionellen und Werbetexten.“ Der US-Comedian John Oliver hat in seiner
Show an den Beispielen von Buzzfeed und der New York Times [11][gerade das
Gegenteil bewiesen].
## Nichts für “SpiegelOnline“
Und so sicher scheint man sich in der Geschäftsführung der Hamburger damit
auch noch nicht zu sein. „Bei Spiegel Online sind wir traditionell
verhaltener, was native Werbeformen angeht“, sagt Katharina Borchert,
Geschäftsführerin von Spiegel Online. „Aber Bento ist ein Ort, an dem wir
das ausprobieren und Erfahrungen sammeln können.“ Das werden im Haus
trotzdem für Diskussionen sorgen, glaubt Borchert.
Aber sicher nicht nur das. Ob man die Flüchtlingskrise in Gifs, also
animierten Bildern erzählen darf, ob ein Spiegel-Produkt mit einem Text
über Pornos aufmachen darf, werden vermutlich nicht alle RedakteurInnen gut
finden.
Die Frage ist nur: Was passiert, wenn die Bento-Generation aus dem Bällebad
herauswächst und zur Spon-Generation wird? Vielleicht wird bis dahin
einiges von dem was Bento und Co versuchen weniger „radikal“ geworden sein.
1 Oct 2015
## LINKS
[1] http://www.bento.de/
[2] http://www.zdf.de/heute-plus/heute-plus-5989324.html
[3] http://ze.tt/
[4] http://www.bild.de/byou/startseite/byou/home-41681976.bild.html
[5] http://meedia.de/2015/01/19/bunte-now-burda-arbeitet-an-buzzfeed-fuer-peopl…
[6] http://www.buzzfeed.com/?country=de
[7] /!5027493/
[8] http://www.vox.com/
[9] https://twitter.com/fraukeln
[10] https://twitter.com/oler
[11] https://www.youtube.com/watch?v=E_F5GxCwizc
## AUTOREN
Anne Fromm
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