| # taz.de -- EU und Griechenland-Krise: Tsipras-Brief stößt auf Skepsis | |
| > Athen hat eine Art neuen Vorschlag gemacht. Aber EU und Bundesregierung | |
| > können damit nicht viel anfangen. Trotzdem ist man verhandlungsbereit. | |
| Bild: Nur nicht ins Schwitzen kommen: Alexis Tsipras (r.) im ERT-Fernsehstudio … | |
| Athen/Brüssel/Berlin dpa/afp | Die Rate an den Internationalen | |
| Währungsfonds ist nicht bezahlt, das Hilfspaket der Geldgeber aufgezehrt – | |
| trotzdem suchen Athen, Brüssel und Berlin weiter nach einer Lösung im | |
| Schuldendrama. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras schrieb | |
| einen neuen Brief an die Geldgeber, darin zeigt er sich bereit, die | |
| vorrangigen Bedingungen der Gläubiger grundsätzlich zu erfüllen. Nach | |
| Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist das aber noch | |
| keine Grundlage für eine Lösung der Krise. | |
| „Der hat auch nicht mehr Klarheit geschafft“, sagte Schäuble mit Blick auf | |
| den jüngsten Brief. Die Ankündigungen aus Athen reichten für „seriöse | |
| Maßnahmen“ nicht aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte | |
| Verhandlungen mit der griechischen Regierung über ein neues Hilfsprogramm | |
| vor dem für Sonntag geplanten Referendum eine Absage. | |
| Die Finanzminister der Eurozone haben ihre Telefonkonferenz zur | |
| Griechenlandkrise derweil beendet. Dies teilte Eurogruppenchef Jeroen | |
| Dijsselbloem am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Der | |
| slowakische Finanzminister Peter Kazimir schrieb, er und seine Kollegen | |
| seien „geeint in der Entscheidung, auf den Ausgang des griechischen | |
| Referendums vor jeglichen weiteren Gesprächen zu warten“. | |
| Tsipras hatte zuvor in einer Fernsehansprache bekräftigt, dass seine | |
| Regierung bei der Volksabstimmung am Sonntag weiter für eine Ablehnung der | |
| bisherigen Forderungen der internationalen Gläubiger werben werde. | |
| ## Internationale Standards nicht erfüllt | |
| Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend auf die Sparzusagen. „Wir sind in | |
| einer neuen Lage“, sagte Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis in Brüssel | |
| mit Blick auf das ausgelaufene Hilfsprogramm für Athen. Die wirtschaftliche | |
| Situation Griechenlands habe sich erheblich verschlechtert. Es werde jetzt | |
| nicht mehr über die Verlängerung des alten Rettungsplans gesprochen, | |
| sondern über ein Zwei-Jahres-Programm des Eurorettungsschirms ESM. Daraus | |
| hatte Tsipras am Dienstagabend einen 29-Milliarden-Euro-Kredit gefordert. | |
| Dombrovskis sagte weiter, ein neues Hilfsprogramm könnte noch vor dem 20. | |
| Juli abgeschlossen werden. „Es gibt sicherlich die Möglichkeit, zu einer | |
| Abmachung zu kommen, bevor höhere (Rück-)Zahlungen fällig sind.“ Das setze | |
| jedoch die Bereitschaft der Geldgeber und Athens voraus, tatsächlich eine | |
| Vereinbarung anzustreben. | |
| Der Europarat erklärte unterdessen, das geplante Referendum in Griechenland | |
| erfülle nicht die üblichen internationalen Standards. Problematisch sei, | |
| dass die Abstimmung so kurzfristig angesetzt worden sei, sagte ein Sprecher | |
| in Straßburg. Dies lasse den Stimmberechtigten zu wenig Zeit, sich richtig | |
| zu informieren. Zudem sei die Frage nicht sehr klar formuliert. | |
| ## Keine Verhandlungen vor Referendum | |
| Die aktuellsten griechischen Vorschläge könnten in Verhandlungen für das | |
| neue Rettungsprogramm eingebracht werden. „Wir sind bereit, zu verhandeln | |
| und zu einer Lösung kommen“, sagte der für den Euro verantwortliche | |
| Kommissar. „Dazu müssen sich beide Seiten konstruktiv verhalten.“ Die | |
| Kommission prüfe die jüngsten Zusagen und werde der Eurogruppe eine erste | |
| Einschätzung geben. Die Finanzminister der Eurostaaten wollen am späten | |
| Nachmittag in einer Telefonkonferenz über die Lage beraten. | |
| Merkel machte deutlich, dass es vor dem geplanten Referendum von deutscher | |
| Seite keine neuen Verhandlungen geben werde. „Die Tür für Verhandlungen war | |
| immer offen und bleibt immer offen“, betonte Merkel zwar in einer | |
| Bundestagsdebatte über die Lage in Griechenland in Berlin. Die schwarz-rote | |
| Bundesregierung habe sich aber darauf verständigt, das Referendum | |
| abzuwarten. „Vor dem Referendum kann über kein neues Hilfsprogramm | |
| verhandelt werden.“ | |
| Wegen der dramatischen Zuspitzung der Lage bleiben Banken und Börse in | |
| Griechenland bis Anfang kommender Woche geschlossen. In den vergangenen | |
| Tagen hatten immer mehr verängstigte Bürger Bargeld abgehoben und damit die | |
| Geldhäuser in Schwierigkeiten gebracht. An Geldautomaten dürfen Griechen | |
| seit Montag maximal 60 Euro pro Tag abheben, für ausländische Bankkarten | |
| soll die Beschränkung aber nicht gelten. | |
| ## Nur für Rentner | |
| Am Mittwoch öffneten Geldinstitute im ganzen Land für Rentner. Die Banken | |
| hatten diese Ausnahme ermöglicht, da viele Pensionäre keine EC- oder | |
| Kreditkarten haben und somit in den vergangenen Tagen an den Automaten kein | |
| Bargeld abheben konnten. Weil die Banken allerdings kurzfristig angekündigt | |
| hatten, Rentner in alphabetischer Reihenfolge zu bedienen, kam es | |
| zwischenzeitlich zu Tumulten, wie griechische Medien berichteten. | |
| Tsipras hatte am Wochenende überraschend eine Volksabstimmung über die | |
| Reformvorschläge der Gläubiger Griechenlands angekündigt und die | |
| Europartner so vor den Kopf gestoßen. Daraufhin scheiterten am Samstag die | |
| Verhandlungen der Euro-Finanzminister mit Athen. | |
| 1 Jul 2015 | |
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