# taz.de -- Aufnahmequoten für Flüchtlinge: EU bleibt gespalten | |
> Italien fordert eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa. | |
> Künftig soll die Grenzagentur Frontex auch selbst abschieben dürfen. | |
Bild: Flüchtlinge kampieren an der Grenze von Italien und Frankreich. | |
Luxemburg afp | Europa bleibt in der Flüchtlingsfrage gespalten: Die | |
EU-Innenminister haben sich am Dienstag nicht auf eine Verteilung von | |
Migranten auf alle EU-Staaten einigen können. Bundesinnenminister Thomas de | |
Maizière (CDU) sah aber Bewegung in den verhärteten Fronten. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pochte auf „eine gerechte Verteilung“ | |
von Flüchtlingen in Europa. Der Streit wird auch den EU-Gipfel kommende | |
Woche beschäftigen. | |
Die EU-Innenminister berieten über den Vorschlag der EU-Kommission, 40.000 | |
Flüchtlinge aus den Mittelmeerländern Italien und Griechenland über Quoten | |
auf andere EU-Staaten zu verteilen. Auch wenn noch keine Entscheidung dazu | |
fiel, gilt die Durchsetzung verpflichtender Quoten inzwischen als | |
aussichtslos, weil das bei einer Reihe von Ländern aus Mittel- und | |
Osteuropa auf Widerstand stößt. | |
„Es gibt noch kein Ergebnis“, sagte de Maizière, „aber es gibt die | |
gemeinsame Überzeugung, dass wir sehr bald eine gemeinsame Lösung | |
brauchen“. Er habe von den skeptischen Staaten aus Mittel- und Osteuropa | |
„zum ersten Mal sehr konstruktive Beiträge gehört“. „Sie gehen dahin, d… | |
diese Staaten sich durchaus vorstellen können, sich zu beteiligen, aber auf | |
freiwilliger Basis.“ | |
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos verteidigte seinen Vorschlag | |
verpflichtender Quoten. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass dies | |
freiwillig „nicht funktioniert“. Er hoffe nun, dass der EU-Gipfel | |
Fortschritte bringe und sei „sehr optimistisch, dass wir eine endgültige | |
Einigung vor Ende Juli haben werden“. | |
## Berlin und Paris warnen vor Ende der Freizügigkeit | |
De Maizière und sein französischer Kollege Bernard Cazeneuve warnten bei | |
dem Treffen vor einem Ende der über das Schengenabkommen garantierte | |
Freizügigkeit in Europa. Er wolle „keine systematischen Grenzkontrollen | |
wieder einführen“, sagte de Maizière. Wenn aber Länder ihre Verpflichtungen | |
aus dem europäischen Asylrecht nicht erfüllten, könne dies zum „Ende von | |
freiem Verkehr in Europa“ führen. „Jeder muss sich der Gefahr bewusst | |
sein.“ | |
Nach den Schengenregeln darf es keine systematischen Grenzkontrollen geben. | |
Die EU-Asylregeln sehen gleichzeitig vor, dass Flüchtlinge dort ihren | |
Asylantrag stellen müssen, wo sie zuerst europäischen Boden betreten. | |
Italien wird immer wieder vorgeworfen, die ankommenden Bootsflüchtlinge | |
nicht zu registrieren und so ihre Weiterreise in andere europäische Länder | |
zu ermöglichen. Deutschland und Frankreich sind dabei unter den | |
Hauptzielländern. | |
Paris und Rom hatten sich in den vergangenen Tagen einen Schlagabtausch | |
geliefert, nachdem etwa 200 Flüchtlinge von Italien aus nicht über die | |
Grenze nach Frankreich reisen durften. Der italienische Innenminister | |
Angelino Alfano sagte in Luxemburg, der Vorfall sei „ein Schlag ins Gesicht | |
Europas“. | |
Überraschend nahm Alfano dann an einer Pressekonferenz mit de Maizière und | |
Cazeneuve teil. Italien sagte grundsätzlich zu, Flüchtlinge an sogenannten | |
Hotspots zu registrieren und Wirtschaftsflüchtlinge abzuschieben. Cazeneuve | |
sagte, diese müssten „umgehend“ in ihre Heimat zurückgebracht werden. | |
Offene Fragen sollen nun geklärt werden. Italien will insbesondere | |
Unterstützung bei den kostspieligen Abschiebeflügen, etwa durch die | |
EU-Grenzagentur Frontex. | |
Auch Österreich sprach sich für eine schnelle Abschiebung von | |
Wirtschaftsflüchtlingen aus. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sagte, | |
notwendig sei eine Ausweitung des Frontex-Mandats. „In Zukunft soll Frontex | |
derartige Rückführungen auch selbst initiieren können.“ Abschiebungen sind | |
bisher nationale Angelegenheit. Frontex koordiniert und finanziert zwar | |
gemeinsame Rückführungen der EU-Mitgliedstaaten, leitet diese aber nicht | |
selbst ein. Nach Angaben des lettischen Innenministers Rihards Kozlovskis, | |
dessen Land die EU-Ratspräsidentschaft innehat, wurde über das | |
Abschiebungsthema alleine zwei Stunden lang diskutiert. | |
16 Jun 2015 | |
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