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# taz.de -- Nachwuchswissenschafter an den Unis: Zeitspiel um Zeitverträge
> Die Koalition will die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses
> verbessern. Während die SPD drängelt, hat die Union Muße.
Bild: StudentInnen in der Humboldt-Uni in Berlin schauen auf zum Hochschullehre…
BERLIN taz | Sie sind oft in den Dreißigern, hochqualifiziert und wissen
nicht, ob sie demnächst noch Arbeit haben - die Mehrheit der
Wissenschaftler an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist befristet
angestellt. Im Koalitionsvertrag haben SPD und Union vereinbart, für mehr
Verlässlichkeit zu sorgen.
Aktuell tun sie sich aber schwer, das umzusetzen. Die zuständige
SPD-Berichterstatterin Simone Raatz wirft der Union vor, die geplante
arbeitsrechtliche Reform des Wissenschaftssektors zu verschleppen. „Die
Union blockiert das“, sagte Raatz der taz.
Dabei hatten sie sich mit ihrer Unions-Kollegin Alexandra Dinges-Dierig
(CDU) bereits im April auf gemeinsame Eckpunkte zur Novellierung des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) verständigt. Diesem zufolge
sollen Wissenschaftler nur noch dann grundlos befristete Verträge erhalten,
wenn ihre Stelle auch der Qualifizierung dient. So soll verhindert werden,
dass promovierte Wissenschaftler mit immer neuen Zeitverträgen abgespeist
werden.
Die Vertragslaufzeiten von jenen, die noch an ihrer Doktorarbeit oder in
zeitlich begrenzten Forschungsprojekten arbeiten, sollen sich an der Dauer
der zu erledigenden Aufgabe orientieren. Derzeit endet nämlich über die
Hälfte der Fristverträge nach nicht einmal einem Jahr.
Nichtwissenschaftliche Angestellte, die etwa Geräte warten, sollen künftig
aus dem Sonderarbeitsrecht für die Wissenschaft ausgenommen werden.
## Unbegründete Zeitverträge
Mit Bundeswissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) sind die Pläne der
SPD zufolge bereits abgestimmt. Doch innerhalb der Unionsfraktion gibt es
Dissens. Der bildungspolitische Sprecher Albert Rupprecht kritisierte in
der Süddeutschen Zeitung, die Koalition setze zu sehr auf gesetzliche
Regelungen. Dabei schlägt er sich auf die Seite der Arbeitgeber:
Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen, in der auch die
Hochschulrektorenkonferenz und die wichtigsten Forschungsgemeinschaften
Mitglied sind, hatte sich in der vergangenen Woche per Brief an Wanka
gewandt und davor gewarnt, die nichtwissenschaftlichen Fachkräfte aus dem
WissZeitVG auszunehmen. Insbesondere in Drittmittelprojekten sei der
Einsatz solcher Fachkräfte temporär erforderlich, schreiben sie. Dass
unbegründete Zeitverträge der Qualifizierung dienen sollen, halten sie als
Klarstellung ebenfalls für überflüssig.
Das bleibt drin“, meint dagegen Raatz und appellierte an die Union sich zu
beeilen, damit das reformierte WissZeitVG 2016 in Kraft treten könne.
## Reizwort Juniorprofessor
„Der Zeitpunkt ist nicht so wichtig. Ich möchte vor allem ein gutes
Produkt“, sagt hingegen Unions-Berichterstatterin Dinges-Dierig der taz.
Für sie ist das Gesetz nur ein Baustein in einem Paket, das die Situation
im Hochschulbereich insgesamt verbessert. Es komme darauf an, mehr Stellen
neben der Professur zu schaffen, die eine gewisse Sicherheit bieten. „Das
sollte man nicht voneinander trennen, sondern alle Instrumente gemeinsam
beraten und beschließen.“
Union und SPD waren im April übereingekommen, ab 2017 ein Milliardenpaket
für Nachwuchswissenschaftler aufzulegen. Auch hier war die SPD vorgeprescht
und hatte angeregt, die Zahl der Juniorprofessoren zu verdoppeln.
Für die Union ist die „Juniorprofessur“ allerdings ein Reizwort. „Das ist
kein geeigneter Begriff mehr“, meint Dinges-Dierig und schlägt stattdessen
die international gebräuchliche Bezeichnung „Assistant Professor“ vor. „…
Begriffe angeht, sind wir nicht eitel“, meint dazu Ernst-Dieter Rossmann
(SPD). Die Union solle vor allem „zur Sache kommen“.
11 Jun 2015
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Frühkindliche Bildung
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Wissenschaft
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Universität
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