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# taz.de -- Studie zu JuniorprofessorInnen: Doktoranden fördern
> Viele Universitäten bevorzugen eigene Mitarbeiter für Juniorprofessuren,
> bemerkt eine aktuelle Studie. Ein Autor spricht von einem
> „Riesenproblem“.
Bild: Juniorprofs im Einsatz: Hier an der Ruhr-Universität Bochum.
Berlin taz | Ende 30 und befristetet angestellt: Auf den Weg zu einem
eigenen Lehrstuhl nehmen viele Nachwuchswissenschaftler jahrelang prekäre
Verhältnisse in Kauf. An deutschen Hochschulen haben vier von fünf
Mitarbeitern eine befristete Stelle. Im Schnitt werden sie erst mit 41
Jahren Professor.
Als Wunderwaffe gegen Selbstausbeutung und hohes Berufungsalter setzen die
Universitäten zunehmend auf Juniorprofessuren, die Forschern auch ohne
Habilitation ein eigenes Forschungsgebiet ermöglichen. Das zeigt die Studie
„Berufungspraxis bei Juniorprofessuren“ der Jungen Akademie, die am Montag
veröffentlicht wird und der taz vorliegt.
Im Schnitt gibt es heute an jeder deutschen Universität 30 solcher Stellen,
an der Freien Universität Berlin oder der Universität Göttingen sogar mehr
als hundert. Bei manchen ist jeder vierte Hochschullehrer Juniorprofessor.
Die Autoren der Studie begrüßen diese Entwicklung: Hochschulen können
fähigen Promovierenden mit einer Juniorprofessur eine feste Stelle und ein
eigenes Forschungsfeld in Aussicht stellen. Somit könnte dieses Modell
einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die hohe Zahl befristeter Stellen zu
Gunsten von Dauerstellen abzubauen.
## „Intranspartent und uneinheitlich“
Gleichzeitig bemängeln die Autoren das intransparente und uneinheitliche
Berufungsverfahren. So unterschieden sich nicht nur die Berufungsvorgaben
der jeweiligen Länderhochschulgesetze, sondern auch die Berufungspraxis der
einzelnen Hochschulen. Einige, so zeigt der Blick auf 52 der 107 deutschen
Universitäten, stellen offenbar am Liebsten den eigenen Nachwuchs an. So
ist an der Universität Rostock und der Ludwig-Maximilians-Universität
München fast jeder zweite Juniorprofessor Eigengewächs. An der TU
Keinserslautern oder Freien Universität Berlin jeder dritte.
„Ich halte das für ein Riesenproblem“, sagt Professor Moritz Schularick,
einer der Autoren der Studie, der taz. „Wenn die Lehrstuhlinhaber ihre
Promovierenden in die Juniorprofessur hieven, dann bekommen sie sicher
nicht den besten Forscher auf diese Stelle. Das ist kein transparentes und
kompetitives Verfahren.“ Dass diese Praxis verbreitet ist, hat Schularick
selbst erlebt – in seiner Zeit als Juniorprofessur an der Freien
Universität Berlin. „Dort interpretiert man Juniorprofessuren als
Fördermittel für den eigenen Nachwuchs.“ Heute lehrt er
Wirtschaftsgeschichte in Bonn.
## Ein Hausberufungsverbot als Lösung?
Deshalb fordert Schularick, der der Arbeitsgruppe Wissenschaftspolitik der
Jungen Akademie angehört, ein einheitliches Hausberufungsverbot. Bisher
verbieten sieben Bundesländer in bestimmten Fällen die Berufung bereits an
der Hochschule angestellter Mitarbeiter. Eine spezifische Regelung zu
Juniorprofessuren gibt es nur in Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen,
Schleswig-Holstein und Thüringen. Begründete Ausnahmefälle sind aber in
allen Bundesländern zulässig, etwa wenn der Bewerber davor für zwei oder
drei Jahre an einer anderen Universität gearbeitet hat.
Ab 2017 investiert der Bund eine Milliarde Euro, um die Arbeitsbedingungen
von Wissenschaftlern zu verbessern. Bildungsministerin Johanna Wanka hat
angekündigt, mehr Lebenszeit-Professuren schaffen zu wollen. Bisher hat die
Wunderwaffe Juniorprofessur nur jedem dritten Nachwuchswissenschaftler eine
anschließende Festanstellung beschert.
19 Oct 2015
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Bildung
Universität
Johanna Wanka
Prekariat
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
Frühkindliche Bildung
Nachwuchs
Berlin
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