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# taz.de -- Proteste gegen hohe Wohnkosten: Aus der Mietwohnung auf die Straße
> Am Samstag demonstrieren Aktivisten bundesweit gegen zu wenig Wohnraum
> und für Mietobergrenzen. Auch SPD, Grüne und Linke wollen
> Mietsteigerungen begrenzen.
Bild: Kurz und knackig ausgedrückt.
BERLIN taz | So viel Einigkeit ist selten: Bundesweit rufen mehrere
Mieterinitiativen für Sonnabend zu Demonstrationen gegen überhöhte
Mietpreise und Wohnungsmangel auf. „Der Aktionstag ist ein Anfang. Die
überregionale Vernetzung der Initiativen hat erst begonnen“, sagt Matthias
Klaudien vom Berliner Bündnis Kotti & Co.
Die Proteste werden befeuert durch die Preissteigerungen bei
Neuvermietungen, die in Berlin, Hamburg und Freiburg bis zu 8 Prozent
jährlich erreichten. Auf dem Immobilienportal „Wohnungsboerse.net“ liegt
die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter bei provisionsfreien
Neuvermietungen im einst günstigen Berlin-Kreuzberg inzwischen bei 9,41
Euro.
Das Bündnis Kotti & Co fordert die „sofortige Absenkung der Mieten und die
temporäre Wiedereinführung einer Mietobergrenze von 4 Euro nettokalt pro
Quadratmeter“ für Großsiedlungen des ehemaligen sozialen Wohnungsbaus in
Berlin, heißt es in einer Erklärung. Dafür will das Bündnis die
„Rekommunalisierung“ der ehemals landeseigenen Wohnungen erreichen, sagt
Klaudien. Das Land Berlin solle Bestände aus den privatisierten
Wohnungsbaugesellschaften zurückkaufen; dafür müsse die Bundesregierung
Geld bereitstellen. Die Aktivisten schlagen auch neue Finanzierungsmodelle
in Anlehnung an das Salzburger Modell vor.
Für Hamburg fordert das Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen“ eine „gesetzli…
Mietobergrenze von 4 Euro nettokalt“, sagt Johannes Füllner, Aktivist im
Bündnis. Bei Neuvermietungen zahle man derzeit in Hamburg im Schnitt 11
Euro pro Quadratmeter. Um eine regionale Mietobergrenze durchzusetzen,
spricht sich das Bündnis für die „Vergesellschaftung von Wohnraum“ aus,
wobei die genauen Modalitäten noch unklar sind. Als erster Schritt wäre es
schon ein Erfolg, wenn „bei Neuvermietungen nur 7 bis 8 Euro pro
Quadratmeter verlängt würden“, so Füllner. Die Aktivisten fordern auch,
leer stehende Bürogebäude in Wohnhäuser umzuwandeln.
In Freiburg rufen die regionale Gruppe des Netzwerks „Recht auf Stadt“ und
die Studierendenschaft u-asta unter dem Motto „Bezahlbarer Wohnraum ist die
halbe Miete“ zu Demonstrationen auf. Im Bundesdurchschnitt zahlten die
BürgerInnen 25 Prozent ihres Einkommens für die Miete, in Freiburg hingegen
44 Prozent, heißt es in einer Erklärung. „Die Mieten verschlingen einen zu
hohen Anteil vom Einkommen“, sagt Hannes Hein vom Vorstand des u-asta. Die
Aktivisten fordern, dass die Stadt auch für Studenten mehr Wohnraum
bereitstellt.
## Bund lockert Mieterschutz
Sozialer Wohnungsbau ist Sache der einzelnen Bundesländer. Das Mietrecht
allerdings obliegt der Bundesregierung. Aus der Opposition brachte die
SPD-Fraktion einen Antrag in den Bundestag ein, wonach Bestandsmieten bis
zur ortsüblichen Vergleichsmiete innerhalb von drei Jahren nicht mehr wie
bisher um 20 Prozent, sondern in vier Jahren nur noch um 15 Prozent erhöht
werden dürfen. Außerdem soll die Umlage von Modernisierungskosten auf die
Mieten eingeschränkt werden.
SPD und Grüne wollen in Gebieten mit Wohnraummangel bei Neuvermietungen
Mietobergrenzen von nur noch maximal 10 Prozent über der ortsüblichen
Vergleichsmiete erlauben. Die Linkspartei fordert, dass Mietsteigerungen
ohne wohnwertverbessernde Maßnahmen nur noch bis zur Höhe des
Inflationsausgleichs zulässig sein sollen.
Die schwarz-gelbe Regierungskoalition sperrt sich gegen mehr Mieterschutz.
Sie hat im Gegenteil eine höchst umstrittene Gesetzesnovelle auf den Weg
gebracht, die unter anderem Mietminderungen in den ersten drei Monaten
einer energetischen Sanierung ausschließt.
10 Nov 2012
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
Barbara Dribbusch
## TAGS
Protest
Mieten
Hamburg
Berlin
Freiburg
Gentrifizierung
Mieten
Mieten
Bundestag
Sozialwohnungen
Gentrifizierung
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