# taz.de -- Wie Zeitungen online Geld verdienen: Pay-Wahl oder Pay-Wall | |
> Soll eine Zeitung für ihre Texte online Geld verlangen? Die taz setzt bei | |
> ihrem Internetangebot auch weiterhin nicht auf Zwang, sondern auf | |
> Freiwilligkeit. | |
Bild: Schranke - und dann? Woanders weiterlesen? Zahlen? | |
Ein Gespenst geht um in der Medienlandschaft: es ist das Gespenst des | |
Zeitungssterbens. Alle Verlage in unserem alten Lande sollen sich dagegen | |
zu einer Abwehrschlacht hinter eine Mauer zurückziehen. Ausgerechnet der | |
Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Verlags Mathias Döpfner ruft dazu | |
auf und will sie auch als erstes errichten, die sogenannte Paywall. Eine | |
Bezahlschranke, die sich über jene Texte senken soll, die nicht zuvor | |
bezahlt wurden. | |
In der Tat verrichtet das Gespenst sein unheimliches Werk wie eine Seuche | |
oder ein heimtückisches Virus, das seine Opfer langsam, aber gnadenlos | |
dahinrafft. Wie zuletzt die große und bedeutende Frankfurter Rundschau, wie | |
zuvor ungezählte, einst kerngesunde kleinere Regionalzeitungen und wie nun | |
die Financial Times Deutschland. Im Jahr 1992 wurden in Deutschland noch 26 | |
Millionen Tageszeitungen verkauft, 10 Jahre später waren es noch 23 | |
Millionen, am Ende dieses Jahres wird die Zahl nur noch bei etwa 18 | |
Millionen liegen. | |
Setzt sich diese Sterberate fort, und es gibt keinen Grund für eine andere | |
Prognose, werden es in 10 Jahren maximal noch 11 Millionen sein und so etwa | |
2034 wäre dann endgültig Schluss mit täglichen Nachrichten auf bedrucktem | |
Papier. Auch wenn solche langfristigen Prognosen immer fehlerbehaftet sind, | |
scheint der Trend unumkehrbar - das Geschäftsmodell der gedruckten | |
Tageszeitung stirbt aus, selbst wenn auch 2034 der flexible | |
Folien-Computer, in den man auch Fisch einwickeln kann, noch auf sich | |
warten lassen sollte. | |
## Vorreiter Springer | |
Der Grund für diese Entwicklung ist offensichtlich - die Online-Medien | |
entziehen der Tagespresse zunehmend beide Einnahmequellen, aus denen sie | |
seit mehr als hundert Jahren ihre Redaktionen finanzierte, die | |
Anzeigenkunden und LeserInnen. Jetzt kündigt der Springer-Konzern an, für | |
die Webangebote der Zeitungen Die Welt und Bild Bezahlschranken | |
hochzuziehen. Auf welt.de soll dies schon Ende des Jahres erfolgen, bild.de | |
– die meistgelesene „Nachrichten“-Seite im deutschen Internet – soll Mi… | |
2013 folgen. Nach dem Vorbild der New York Times, die im vorigen Jahr eine | |
sogenannte „metered paywall“ einführte, können Nutzer dann nur noch eine | |
bestimmte Anzahl von Artikeln pro Monat kostenfrei lesen und werden dann | |
zur Kasse gebeten. | |
Diese sanfte Bezahlschranke, die gelegentliche LeserInnen nicht verprellen | |
und die für die Online-Werbung entscheidenden Klickzahlen nicht ins | |
Bodenlose fallen lassen soll, erscheint derzeit vielen Zeitungsverlagen als | |
Patentrezept zur Bewältigung der Krise. Auch die Springer-Blätter Berliner | |
Morgenpost und Hamburger Abendblatt, die NZZ und Le Temps in der Schweiz, | |
Ha’aretz in Israel und Zeitungen in vielen anderen Ländern versuchen so, | |
dem Schwund ihrer Papierauflagen entgegenzuwirken und die „Gratis-Kultur im | |
Internet“ zu beenden. | |
Die taz setzt seit dem Frühjahr 2011 auf ein anderes Konzept: statt einen | |
Wall zu errichten und LeserInnen zum Bezahlen zu zwingen, überlassen wir | |
ihnen die freie Wahl, etwas zu bezahlen oder weiter kostenlos zu | |
konsumieren. Sämtliche Inhalte auf taz.de bleiben für alle NutzerInnen | |
unbegrenzt zugänglich, doch unter jedem Beitrag werden sie aufgefordert, | |
freiwillig etwas zu bezahlen. Mit dem Projekt „taz-zahl-ich“ wurde die | |
Möglichkeit geschaffen, mit wenigen Klicks oder über das Handy kleine | |
Beiträge zu überweisen und sich damit für die journalistische Qualität, die | |
publizistische Unabhängigkeit und die freie Zugänglichkeit der taz nicht | |
nur zu bedanken, sondern auch zu ihrem Erhalt beizutragen. „taz-zahl-ich“ | |
setzt auf die Einsicht der LeserInnen, dass guter Journalismus auch im | |
Internet nicht gratis zu haben ist. | |
21 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Mathias Bröckers | |
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