# taz.de -- Länder drängen auf NPD-Verbot: 1.007 Seiten Hass | |
> Hetzparolen, Gewalttaten, NS-Sehnsuchtsprosa: Die Länder glauben, | |
> genügend Belege für ein NPD-Verbot zu haben. Sie wollen das | |
> Verbotsverfahren starten. | |
Bild: Die Länderregierungen haben auch keinen Bock mehr. | |
BERLIN taz | Es ist nicht so, dass die NPD mit ihren Zielen hinter dem Berg | |
halten würde. Zum Beispiel Maik Scheffler, Kameradschaftsneonazi und | |
Vizelandeschef der Partei in Sachsen. Der proklamierte im Sommer vor einem | |
Jahr bei einem rechtsextremen Event im sächsischen Geithain: „Die BRD ist | |
ein System. Dieses System ist unser Gegner.“ | |
Oder Udo Pastörs, NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern und Vize der | |
Bundespartei. „Angriff heißt die Parole“, krakeelte er bei einem | |
Aschermittwochsauftritt im Saarland 2009. „Wir wollen den Maximalschaden | |
dieses Parteienstaates.“ Denn der sei nichts anderes als der verlängerte | |
Arm der USA und Israels, im Neonazi-Slang „USrael“ genannt. | |
Diese und hunderte weitere Äußerungen von NPD-Kadern haben die | |
Innenminister von Bund und Ländern in einer Materialsammlung zusammentragen | |
lassen. Auf Grundlage dieser 1.007 Seiten Hass wird nun | |
höchstwahrscheinlich ein neuer Anlauf für ein Verbot der rechtsextremen | |
Partei gestartet. | |
Neben Hetzparolen und NS-Sehnsuchtsprosa werden in der als geheim | |
eingestuften Materialsammlung auch etliche Gewalttaten aufgeführt, an denen | |
NPDler beteiligt waren. So attackierte etwa im Oktober 2009 die | |
rechtsextreme „Terror Crew Muldental“ im sächsischen Brandis Fans und | |
Spieler des linken Fußballklubs Roter Stern Leipzig mit Latten, Flaschen | |
und Eisenstangen. Unter den Angreifern waren gleich drei NPD-Mitglieder – | |
zwei waren sogar Kommunalwahlkandidaten der rechtsextremen Partei. | |
## „Es ist nun eine politische Entscheidung“ | |
Harter Stoff. Doch reicht dieses Material, um der Gesamtpartei eine „aktiv | |
kämpferische, aggressive Haltung“ gegenüber der bestehenden Ordnung | |
nachzuweisen und die hohen Hürden in Karlsruhe und Straßburg zu überwinden? | |
Eindeutig äußern wollte sich Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen dazu | |
bisher nicht. Er lässt aber durchscheinen, dass er dies zumindest für | |
möglich hält. „Die Verfassungsschutzbehörden haben das Material für ein | |
mögliches Verbotsverfahren zusammengestellt“, sagte Maaßen vor kurzem auf | |
der BKA-Herbsttagung in Wiesbaden. „Es ist nun eine politische | |
Entscheidung, wie damit umgegangen wird.“ | |
Und eben dort, in der Politik, spricht alles dafür, dass es tatsächlich | |
eine Neuauflage eines Verbotsverfahren geben wird: auf Betreiben der | |
Bundesländer. Die überwältigende Mehrheit der Länder will inzwischen ein | |
Verbot. Nur Hessen und Niedersachsen hatten in den vergangenen Wochen noch | |
gebremst – doch nun hat auch letzteres Bundesland umgeschwenkt. | |
Der wahlkämpfende Ministerpräsident in Niedersachsen, David McAllister | |
(CDU), sagte am Donnerstagabend: „Wir wollen, dass die rechtsextreme Partei | |
verboten wird.“ Ein vom Land in Auftrag gegebenes Gutachten hatte zum | |
Sinneswandel geführt. Demnach gebe es auf Grundlage des gesammelten | |
NPD-Materials „hinreichende Erfolgsaussichten“ für ein Verbot. | |
In der kommenden Woche treffen sich am Mittwoch nun zunächst die | |
Innenminister der Länder in Warnemünde. Die fällen bei ihren Treffen jedoch | |
immer nur einstimmige Beschlüsse, weshalb entscheidend sein wird, wie die | |
letzten Skeptiker sich verhalten: die Hessen. Beobachter glauben | |
allerdings, dass sie sich kaum mehr gegen die 15 anderen Länder stellen | |
werden. | |
## "Ich bin für Eindeutigkeit" | |
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) rechnet | |
daher mit einem zweiten Verbotsverfahren. „Ja, ich gehe davon aus, dass die | |
Länder nächste Woche den Startschuss für einen neuen Anlauf geben werden“, | |
sagte er der taz. Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verfahren seien | |
erfüllt, so Albig weiter. „Ich befürworte ein neues NPD-Verbotsverfahren | |
nicht nur ausdrücklich, sondern halte es für zwingend geboten.“ | |
Die derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, die Thüringer | |
Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU), bekräftigte am Freitag | |
ebenfalls die Forderung nach einem Verbot der rechtsextremen Partei. „Ich | |
bin für Eindeutigkeit in dieser Sache“, sagte Lieberknecht der taz. „Ein | |
NPD-Verbot ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den | |
Rechtsextremismus.“ | |
Sollten die Länder ein Verbot auf den Weg bringen, wird sich auch die | |
Bundesregierung endlich klar verhalten müssen. Dort herrscht Skepsis, bis | |
hin zur Kanzlerin. Und auch der für das Thema zuständige Innenminister | |
Hans-Peter Friedrich (CSU) hat in den vergangenen Monaten immer wieder vor | |
den Risiken gewarnt. Andererseits hat er aber auch nicht kategorisch Nein | |
gesagt. Bezeichnend für Friedrichs Haltung ist ein Satz, den er vor | |
zweieinhalb Wochen in Wiesbaden sagte: „Ich bin weder leidenschaftlich für | |
noch leidenschaftlich gegen ein NPD-Verbot.“ | |
Das Kalkül Friedrichs scheint zu sein: Sollte ein zweiter Verbotsanlauf | |
scheitern, soll der schwarze Hans-Peter nicht an ihm hängen bleiben. Doch | |
so einfach wird es nicht sein. Denn wenn die Länder Ja zu einem | |
NPD-Verbotsverfahren sagen, werden es auch die Bundesregierung und der | |
Bundestag schwer haben, sich einem gemeinsamen Vorgehen aller | |
Verfassungsorgane zu verweigern. So sieht man es auch in Kreisen der | |
Ministerpräsidenten. | |
Spätestens ab dem formalen Beschluss im Bundesrat, der noch vor Weihnachten | |
kommen könnte, hängen alle mit drin – in den Ländern und im Bund. | |
30 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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