# taz.de -- Maaßen und die Linkspartei: Ein Bier mit dem Geheimdienstchef | |
> Der neue Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen setzt sich in | |
> Berlin mit seinen schärfsten Kritikern von der Linkspartei auf die Couch. | |
> Ein Ortstermin. | |
Bild: Wer wollte nicht mit ihm ein Bier trinken? Hans-Georg Maaßen. | |
Es ist, als würde ein Atomkraftmanager die Castor-Gegner besuchen. Oder der | |
Papst den Christopher-Street-Day. | |
Am Mittwochabend ist der neue Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, 50, | |
zu einer Podiumsdiskussion der Linksfraktion nach Berlin-Prenzlauer Berg | |
gekommen. Zu jener Partei also, die sein Geheimdienst zwar nicht mehr ganz, | |
aber immer noch in Teilen beobachtet – und die ihrerseits fordert, den | |
Verfassungsschutz abzuschaffen. | |
Das wollten sich rund 100 Gäste im „Pfefferberg“ in der Nähe des | |
Rosa-Luxemburg-Platzes nicht entgehen lassen. Und tatsächlich erlebten sie | |
einen denkwürdigen Abend, an dessen Ende der Verfassungsschutzchef sogar | |
noch ein Pilsner Urquell mit seinen schärfsten Kritikern trank. Aber von | |
vorne. | |
Maaßen, Dreiteiler, runde Brille, Jurist, nahm in der Mitte des roten | |
Ledersofas auf der Bühne Platz. Links von ihm saß Bundestagsvize Petra Pau, | |
rechts der Abgeordnete Jan Korte, und ihm gegenüber in der ersten Reihe im | |
Publikum Ulla Jelpke. Die gehört zu einer jener Gruppen der Linkspartei, | |
die der Geheimdienst weiter als „extremistische Teilorganisationen“ sieht. | |
In einem Eingangsreferat vor der Diskussionsrunde hatte sie gesagt, der | |
Verfassungsschutz sei eine „Waffe“, die „auf die Demokratie zielt“. | |
## Lächeln und durch | |
Doch Hans-Georg Maaßen hatte sich offenbar vorgenommen, den Abend tapfer | |
lächelnd durchzustehen. Nur manchmal verknoteten sich seine Hände so | |
ineinander, dass man befürchten musste, er würde sie nicht mehr auseinander | |
kriegen. | |
Inhaltlich aber ließ sich Maaßen nicht von seiner Linie abbringen. | |
Natürlich habe auch der Verfassungsschutz Fehler gemacht im Zusammenhang | |
mit der Terrrozelle NSU. „Defizite“ wie in der Vergangenheit dürfe es nicht | |
mehr geben, und wenn in Zukunft Akten geschreddert würden, „dann nach Recht | |
und Gesetz und nicht einfach so“. | |
Er sei aber überzeugt, dass man den Verfassungsschutz weiter brauche, wenn | |
auch in reformierter Form, als „Frühwarnsystem“. Und da könne es auch | |
vorkommen, dass man „im Zweifel“ auch Abgeordnete ins Visier nehmen müsse, | |
ganz rechts oder ganz links. Er jedenfalls habe „kein schlechtes Gewissen“, | |
die Kommunistische Plattform innerhalb der Linkspartei weiter zu | |
beobachten. | |
Jan Korte hielt ihm entgegen, dass der Verfassungsschutz doch im Fall des | |
NSU bewiesen habe, dass er als „Frühwarnsystem“ nichts tauge. Im Zweifel | |
arbeite der Verfassungsschutz immer gegen links. Und die V-Leute, mit denen | |
der Geheimdienst die rechtsextreme Szene ausspähen wolle, das seien „vom | |
Staat finanzierte Kriminelle“. Petra Pau beschrieb ein besonders ekliges | |
Beispiel eines Neonazis, der trotz eines Mordversuchs an einem Nigerianer | |
V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes wurde und auch im Zusammenhang | |
mit dem NSU eine nach wie vor nicht ganz geklärte Rolle spielte. | |
## V-Leute seien unverzichtbar | |
Maaßen versuchte sich damit zu verteidigen, dass das garstige Beispiel | |
nichts mit dem Bundesamt zu tun habe. Schwere Straftäter dürften nicht zu | |
V-Leuten gemacht werden. Verzichten könne man auf sie aber nicht. „V-Leute | |
sind Verräter, sind Schmutzfüße, sind Leute aus der Szene – die wir aber | |
brauchen.“ Denn Terroristen kündigten ihre Anschläge nun mal nicht vorher | |
an. | |
Man wartete ständig darauf, dass es zum offenen Schlagabtausch kommt. Doch | |
leider grätschte der Moderator des Abends, ein altgedienter PDS-Kämpe mit | |
rotem Schal, immer wieder mit länglichen Ausführungen dazwischen oder | |
stellte gleich drei Fragen auf einmal. | |
Am Ende sorgte dafür der Linken-Abgeordnete Jan Korte noch für einen | |
Schenkelklopfer, als er versehentlich „Verfassungsschuft“ statt | |
„Verfassungsschutz“ sagte, und dann an Maaßen gewandt das Fazit zog: „Sie | |
konnten uns nicht überzeugen, wir aber vielleicht Sie.“ | |
Da musste auch der Geheimdienstchef lachen und ließ sich noch zu einem | |
anschließenden Come-Together bewegen. Eine halbe Stunde stand Maaßen mit | |
einem Bier neben Pau, Jelpke und Korte an der Bar. Am Anfang des Abends | |
hatte er es so formuliert: „Man kann nicht immer nur mit Freunden | |
zusammensitzen.“ | |
14 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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