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# taz.de -- Ortstermin bei der NPD-Bundesführung: Lust aufs Verbotsverfahren
> In einem Hotel bei Schwerin präsentiert sich die NPD-Bundesführung
> selbstbewusst und kämpferisch: Verfassungsfeinde, sagen sie, sind die
> anderen.
Bild: Udo Pastörs, stellvertretender NPD-Parteivorsitzender.
PAMPOW taz | Das Credo des NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel ist simpel:
„Wir begrüßen ein Verbotsverfahren, denn eine Partei, die nichts Verbotenes
tut, kann nicht verboten werden.“
Knapp zehn Kilometer vor Schwerin liegt der kleine Ort, in dem die NPD
anlässlich der am Mittwoch in Rostock tagenden Innenminister zur
Pressekonferenz geladen hat. Über eine verkehrsberuhigte Straße ist das
Hotel, das nach 1989 eine gute Adresse war und 2012 nicht mehr ist, zu
erreichen. Vor dem Hotel steht eine Polizeistreife und – wie immer – auch
der Parteiordnerdienst. „Guten Morgen“, begrüßt einer von ihnen betont
freundlich die Presse und öffnet die Tür.
Vor dem Saal im Hotel, in dem der Geruch von deftigem Essen hängt, werden
dann aber doch noch mal von einem Ordner eingehender die Presseausweise
beäugt. „Von der taz! Warten sie hier rechts bitte“, sagt er nach einem
Blick auf die Karte, „das müssen wir überlegen.“ Frank Franz, der
vermeintlich smarte Parteipressesprecher, entscheidet aber schnell:
„Natürlich, auch Sie können teilnehmen.“
## Blaue Gardinen
Eine rote Transparentwand steht an der Stirnseite des Saals, „NPD – Die
Volksunion aus der Liebe zur Heimat“ prangt groß auf ihr. Blaue Gardinen
hängen vor den Fenstern. Davor ein Tisch für die versammelten
Parteigranden: Peter Marx, Udo Pastörs (stellvertretender
Bundesvorsitzender), Frank Franz, Holger Apfel, Frank Schwerdt und Udo
Voigt (der ehemalige Parteichef), alle in feinen Anzügen, bürgernah und
freundlich.
Das Personal offenbart, wie bedeutend der Termin für die NPD ist. Sonst ist
nur bei Pressekonferenzen auf Parteitagen ähnlich – sagen wir mal –
hochkarätiges Personal zu treffen.
Mit fester Stimme begrüßt Franz die Journalisten. Auch er stellt gleich
klar: „Ein Verbot ist aussichtslos.“ Es fehlten jegliche Sachkenntnis und
Fakten. Aus diesem Grund, schiebt er gleich nach, habe die NPD im November
selbst einen Antrag zur Überprüfung ihrer Verfassungskonformität
eingereicht.
Schnell wird klar, in dem Saal wird sich die NPD als bürgernahe nationale
Partei inszenieren. Der Antrag, betont Apfel, sei keine PR-Aktion: „Ich
kann Ihnen versichern, dass wir es sehr ernst meinen. Wir werden
gegebenenfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
ziehen.“
## Ein Damoklesschwert
Denn seit Jahren würden sie von der etablierten Politik, den Medien und der
Gesellschaft als Verfassungsfeinde benannt, ohne dass ernsthafte Argumente
vorgebracht würden. Ein Damoklesschwert, das Wähler abschrecke, sagt Apfel
in dem holzverkleideten Saal. Aber mit dem eigenen Antrag habe die NPD „das
Gesetz des Handelns übernommen“.
Keiner der NPD-Kader zweifelt daran, dass die Innenminister deswegen jetzt
ein Verbotsverfahren anstreben. Ebenso wenig zweifeln Apfel und Pastörs
zudem daran, dass die anderen Parteien verfassungsfeindlich seien; dass sie
gegen das deutsche Volk regierten. Die Bundesrepublik sei ein totalitärer
Staat, der Parteien, die sich für Deutsche einsetzten, rechtswidrig
bekämpfe.
Liebe zum Volk, Treue zum Grundgesetz, selten sind solche Aussagen von
NPD-Kadern so massiv zu hören. Die Ernsthaftigkeit, mit der sie das mit
immer wieder neuen Worten wiederholen, zeigt: Die denken wirklich so.
## Kein Wort zum Holocaust
Bei so viel Verfassungstreue und Demokratiebekenntnis fragen Journalisten
Udo Pastörs, was er denn zu dem Grill mit dem eingeschweißten Spruch „Happy
Holocaust“ in Grevesmühlen beim „Thinghaus“ sagt, wo er auch ein Bürger…
hat. Er habe ihn nicht gesehen, sagt er lässig und schiebt nach:
„Widerlich, geschmacklos.“ Auch Apfel antwortet: „Geschmacklos.“ Zum
Holocaust will sich der Parteiführer allerdings nicht äußern.
Etliche NPD-Kader laufen hier im Hotel herum, hören zu, schauen genau hin.
Sie warten auf das Ende der Pressekonferenz, denn nach dem Termin wollen
sie alle nach Rostock fahren, um bei der nur eine Autostunde entfernten
Innenministerkonferenz zu protestieren.
Dort in der Hansestadt haben Unbekannte in der Nacht zu Mittwoch die
Gedenktafel anlässlich des Pogroms in Lichtenhagen abgerissen.
5 Dec 2012
## AUTOREN
Andreas Speit
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