# taz.de -- Länder-Innenminister einig: NPD soll verboten werden | |
> Die Länder geben den Startschuss für ein zweites Verbotsverfahren gegen | |
> die rechtsextreme NPD. Bundesinnenminister Friedrich sagt weder Ja noch | |
> Nein. | |
Bild: Die Innenminister sind sich einig. | |
ROSTOCK taz | Ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD steht unmittelbar | |
bevor. Die 16 Innenminister der Länder haben ihren Ministerpräsidenten am | |
Mittwochabend empfohlen, einen Antrag auf ein Verbot der rechtsextremen | |
Partei zu stellen. Skeptisch zeigten sich zuletzt nur noch zwei | |
Bundesländer, Hessen und das Saarland, die deshalb in Rostock-Warnemünde in | |
einer Art Fußnote zu dem Innenminister-Beschluss auf ihre Bedenken | |
hinwiesen. | |
An diesem Donnerstag treffen sich die Ministerpräsidenten zu dem Thema, | |
schon am 14. Dezember könnte dann der Bundesrat einen Beschluss für ein | |
neues Verbotsverfahren fällen. Unklar ist dagegen weiter, ob sich auch die | |
Bundesregierung und der Bundestag einem Antrag der Länder anschließen | |
werden. Die Kanzlerin ließ einen Sprecher am Mittwoch ausrichten, sie sehe | |
weiter „erhebliche Risiken“. | |
Grundlage für das Verbotsverfahren ist eine rund 1.000-seitige, noch unter | |
Verschluss gehaltene Materialsammlung von Bund und Ländern über Hetzparolen | |
und Straftaten von NPD-Kadern. Ob die zusammengetragenen Belege aber | |
wirklich reichen, um die hohen Hürden des Bundesverfassungsgerichts und des | |
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu überwinden, ist schwer | |
vorherzusagen. | |
## „Chancen und Risiken“ | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wollte sich nach dem Treffen | |
mit den Länder-Innenministern trotz mehrfacher Nachfrage nicht festlegen, | |
welche Empfehlung er nun seinem schwarz-gelben Kabinett geben wird. „Die | |
Chance, dass wir gewinnen ist größer, als dass wir verlieren“, sagte er. | |
„Aber wir müssen auch die Risiken sehen.“ So könnte ein langwieriges | |
Verbotsverfahren der NPD bei Wahlen 2013 und 2014 auch ungewollt Auftrieb | |
verleihen. | |
Die SPD will Friedrich diese Einerseits-Andererseits-Haltung nicht | |
durchgehen lassen. Ein „Herumwackeln“ sei nun nicht mehr möglich, sagte der | |
nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Warnemünde und | |
setzte damit den Bund unter Druck, sich dem Antrag der Länder | |
anzuschließen. | |
Das erste NPD-Verbotsverfahren war 2003 wegen der undurchsichtigen | |
V-Leute-Situation vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ohne | |
überhaupt inhaltlich zu klären, ob die rechtsextreme Partei verbotswürdig | |
ist, stellten die Karlsruher Richter das Verfahren wegen eines „nicht | |
behebbaren Verfahrenshindernisses“ ein: gemeint war die | |
Spitzel-Problematik. | |
Um den selben Fehler nicht noch Mal zu machen, verzichten Bund und Länder | |
nach eigenen Angaben seit Frühjahr auf bezahlte Spitzel in den | |
Führungsebenen der NPD. Auch für die Materialsammlung sollen nur „offene“ | |
Quellen ausgewertet und auf Aussagen von V-Leuten verzichtet worden sein. | |
Hundertprozentig sicher scheint man sich aber dabei nicht zu sein. Bisher | |
hat nur ein Viertel der Länder schriftlich garantiert, dass ihr Material | |
für das NPD-Dossier V-Mann-frei ist. Das könnte noch für unschöne | |
Überraschungen sorgen. Bei einem Antrag in Karlsruhe würden die Länder eine | |
solche Garantie spätestens abliefern, versicherte dagegen der | |
nordrhein-westfälische Innenminister Jäger am Mittwochabend. | |
## „Tod dem roten Mob“ | |
Zu den Verbotsskeptikern gehören neben Bundesinnenminister Friedrich und | |
der Kanzlerin auch mehrere Grünen-Politiker. Sie warnten vor dem | |
Innenministertreffen an der Ostsee vor einer erneuten Niederlage. | |
Dagegen ist in einem Rechtsgutachten Niedersachens von „hinreichenden | |
Erfolgsaussichten“ für ein NPD-Verbot die Rede. „Das Prozessrisiko ist | |
kalkulierbar“, sagte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann | |
(CDU) am Mittwochabend. Er hatte lange zu den Gegnern eines Verbots gehört | |
– die NPD-Materialsammlung habe ihn nun aber „beeindruckt“. | |
Neben rassistischen, antidemokratischen und NS-verherrlichenden Aussagen | |
finden sich in dem 1.007-seitigen Dossier nach taz-Informationen auch | |
offene Aufrufe zur Gewalt. „Wir sagen: Tod, Vernichtung diesem roten Mob“, | |
drohte der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Andreas Storr demnach 2010 | |
bei einem Szene-Event linken Gegnern. „Nicht unser Volk darf sterben, | |
sondern dieser volksfeindliche Pöbel.“ | |
In der Materialsammlung werden auch zahlreiche Straftaten von NPDlern sowie | |
Verbindungen zu gewaltbereiten Kameradschaften und anderen „Freien Kräften“ | |
der rechtsextremen Szene aufgeführt – genauso wie Querbezüge zur | |
Terrorzelle NSU. Unter anderem mischten zwei wegen Beihilfe zu den | |
NSU-Morden angeklagte Männer in der Thüringer NPD mit. | |
Dass der NSU aber ein bewaffneter Arm der NPD war, hat Generalbundesanwalt | |
Harald Range bereits vor Monaten ausgeschlossen. Wäre es so gewesen, wäre | |
ein Verbot deutlich einfacher. | |
5 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
## TAGS | |
NPD-Verbot | |
NPD | |
NPD-Verbot | |
Abschiebung | |
Leutheusser-Schnarrenberger | |
NPD-Verbot | |
NPD | |
NPD | |
NPD | |
NPD-Verbot | |
NPD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
NPD veröffentlicht vertrauliche Daten: Rechtsextreme gehen in die Offensive | |
Bund und Länder haben tausende Belege für ein NPD-Verbotsverfahren | |
zusammengetragen. Diese Sammlung findet sich nun auf der Homepage der NPD. | |
Auszüge aus den NPD-Verbotsunterlagen: „Tod diesem roten Mob“ | |
Gegen das System, für das Reich: Mehr als 1.000 Seiten an Belegen haben | |
Bund und Länder gegen die NPD gesammelt. Eine Auswahl der Hassparolen. | |
Migrantenfamilie wieder vereint: Landtag korrigiert Schünemann | |
Acht Jahre nach ihrer Abschiebung in die Türkei darf die Kurdin Gazale | |
Salame nach Niedersachsen zurückkehren. | |
Länderbeschluss gegen Rechtsextreme: Zweifel am NPD-Verbot | |
Die Ministerpräsidenten bleiben mit ihrem NPD-Verbotsantrag vorerst allein. | |
Bundestagspräsident Lammert meint: „Man soll es besser bleiben lassen.“ | |
Länder wollen NPD verbieten: 16 gegen Merkel | |
Die Bundesländer wollen erneut versuchen, die rechtsextreme Partei NPD zu | |
verbieten. Die Kanzlerin und ihr Innenminister sind dagegen immer noch | |
unschlüssig. | |
Pro und Contra NPD-Verbot: Gegenwehr sieht anders aus | |
Alle warten ergeben auf ein Urteil über ein Verbot der NPD. Eine wehrhafte | |
Demokratie hätte das nicht nötig. Das Nein zum NPD-Verbot. | |
Pro und Contra NPD-Verbot: Raus aus der Legalität | |
Die NPD will nicht nur die Demokratie abschaffen, sie bedroht viele | |
Menschen mit physischer Gewalt. Ein klares Ja zum Verbot. | |
Ortstermin bei der NPD-Bundesführung: Lust aufs Verbotsverfahren | |
In einem Hotel bei Schwerin präsentiert sich die NPD-Bundesführung | |
selbstbewusst und kämpferisch: Verfassungsfeinde, sagen sie, sind die | |
anderen. | |
Länder fordern NPD-Verbot: Auch das Saarland macht mit | |
Als letztes Bundesland unterstützt nun auch das Saarland das geplante neue | |
NPD-Verbotsverfahren. Bei einem Treffen wollen sich die Innenminister | |
besprechen. | |
SPD will Neonazi-Bürgermeister absetzen: Kein Amt für NSU-Verehrer | |
Der Krauschwitzer Ortsbürgermeister findet den Bundestag | |
verfassungsfeindlich und hält die NSU-Mörder für Widerstandskämpfer. Nun | |
soll er sein Amt verlieren. |