| # taz.de -- Pro und Contra NPD-Verbot: Gegenwehr sieht anders aus | |
| > Alle warten ergeben auf ein Urteil über ein Verbot der NPD. Eine | |
| > wehrhafte Demokratie hätte das nicht nötig. Das Nein zum NPD-Verbot. | |
| Bild: „Rechte Gewalt muss von der Polizei scharf verfolgt und im Ansatz unter… | |
| Deutschland ist ein gefestigter Rechtsstaat, aber keine gefestigte | |
| Demokratie. In unserem gefestigten Rechtsstaat wird schicksalsergeben das | |
| Urteil der Gerichte über ein Parteiverbot abgewartet. In einer gefestigten | |
| Demokratie bräuchte man aber erst gar keine Parteiverbote. | |
| Deutschland hat die Wahl. Will es ein selbstbewusstes Zeichen einer starken | |
| Demokratie aussenden? Dann würde es auf ein Parteiverbot verzichten. Nicht | |
| aus taktischen Gründen, sondern aus Prinzip. Weil eine starke Demokratie es | |
| nicht nötig hat, Gegner zu verbieten. Weil eine Demokratie, die Gegner | |
| verbietet, ihre eigenen Grundlagen desavouiert und damit schwächt. | |
| Keine Frage – die NPD ist eine antidemokratische, rassistische und | |
| antisemitische Partei. Ihre Bekenntnisse zur Verfassung und zur | |
| Gewaltfreiheit sind aufgesetzt und vorgeschoben. Das weiß auch jeder | |
| halbwegs vernünftige Mensch. Wer trotzdem NPD wählt, tut das nicht aus | |
| Versehen, sondern in voller Absicht. | |
| Tatsächlich wählt und unterstützt aber kaum jemand die NPD. Unter 80 | |
| Millionen hat sie 6.000 Mitglieder. Bei Wahlen erzielte sie zuletzt meist | |
| nicht einmal 1 Prozent. Im Vergleich zu vielen Nachbarstaaten mit | |
| erfolgreichen rechtsextremen oder rechtspopulistischen Parteien sind das | |
| ziemlich kommode Zustände. Die CDU als Rechtsaußenpartei im Parlament | |
| diskutiert derzeit, wie weit sie noch in die Mitte rücken soll. Und die | |
| Piraten als derzeit größte Protestpartei ordnen sich gleich als | |
| linksliberal ein. Solche Verhältnisse werden wir uns noch einmal | |
| zurückwünschen. | |
| ## Wen soll das überzeugen? | |
| Nur in Teilen Ostdeutschlands spielt die NPD eine öffentlich wahrnehmbare | |
| Rolle, vergiftet sie mit ihren Hassparolen das öffentliche Klima. Das ist | |
| aber nicht zuletzt ein Ausdruck der Schwäche demokratischer Parteien. Doch | |
| statt ihre eigenen Strukturen zu vitalisieren, rufen sie nach einem Verbot | |
| der unangenehmen Konkurrenz. Wen soll das von der | |
| „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ überzeugen? | |
| Ein Parteiverbot ist ein autoritäres Instrument, das autoritäre Denkweisen | |
| stützt. Es ist also geradezu kontraproduktiv, um rechtes autoritäres Denken | |
| zurückzudrängen. Es mag als letztes Mittel der Gefahrenabwehr in Betracht | |
| kommen. Aber eine solche Lage haben wir nicht. | |
| Deshalb machen sich die Parteiverbots-Taktiker zu Recht große Sorgen, ob | |
| das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für | |
| Menschenrechte ein NPD-Verbot akzeptieren würden. Die Prüfung der | |
| Verhältnismäßigkeit eines Verbots ist dabei keine juristentechnische l’art | |
| pour l’art, sondern folgt einer zutiefst demokratischen Rationalität: Ein | |
| Parteiverbot ist nur dann zulässig, wenn es wirklich nötig ist. | |
| Es ist nicht nötig, um der Politik eine Gelegenheit zu geben, sich in Szene | |
| zu setzen und „Handlungsfähigkeit“ zu demonstrieren. Das NPD-Verbot ist in | |
| den letzten Monaten zum Selbstzweck geworden, zum bloßen Symbol. Die | |
| Ausschaltung der NPD dient vor allem der eigenen Selbstdarstellung und der | |
| Ablenkung. | |
| ## Ein offensichtliches Ausweichmanöver | |
| Deutschland ist nach der Aufdeckung der NSU-Morde zu Recht beschämt. Wenn | |
| rechte Terroristen zehn Jahre nicht erkannt werden und die Täter | |
| stattdessen in den Kreisen der Opfer gesucht werden, wird zu Recht über | |
| Vorurteile und Effizienz von Polizei und Verfassungsschutz diskutiert. Der | |
| Bund hat eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes vorgeschlagen. Man | |
| kann das sinnvoll finden oder nicht. Aber es fällt auf, dass gerade die | |
| Länder, die ihre kleinen Geheimdienste behalten wollen, am lautesten nach | |
| einem NPD-Verbot schreien. Ein offensichtliches Ausweichmanöver. | |
| Ein NPD-Verbot würde auch das Leben von Migranten in Deutschland kein | |
| bisschen sicherer machen. Im Gegenteil. Wenn die NPD zerschlagen wird, | |
| dürfte dies eher zu einer Radikalisierung von Teilen der Szene führen, die | |
| zudem noch schlechter zu kontrollieren ist. | |
| Die umstrittene (aber wegen der Gleichbehandlung unvermeidbare) Staatsknete | |
| für die NPD war de facto immer auch eine Prämie für Gewaltverzicht. Gut zu | |
| sehen am Beispiel von Ralf Wohlleben, dem NPD-Kader, der einst dem NSU-Trio | |
| bei der Waffenbeschaffung half. Nach allem, was man weiß, handelte er dabei | |
| nicht im Auftrag der NPD. Vielmehr zog er sich nach und nach zurück, weil | |
| ihm seine Parteikarriere wichtiger war. | |
| Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie. Rechte Gewalt muss von der | |
| Polizei scharf verfolgt und im Ansatz unterbunden werden. Auch rechte Hetze | |
| ist bei uns in weiten Teilen strafrechtlich verboten. All diese Gesetze | |
| gelten auch für die NPD und ihre Kader. | |
| Ein zusätzliches Parteiverbot zeigt nur, dass demokratische Prinzipien im | |
| Zweifel schnell geopfert werden und in Deutschland kein Wert an sich sind. | |
| [1][Lesen Sie den ersten Teil des Pro und Contras] – das Ja zum NPD-Verbot | |
| – von Klaus Hillenbrand hier. | |
| 6 Dec 2012 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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