# taz.de -- Fairer Online-Marktplatz Fairnopoly: Das Gewissen liegt im Warenkorb | |
> Das Start-up-Unternehmen Fairnopoly setzt im Netz auf fairen Handel und | |
> bewussten Konsum. Finanziert werden soll die Internetplattform über | |
> Crowdfunding. | |
Bild: fairnopoly.de: Meist geht es bei Projekten alternativen Wirtschaftens dar… | |
BERLIN taz | In einer Fabriketage am Erkelenzdamm sitzt [1][Felix Weth] auf | |
einer Treppenstufe und telefoniert. Der 33-Jährige mit dem lockigen Haar, | |
dem blauen Halstuch und den abgetragenen Turnschuhen ist Gründer des | |
Berliner Start-ups Fairnopoly. Eigentlich wollte Weth gar kein Unternehmen | |
gründen, sondern eine Crowdfunding-Kampagne starten – um | |
Nichtregierungsorganisationen zu unterstützen, die sich gegen Korruption | |
und für Transparenz einsetzen. | |
Heute sitzt er mit vier weiteren MitarbeiterInnen in einem Büro nahe der | |
Kreuzberger Admiralbrücke. Ihr Ziel: Sie wollen einen [2][fairen | |
Internethandel] aufbauen, als Alternative zu Marktriesen wie Amazon, Ebay, | |
Zalando & Co. Seiner ursprünglichen Idee, sich gegen illegale oder | |
undurchsichtige Absprachen in der Wirtschaftswelt einzusetzen, ist | |
Unternehmensgründer Weth zwar treu geblieben. | |
Aber er hat es nicht dabei belassen.Neben dem Kampf gegen die schwarzen | |
Schafe auf dem Markt wird nun im Februar ein Onlineunternehmen auf den | |
Markt gehen, dass sich die Förderung von verantwortungsvollem Konsum auf | |
die Fahne geschrieben hat. Der Plan: Durch Aufklärungsarbeit am | |
Konsumbewusstsein der KundInnen rütteln. Meist geht es bei Projekten | |
alternativen Wirtschaftens darum, die eigenen Ideale möglichst konsequent | |
durchzusetzen. | |
Die Logik hinter Fairnopoly ist eine andere: Auf der Plattform sollen auch | |
nicht faire Produkte gehandelt werden. Felix Weth betrachtet das als | |
Chance, KundInnen zu sensibilisieren, die bisher nur selten zu fairen | |
Produkten beim Einkauf greifen: „Wir wollen Menschen da abholen, wo sie | |
stehen. Und die Mehrzahl kauft eben leider nicht fair ein.“ Auf der | |
Fairnopoly-Website soll künftig etwa „Die faire Geschichte des Tages“ | |
verantwortungsvolles Konsumverhalten fördern. | |
## Anekdote statt Werbung | |
Anstelle von Werbung gibt es täglich eine kurze Anekdote über fair | |
produzierte Waren oder eine gemeinnützige Organisation. Zudem wird gerade | |
an der Umsetzung einer anderen Idee gearbeitet: Bevor ein Artikel im | |
Warenkorb landet, soll den NutzerInnen ein faires Produkt als Alternative | |
angeboten werden. | |
Als „fair“ gelten bei Fairnopoly nur diejenigen Produkte aus den bundesweit | |
rund 150 offiziellen Fairtrade-Siegeln, die den Vorschriften der World Fair | |
Trade Organisation ([3][WFTO]), den Trägern des [4][Transfair-Siegels] und | |
den anerkannten Weltladen-Handelspartnern entsprechen. Bei Produkten mit | |
dieser Kennzeichnung ist unter anderem garantiert, dass sie nicht in | |
Kinderarbeit hergestellt und Ressourcen nachhaltig genutzt wurden. | |
Zudem hat Fairnopoly ein Formular entwickelt, über das AnbieterInnen ohne | |
Fairtrade-Siegel dokumentieren können, dass sie ihr Produkt dennoch zu | |
fairen Bedingungen hergestellt wurde. Ob es Fairnopoly tatsächlich ein | |
Bewusstsein für verantwortungsvollen Konsum bei Menschen wecken kann, denen | |
Fairness beim Einkauf bislang eher egal war, wird sich erst zeigen wenn das | |
Onlineunternehmen unter Marktbedingungen agiert. | |
Im vergangenen September hatte Fairnopoly allerdings schon einen | |
Testdurchlauf im nicht-virtuellen Raum: Auf einer Brache zwischen den | |
U-Bahnhöfen Hallesches Tor und Prinzenstraße veranstaltete das Start-up | |
einen eintägigen Flohmarkt nach den Prinzipien, wie sie auf dem | |
Online-Marktplatz gelten sollen. | |
## „Viel positives Feedback“ | |
Standbesitzer, die nachgewiesene faire Produkte verkauften, mussten nur die | |
Hälfte der üblichen 6 Prozent ihres Umsatzes als Gebühr entrichten. „Bis | |
jetzt haben wir viel positives Feedback für unsere Ideen bekommen“, sagt | |
Felix Weth. „Und dadurch, dass wir eine Genossenschaft 2.0 gegründet haben, | |
können wir diese gemeinsam mit unseren NutzerInnen weiterentwickeln.“ | |
An Idealismus mangelt es den rund 20 MitarbeiterInnen von Fairnopoly sicher | |
nicht. Schließlich finanziert sich das Unternehmen nur durch eine | |
[5][Crowdfunding-Kampagne], die bislang 12.600 Euro einbrachte. Davon | |
werden derzeit die fünf Arbeitsplätze in dem Kreuzberger Büro bezahlt. Für | |
ein solch großes Team reichen diese allersdings nicht, und auch für Löhne | |
bleibt bisher nichts aus dem Crowdfunding-Topf übrig. | |
Anstelle eines Gehalts am Monatsende sammeln die MitarbeiterInnen | |
„Arbeitspunkte“, solange, bis das Ganze ins Rollen gekommen ist. Dann soll | |
nicht nur einzig um der guten Sache willen gearbeitet werden, sondern das | |
Punktekonto verrechnet und ein fairen Lohn ausgezahlt werden. | |
31 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Unternehmer-ueber-fairen-Internethandel/!110049/ | |
[2] http://info.fairnopoly.de/ | |
[3] http://www.wfto.com/index.php?option=com_content&task=view&id=1240&… | |
[4] http://www.fairtrade-deutschland.de/ | |
[5] http://fairnopoly.startnext.de/ | |
## AUTOREN | |
Nikola Endlich | |
## TAGS | |
Genossenschaft | |
Fair Trade | |
Genossenschaft | |
Online | |
Bangladesch | |
Online-Versand | |
Amazon | |
Amazon | |
Crowdfunding | |
Journalismus | |
Internethandel | |
Fair Trade | |
Smartphone | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Fairer Online-Händler in der Krise: Crowdgenossen gesucht | |
„Fairnopoly“ wollte den Internet-Einkauf revolutionieren und eine | |
Alternative zu Amazon bieten. Doch den Gründern fehlt nun Geld und Zeit. | |
Versandhandel im Internet: Otto voll modern | |
Den Unternehmen der Hamburger Otto Group wurde lange Wachstumsschwäche | |
nachgesagt. Gerade im Online-Handel seien junge Konkurrenten stärker. Das | |
hat sich geändert. | |
Fair-Trade-Umsätze steigen: Erst die Moral, dann das Fressen | |
Die Branche boomt. Bei vielen Verbrauchern hat ein Umdenken eingesetzt. | |
Auch Discounter bieten mittlerweile fair gehandelte Produkte an. | |
Kommentar Amazon sperrt Nutzerkonten: Rücksender kriegen nichts mehr | |
Der Onlinehändler Amazon sperrt Nutzer aus, die zu viel bestellte Ware | |
wieder zurück schicken. Diese Reaktion ist einfach nur hilflos. | |
Skandal um Leiharbeiter: Kunden boykottieren Amazon | |
Nach den Vorwürfen gegen den Online-Versandhändler kündigt nun auch die | |
Politik Reaktionen an – und droht dem Konzern mit Lizenzentzug. | |
Vorwürfe gegen Amazon: Schlecht bezahlt und noch gegängelt | |
Eine ARD-Doku zeichnet ein düsteres Bild vom Umgang mit Leiharbeitern bei | |
Amazon. Nicht die erste Kritik. Das Unternehmen will den Vorwürfen | |
nachgehen. | |
Crowdfunding in Deutschland: Das digitale Dominospiel | |
Online Spenden für ein Projekt sammeln, das galt früher als | |
Almosenklauberei. Ist Crowdfunding ein Zukunftsmodell oder bloß ein Hype? | |
Crowdfunding für Journalisten: Es geht nicht nur ums Geld | |
Anders als in den USA tun sich deutsche Verlage und Journalisten noch | |
schwer mit Crowdfunding. Die neue Plattform krautreporter will das ändern. | |
Unternehmer über fairen Internethandel: „Wir setzen auf Teilhabe“ | |
Netzunternehmer Felix Weth über den fairen Onlinemarktplatz fairnopoly.de, | |
das damit verbundene Genossenschaftsmodell und Gütesiegel. | |
Ethisch korrekte Kleidung: Fairer einkaufen zu Weihnachten | |
Natürlich geht das: schick aussehen und trotzdem fair bleiben. Eine | |
Übersicht über ethisch korrekte Klamotten bieten mehere Websites. | |
Ethisches Smartphone „Fairphone“: „Wir wollen die Industrie inspirieren“ | |
Smartphones werden mit Rohstoffen aus Kriegsgebieten und von ausgebeuteten | |
Arbeitern hergestellt. Eine Initiative aus den Niederlanden will das | |
ändern. | |
Fairer Handel boomt trotz Krise: Blumen zum Kaffee | |
Der deutsche Markt für Fair-Trade-Produkte wuchs 2011 um 16 Prozent. Rund | |
100.000 Bundesbürger setzten sich ehrenamtlich für den fairen Handel ein. |