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# taz.de -- Skandal um Leiharbeiter: Kunden boykottieren Amazon
> Nach den Vorwürfen gegen den Online-Versandhändler kündigt nun auch die
> Politik Reaktionen an – und droht dem Konzern mit Lizenzentzug.
Bild: Ware sortieren in Bad Hersfeld – ob das fair bezahlt ist?
BERLIN taz | Am Wochenende hat sich nun auch die Arbeitsministerin zu Wort
gemeldet. Der Verdacht gegen die Leiharbeitsfirma, die dem Onlinehändler
Amazon besonders in der Weihnachtszeit für seine Logistikzentren in
Deutschland Tausende Arbeitskräfte aus ganz Europa vermittelt hat, wiege
schwer, sagte Ursula von der Leyen der Welt am Sonntag.
Alle Fakten müssten nun auf den Tisch. Derzeit laufe eine Sonderprüfung.
Sollte die ergeben, „dass an den Vorwürfen gegen die Leiharbeitsfirma etwas
dran ist, dann steht die Lizenz auf dem Spiel“.
Etliche Kunden wenden sich von Amazon ab und verkünden auf der
[1][Facebook-Seite des Konzerns], sie hätten ihre Konten bei dem
Internethändler gelöscht oder würden dort nie wieder etwas kaufen. Manche
rufen zum Boykott des „Sklaventreibers“ auf. „Als langjähriger Kunde sch…
ich mich für ein derart schäbiges Verhalten“, schreibt einer. Dazu werden
immer wieder internationale Schlagzeilen auf die Firmenseite bei Facebook
kopiert. Amazon lasse Arbeitskräfte aus dem Ausland von Neonazi-Wächtern
kontrollieren, titelt etwa der britische Independent.
Amazon setzt in seinen sieben deutschen Logistikzentren Tausende
Saisonarbeitskräfte aus Spanien, Rumänien, Bulgarien oder Polen ein. In dem
Zentrum in Bad Hersfeld, so hatte eine [2][ARD-Dokumentation] gezeigt,
seien Arbeiterinnen in einer Ferienanlage untergebracht worden, wo sie
permanent von Sicherheitskräften überwacht wurden, die manchmal Jacken der
Firma Thor Steinar trugen – besonders beliebt unter Rechtsextremen.
Der Name der Firma: H.E.S.S – was Hensel European Security Service heißt,
aber auch an Rudolf Heß, Hitlers Stellvertreter, erinnert. Die
Security-Leute hätten Zimmer in Abwesenheit von Bewohnern kontrolliert.
Patrick Hensel, der Chef von H.E.S.S, hat sich in einer schriftlichen
Stellungnahme von „jeder Form von politischem Radikalismus“ distanziert.
Aufgabe in den Unterkünften der Leiharbeiter sei es gewesen, „etwaige
Konflikte“ zu verhindern und das Hoteleigentum vor „Diebstahl und
Beschädigung“ zu schützen. Die Zimmerkontrollen hätte in Einvernehmen mit
dem Housekeeping stattgefunden. Das Tragen von Thor Steinar sei nun per
Dienstanweisung untersagt.
## Zu starker Leistungsdruck
Die ARD-Dokumentation hatte nicht nur die Sicherheitsfirma, sondern auch
die Unterbringung fernab der Logistikzentren, die oft stundenlange An- und
Abreise der Arbeiter in überfüllten Bussen und die niedrigen Löhne
kritisiert. In Amazons Logistikzentrum im bayerischen Graben seien um
Weihnachten von gut 5.000 Arbeitern nur 1.000 unbefristet angestellt
gewesen.
In Graben hat Ver.di in dieser Woche einen Betriebsrat wählen lassen. Dort
hatten Mitarbeiter über starken Leistungsdruck geklagt – und über
Kontrollen. Am Eingang zu den Lagerhallen stehen dort Security-Anlagen wie
am Flughafen. Wer die Halle betritt oder verlässt wird gescannt. Der Leiter
des dortigen Logistikzentrums hatte die Maßnahmen gegenüber der taz
verteidigt. Man müsse Diebstähle verhindern, auch die Konkurrenz würde das
so handhaben.
Von Gewerkschaften wird Amazon seit Jahren dafür kritisiert, dass es zur
Weihnachtszeit Tausenden Hilfskräften Hoffnung auf eine Festanstellung
mache, von denen am Ende die wenigsten wirklich einen Job bekämen. Amazon
hatte angekündigt, Vorwürfe „in unseren Logistikzentren und im Umfeld“ zu
prüfen. Für eine Stellungnahme war am Wochenende niemand zu erreichen.
17 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.facebook.com/Amazon.de
[2] http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/ausgeliefert-l…
## AUTOREN
Johannes Gernert
Johannes Gernert
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