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# taz.de -- Ethisches Smartphone „Fairphone“: „Wir wollen die Industrie i…
> Smartphones werden mit Rohstoffen aus Kriegsgebieten und von
> ausgebeuteten Arbeitern hergestellt. Eine Initiative aus den Niederlanden
> will das ändern.
Bild: Egal von welchem Hersteller, keins dieser Smartphones ist ohne Krieg und …
AMSTERDAM taz | „De Waag“ oder zu deutsch „die Waage“, das alte Zollamt…
Amsterdam, ähnelt mit seinen sechs Türmen eher einer Ritterburg als einem
Forschungsinstitut. Doch der Eindruck täuscht. Hier bastelt die
gemeinnützige „Waag Society“ an dem ersten Smartphone der Welt, das frei
von Ausbeutung, Umweltsünden und ohne Verwicklung in Kriege ist.
Die beiden Entwickler Bas van Abel und Miquel Ballester Salva sind
sichtlich stolz auf die Arbeit des 6-köpfigen Teams. Ihr „Fairphone“ soll
ein Gerät der oberen Mittelklasse werden, wahrscheinlich Android-betrieben,
Preiskategorie: 250-300 Euro. „Technologisch bietet unser Gerät nichts
Neues. Wir beschäftigen uns mit dem Herstellungsprozess an sich. Das ist
unsere Innovation“, sagen Abel und Salva. Zielgruppe sind Gutverdienende,
die mit ihren Kaufentscheidungen anderen ein Vorbild sein wollen.
“Evangelisten des Markts“ nennt Abel sie.
Dass es viele Schwierigkeiten bei der Produktion von Smartphones gibt, ist
spätestens seit der Suizidwelle 2010 bei dem taiwanesischen Zulieferer
Foxconn bekannt, er mit fast allen Telefonherstellern zusammenarbeitet. Es
stellte sich heraus, dass beispielsweise Apple nur etwa ein Prozent des
iPhone-Preises in die Löhne der Monteure investierte. Trotz unmenschlicher
Überstunden hatten diese kaum genug zum Leben. Um eine Verbesserung dieser
Zustände wird bis heute gestritten.
In einem Handy werden außerdem etwa 30 Metalle verarbeitet, darunter Gold,
Zinn, Kupfer und Kobalt. Diese Rohstoffe werden größtenteils aus Afrika
importiert, vor allem aus dem Kongo. Dort hat der Abbau laut der
Entwicklungsorganisation „makeITfair“ schlimme Konsequenzen für Umwelt und
Bevölkerung: „Etwa ein Drittel der Minenarbeiter im Kongo sind Kinder und
Jugendliche. Die Arbeit ist sehr gefährlich, und die Familien berichten von
einer steigenden Anzahl an Todesfällen. Luft, Böden und Gewässer sind so
stark durch Giftstoffe belastet, dass viele Babys in der Region krank
geboren werden.“ Darüber hinaus werden gerade die Minen im Kongo oft von
Warlords kontrolliert. „MakeITfair“ schätzt daher die Wahrscheinlichkeit,
mit dem Kauf eines Smartphones indirekt den Bürgerkrieg zu finanzieren, auf
„quasi 99%“.
Auch dem Team von „Fairphone“ ist es nur teilweise gelungen, ein ethisches
Smartphone herzustellen. „Ein 100% faires Smartphone herzustellen ist
derzeit unmöglich“, räumen auch Abel und Salva ein. „Aber wir können
Transparenz schaffen und neue Allianzen schmieden.“ Sie nehmen zum Beispiel
an der von mehreren NGOs organisierten „Conflict-Free Tin Initiative“ teil,
die auch Philips und Motorola zu ihren Partnern zählt. Mit dem Zinn im
„Fairphone“ wird also kein Krieg finanziert. Aber damit ist erst eines von
30 Metallen abgedeckt.
## „Eine positive Geschichte“
Weitere Abstriche muss das Team beim Vertrieb machen. Um mehr Kunden
erreichen zu können, ist unter anderem eine Zusammenarbeit mit Vodafone
geplant. Die Firma ist weltweit zweitgrößter Anbieter und deutscher
Marktführer, aber weit davon entfernt, ethischen Ansprüchen zum Beispiel
bei der Transparenz zu genügen. Abel und Salva nehmen das in Kauf, um die
Reichweite des Konzerns zu nutzen - aber auch, weil sie ihm so einen
Denkanstoß geben möchten.
„Wir schaffen neue Strukturen für Produktion, Vertrieb und Recycling“, sagt
Abel. Und Salva ergänzt: „Wir hoffen, dass andere Unternehmen diese dann
ebenfalls nutzen.“ Ziel sei es, die Industrie zu inspirieren und zu
verändern. „Wir wollen, dass die Leute merken, was im Elektroniksektor
alles schief läuft. Aber dazu brauchen wir eine positive Geschichte, eine
Alternative“, sagt Salva.
Derzeit wird das Telefon aber noch entwickelt – bis voraussichtlich Juni.
Dann wird das „Fairphone“ im Internet auf einer Crowdfunding Seite
präsentiert. Interessierte können so die Produktion ihres Telefons vorab
finanzieren. Wenn alles gut geht, wird eine asiatische Fabrik dann zwei
Tage lang „Fairphones“ zusammenschrauben, unter kontrollierten Bedingungen
versteht sich. Im Herbst 2013 sollen die ersten 10.000 Geräte fertig zur
Lieferung sein. Es ist ein bescheidener Anfang.
13 Nov 2012
## AUTOREN
Anna Schwarz
## TAGS
Smartphone
Krieg
Ausbeutung
Kongo
Foxconn
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Niederlande
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Vodafone
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