| # taz.de -- Strommix und Elektromobilität: Elektroauto als Dreckschleuder | |
| > Norwegen und Estland haben in Europa den größten Anteil an Elektroautos. | |
| > Gut für die Umwelt ist das nur in einem der beiden Länder. Grund ist der | |
| > Strommix. | |
| Bild: In Norwegen sind nun 10.000 Elektroautos unterwegs, etwa 0,4 Prozent des … | |
| STOCKHOLM taz | Bei Elektroautos ist Norwegen klarer europäischer | |
| Spitzenreiter. Mit 4.350 Neuzulassungen im vergangenen Jahr liegt das Land | |
| auch in absoluten Zahlen deutlich vor Deutschland. Hierzulande wurden 2012 | |
| 2.956 Elektroautos neu zugelassen – obwohl hier 16mal mehr Menschen leben | |
| als in Norwegen. | |
| In dem skandinavischen Land sind nun 10.000 Elektroautos unterwegs, etwa | |
| 0,4 Prozent des gesamten Fahrzeugbestands. Bis 2016 soll dieser Anteil auf | |
| 2 Prozent steigen. Hinter Norwegen in relativen Zahlen an zweiter Stelle in | |
| Europa: Estland. Hier liegt der Elektroauto-Anteil am Gesamtfahrzeugbestand | |
| jetzt bei 0,1 Prozent. | |
| So ähnlich sich die Erfolgsgeschichte der Elektromobiliät in beiden Ländern | |
| liest, so unterschiedlich sind jedoch die Konsequenzen für die Umwelt: | |
| Während die Fahrzeuge in Norwegen helfen, den Ausstoß des Treibhausgases | |
| CO2 zu verringern, belasten sie das Klima in Estland sogar stärker als etwa | |
| ein deutscher Durchschnitts-Pkw mit Verbrennungsmotor. | |
| In beiden Ländern waren zwei Faktoren für den kleinen Boom verantwortlich. | |
| Zum einen gibt es dort ein relativ dichtes Netz an Ladestationen: Nach | |
| einem Wachstum von rund 20 Prozent in den letzten Jahren kommt Estland | |
| inzwischen auf rund 150, Norwegen sogar auf 3.700 öffentliche Steckdosen. | |
| Zum anderen tragen massive Subventionen dazu bei, die Fahrzeuge attraktiv | |
| zu machen. | |
| ## Massive Subventionen | |
| In Norwegen verzichtet der Staat sowohl auf die 25-prozentige | |
| Mehrwertsteuer als auch auf Zulassungsgebühren, Import- und Zollabgaben. | |
| Zunächst bis 2017 ist zudem freie Fahrt bei allen Mautstationen – die vor | |
| allem in Südnorwegen recht verbreitet sind – und freies Parken auf | |
| öffentlichen Parkplätzen garantiert. | |
| In Estland kann der Käufer eines Elektroautos bis zu 50 Prozent der | |
| Anschaffungskosten – maximal 18.000 Euro für das Fahrzeug – und 1.000 Euro | |
| für die Kosten einer häuslichen Ladestation vom Staat erhalten. Die | |
| Gemeinsamkeiten der beiden Spitzenländer hören jedoch auf, wenn man neben | |
| der lokalen Umwelteinwirkung auch den CO2-Ausstoß berücksichtigt, der bei | |
| der Produktion der Energie, also des jeweiligen nationalen Strommixes bei | |
| den Kraftwerken, anfällt. | |
| Die genutzten Quellen sind in diesen Ländern nämlich extrem | |
| unterschiedlich: Norwegen produziert fast 100 Prozent seines Stroms aus | |
| Wasserkraft. Estland dagegen gewinnt 90 Prozent aus der Verbrennung des im | |
| Ostteil des Landes in großen Tagebauen gewonnenen Ölschiefers. Dabei wird | |
| rund 60 Prozent mehr an Kohlendioxidäquivalenten freigesetzt als etwa beim | |
| Betrieb moderner Kohlekraftwerke. | |
| In ihrem letzten Jahresbericht errechnete die Internationale Energieagentur | |
| IEA wieviel CO2 bei der durchschnittlichen Elektrizitätsproduktion der | |
| einzelnen Länder für eine Kilowattstunde Strom freigesetzt wird. Diese | |
| Werte lassen sich etwa auf den Stromverbrauch des Elektroautos | |
| herunterbrechen, das 2012 in Europa am meisten verkauft wurde, der Nissan | |
| Leaf. | |
| ## 180 Gramm CO2 pro Kilometer | |
| Laut Hersteller braucht dieser 173 Watt pro Kilometer. Mit in Norwegen | |
| produziertem Strom setzt der Betrieb des Fahrzeugs dabei rechnerisch etwa | |
| ein Gramm CO2 frei. In Estland sind es dagegen 180 Gramm. Das sind sogar 40 | |
| Gramm mehr pro Kilometer als beim Schnitt der normalen deutschen | |
| PKW-Neuzulassungen 2012. Auch mit dem deutschen Strommix produziert die | |
| Fahrt mit dem Nissan Leaf übrigens schon 97 Gramm CO2 pro Kilometer. | |
| Der estnische EU-Verkehrskommissar Siim Kallas machte kürzlich hohe | |
| Anschaffungskosten, eine geringe Akzeptanz durch die Verbraucher und den | |
| Mangel an Ladestationen als Haupthindernisse dafür aus, dass sich eine | |
| umweltfreundlichere Fahrzeugflotte in Europa durchsetzt. In seiner Heimat – | |
| ähnlich schlechte CO2-Bilanzenweisen Polen und Griechenland auf – kommt ein | |
| viertes hinzu: der schmutzige Strom. | |
| 10 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
| Reinhard Wolff | |
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