| # taz.de -- Stillstand bei Elektroautos: Zu schwer und teuer für ein Auto | |
| > Bei den Elektroautos geht es kaum voran, weil geeignete Stromspeicher | |
| > fehlen. Zurzeit setzt die Industrie vor allem auf | |
| > Lithium-Ionen-Batterien. | |
| Bild: Strom zum Fahren muss oft nachgeladen werden: „Tank“zugang am Elektro… | |
| BERLIN taz | Eine Million 2020 ist das Ziel, 7.000 der Status quo Ende | |
| 2012. In puncto Elektroauto klaffen der Wunsch der Bundesregierung und die | |
| Realität auf der Straße weit auseinander. Nur zaghaft wagen sich die | |
| Hersteller in den Markt. Seit vergangener Woche etwa produziert Ford seinen | |
| Focus Elektric im saarländischen Saarlouis; wie viele des rein | |
| batteriebetriebenen Fahrzeuges der Autobauer in Europa verkaufen will, | |
| verrät er nicht. | |
| Die Stagnation hat zwei einfache Gründe: Preis und Leistung der Autos. Das | |
| Ford-Modell mit der Lithium-Batterie soll knapp 40.000 Euro kosten. Rund | |
| 160 Kilometer kann der Besitzer mit dem Elektromobil fahren, vorausgesetzt, | |
| er schaltet weder Radio noch Heizung ein. Dann endet die Fahrt noch früher. | |
| Keine Ford-spezifischen Themen seien das, sondern systembedingte: Batterien | |
| sind zu ineffizient und viel zu teuer. | |
| Offiziell hält die Bundesregierung an ihrem Ziel fest. Bis Jahresende | |
| werden, nach Auskunft des Bundesforschungsministeriums, Forschungs-, | |
| Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben in Höhe von 1,5 Milliarden Euro im | |
| Bereich der Elektromobilität gestartet sein. Wissenschaftler spotten, | |
| inzwischen mache jeder in Batterien. | |
| Lag die zuständige Elektrochemie seit den 70er Jahren brach, investieren | |
| Unis und Forschungsinstitute jetzt wieder in das Fach. Dabei läuft | |
| Grundlagen- neben anwendungsorientierter Forschung. Die einen wollen noch | |
| herausfinden, welche Prozesse in der Batterie ablaufen, wenn Metallionen, | |
| also elektrisch geladene Moleküle, ihre Ladung abgeben. Die anderen | |
| entwickeln schon billigere Herstellungsverfahren. | |
| Olaf Wollersheim vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) etwa. Mit | |
| den Wissenschaftlern der Projektgruppe „Competence E“, in der das KIT seine | |
| Forschung zur Energiespeicherung zusammengefasst hat, sucht er derzeit vor | |
| allem Wege, die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien billiger zu machen. | |
| Zwar sind die Betriebskosten von Elektrofahrzeugen viel geringer als von | |
| Pkws mit Verbrennungsmotoren – Strom ist billiger als Benzin und Diesel. | |
| Aber das lohnt sich nur, wenn das Fahrzeug viel im Einsatz ist. | |
| ## Günstige Betriebskosten | |
| „Deshalb kaufen zahlreiche Stadtwerke gerade Elektrobusse“, sagt | |
| Wollersheim, „die fahren den ganzen Tag, das rechnet sich.“ Ein privates | |
| Auto sei hingegen im Schnitt nur eine Stunde täglich unterwegs, die | |
| günstigen Betriebskosten rechtfertigen den hohen Kaufpreis nicht. | |
| Um ihn zu senken, müsse man vor allem an der Schraube der Produktionskosten | |
| drehen, sagt Wollersheim. Sie machen etwa zwei Drittel der Gesamtkosten | |
| aus; zudem lassen sich die Preise für Nickel, Kobalt und Lithium sowieso | |
| nicht beeinflussen. | |
| „Wir wollen die Produktionsverfahren und das Zelldesign vereinfachen, und | |
| wir suchen nach neuen Materialien“, sagt Wollersheim. So dauere es heute | |
| zum Teil tagelang, die Flüssigkeit in die Batterie zu füllen und sie | |
| gleichmäßig in ihr zu verteilen. „Wir entwickeln ein Verfahren, das das in | |
| Sekunden erlaubt“, sagt Projektleiter Wollersheim. Dabei sei man schon | |
| einigermaßen weit. | |
| Am Anfang steht die Suche nach neuen Methoden, um die Batteriezellen | |
| herzustellen. Die bestehen aus vielen Lagen aus Plus- und Minus-Elektroden, | |
| dazwischen Trennschichten. „Jede einzelne Lage muss ein Roboter mit hoher | |
| Präzision stapeln und falten“, so Wollersheim, „wir arbeiten daran, dass | |
| wir das Material einfach von einer Rolle abspulen können“. | |
| ## Antrieb am Rad | |
| Einen anderen Weg geht man am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt | |
| (DLR) in Köln. Dort haben die Forscher in dem Projekt FAIR versucht, den | |
| elektrischen Antrieb direkt an die Hinterreifen zu verlagern. Mit der | |
| Energie von Bremsvorgängen werden die in die Räder integrierten Batterien | |
| aufgeladen, ähnlich wie bei Zügen. | |
| Das DLR wollte damit das Elektroauto neu denken und sein grundlegendes | |
| Problem angehen: Batterien sind als Stromspeicher für Langstreckenfahrzeuge | |
| noch zu ineffizient. Das gilt auch für Lithium-Ionen-Batterien, die derzeit | |
| den Stand der Technik darstellen. | |
| Zwischen den beiden Batteriepolen wandern Lithium-Ionen und nehmen dabei | |
| Energie auf und geben sie wieder ab. Auch wenn die Atome des Lithiums die | |
| kleinsten der Metalle sind und somit viel Energie auf wenig Raum | |
| transportieren können: „Wir suchen nach Lösungen, um mit weniger Masse noch | |
| mehr Elektronen speichern zu können“, sagt Ulrich Wagner, Professor für | |
| Elektrotechnik und Vorstandsmitglied im DLR, „Sonst bleibt das Problem.“ | |
| ## Groß und schwer | |
| Weil es bislang nicht gelöst ist, sind die Batterien so groß und schwer. | |
| Moderne Lithium-Ionen-Batterien, die ein Fahrzeug antreiben können, wiegen | |
| schnell 800 Kilogramm, die 300-Kilo-Batterie von Ford ist also ein | |
| Leichtgewicht. | |
| Ob Lithium-Batterien aber letztlich die cleverste Lösung sein werden, ist | |
| offen. „Die Aktivitäten gehen in alle Richtungen“, sagt Timo Jacob, | |
| Professor für Elektrochemie an der Universität Ulm. | |
| Die hat zusammen mit dem KIT sowie dem Zentrum für Sonnenenergie- und | |
| Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) und dem DLR als assoziierte | |
| Partner das Helmholtz-Institut Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung | |
| gegründet. | |
| Hier wird nach Lösungen gesucht, um Batteriesysteme besser zu machen: Etwa | |
| den in der Regel flüssigen Elektrolyten durch einen festen zu ersetzen, um | |
| Haltbarkeit und Sicherheit zu verbessern oder interne Kurzschlüsse zu | |
| verhindern. Zukunftsmusik hingegen sind Lithium-Luft-Batterien, die eine | |
| deutlich höherer Energiedichte ermöglichen würden, doch wohl erst in 10 bis | |
| 20 Jahren Realität werden könnten. | |
| ## Alternativen suchen | |
| „Vielleicht sind aber auch Batterien auf Magnesium- oder Natriumbasis die | |
| Lösung“, sagt Jacob. „Mit diesen Ionensorten lassen sich aktuelle Probleme | |
| der Lithium-Batterien vermeiden, allerdings müssen hierfür noch geeignete | |
| Elektrolyte entwickelt werden“, so Jacob. | |
| Die Technologiepfade seien zum Teil völlig offen, sagt der Wissenschaftler. | |
| Die Aufmerksamkeit, die das Thema Batterie durch Politik und Industrie | |
| erfahre, sei Fluch und Segen zugleich. „Wir bekommen Mittel und | |
| Aufmerksamkeit“, so Jacob, „stehen aber zugleich unter enormen Druck, | |
| schnell anwendbare Ergebnisse zu liefern“. | |
| So weit sei man aber nicht. „Grundlagenforschung braucht Zeit, außer es | |
| finden sich zufällig Materialien mit geeigneten Eigenschaften, dann kann es | |
| ganz schnell gehen.“ | |
| 23 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Holdinghausen | |
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