# taz.de -- Social Banking: Vor allem glücklich | |
> Nicht nur für Weltverbesserer: Doch das Anlegen in ethisch-ökologische | |
> Projekte steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Nur das Social | |
> Banking ist gut aufgestellt. | |
Bild: Der Freiburger Öko-Vorzeige-Stadtteil Vauban. Bei der Bankwahl hört abe… | |
BERLIN taz | Mit Geld kann man alles Mögliche machen: es ausgeben, sparen – | |
oder die Welt retten. Und wir haben in Deutschland mit Letzterem schon gute | |
Erfahrungen gemacht. So wäre die Energiewende ohne die privaten Investoren, | |
die in den 1990er Jahren Anteile an Windfonds kauften und so die Branche | |
mitbegründeten, heute längst nicht so weit. | |
Trotzdem tut man sich in Deutschland mit nachhaltigen Geldanlagen immer | |
noch schwer. Verschiedenen Schätzungen zufolge haben private Anleger nur | |
zwischen 0,7 und 2 Prozent ihres Vermögens nach ethisch-ökologischen | |
Kriterien investiert. In Frankreich etwa ist der Anteil bis zu 20-mal | |
höher. | |
Es liegt deshalb nur begrenzt an den Weltverbesserern, dass inzwischen | |
große Summen in Firmen und Projekte fließen, die sich ethisch-ökologischen | |
und sozialen Grundsätzen verschrieben haben – beispielsweise keine | |
Kinderarbeit bei ihren Zulieferern dulden, keine Waffen herstellen und | |
nichts mit Gentechnik und Atomkraft zu tun haben. | |
Nach Zahlen des Nachhaltigkeitsforums Eurosif, in dem sich Investoren und | |
Verbraucherschützer zusammengeschlossen haben, wurden im Jahr 2010 | |
europaweit mehr als 5 Billionen Euro nach diesen Kriterien investiert, das | |
waren 2,2 Billionen Euro mehr als 2008. Seither hat sich der Trend noch | |
verstärkt. Wer steckt sein Geld in diese nachhaltigen Unternehmungen? Es | |
sind vor allem Rentenfonds, Stiftungen, Versicherer und andere | |
institutionelle Investoren. Sie teilen sich mehr als 70 Prozent dieses | |
Marktes. | |
## Nachhaltig investieren bringt gute Renditen | |
Ihre Motive sind vor allem ökonomisch: Wer das Risiko von | |
Offshore-Ölbohrungen kennt, legt Geld, das er wiedersehen will, nicht in | |
BP-Aktien an. Anders formuliert: „Eine wachsende Zahl von Investoren nutzt | |
Nachhaltigkeitsratings als (zusätzlichen) Risikoindikator“, heißt es bei | |
der Ratingagentur Oekom Research, die sich auf ethische Geldanlagen | |
spezialisiert hat. | |
Der zweite Grund: Institutionelle Anleger sind in manchen Ländern per | |
Gesetz dazu verpflichtet. In Frankreich etwa müssen Betriebsrentenkassen | |
einen Teil in ethisch-ökologische Projekte investieren. Vermögensverwalter | |
müssen dokumentieren, dass und wie sie solche Kriterien berücksichtigen. | |
Kleinanleger hingegen reagieren verunsichert auf die vielen neuen | |
Finanzprodukte, die im nachhaltigen Sektor angeboten werden. Geld nach | |
ethisch-ökologischen Kriterien anzulegen, heißt ja noch lange nicht, dass | |
es unbedingt sicher ist – auch wenn Experten von Oekom Research | |
ausgerechnet haben, dass die Rendite zwischen 2004 und 2012 im Schnitt 15 | |
Prozent höher war als die Werte, die der Weltaktienindex MSCI von Morgan | |
Stanley ermittelte. | |
Aber auch bei den nachhaltigen Produkten gibt es alle möglichen Formen und | |
Angebote: sichere Sparbriefe, Sparkonten, Festgelder, Kommunalanleihen oder | |
Kapitallebensversicherungen, aber auch deutlich riskantere Fondsanteile | |
oder Aktien. Gerade in der Windbranche hat sich gezeigt, dass neue | |
Industriezweige auch Risiken bergen. Aktien von Firmen, die nach geglücktem | |
Aufbau an die Börse gingen, stiegen oft zu Beginn steil an, fielen dann ab. | |
Wer zu spät verkaufte, schrieb Verluste. | |
Hinzu kommen die schwarzen Schafe: Der schleswig-holsteinische Konzern | |
Prokon etwa soll laut einem Gerichtsurteil von 2011 ein rechtswidriges | |
Anlagemodell betrieben haben, die Cuxhavener Umwelt Management AG wurde im | |
gleichen Jahr verurteilt, weil sie falsche Angaben in ihrem Prospekt | |
gemacht hatte. Der Branchendienst Ecoreporter hat deshalb auf seiner | |
Webseite eine „Wachhundrubrik“ eingerichtet. Dass der Windanlagenentwickler | |
Himmelreich derzeit unter dem Verdacht steht, seine Bilanzen manipuliert zu | |
haben, findet man dort genauso wie ökonomische Schieflagen bei anderen | |
Unternehmen. | |
Weltverbesserer stehen überdies vor dem Problem, dass „Nachhaltigkeit“ ganz | |
unterschiedlich definiert wird: Manchmal zählen dazu schon Firmen, die | |
einfach nur besser abschneiden als die Konkurrenz. Die Statistik von | |
Eurosif etwa berücksichtigt auch Unternehmen, die nur einem der oben | |
genannten Kriterien entsprechen. | |
Hier will das Forum Nachhaltige Geldanlagen – in dem sich Banken, | |
Versicherungen, Stiftungen und NGOs zusammengetan haben – Definitionen | |
liefern und Orientierung geben. In der Diskussion ist etwa ein gemeinsames | |
Gütesiegel, nachdem sich bisherige Zertifizierungen, etwa durch den TÜV, | |
als strittig erwiesen haben. | |
Transparenter läuft das Geschäft bei den Social Banks, Banken, die sich | |
selbst konsequent nach ethisch-ökologischen Grundsätzen ausrichten. | |
Mitarbeiter der Ethikbank in Eisenberg, die Ökokredite anbietet, mussten | |
sich intensiv in das Thema energetische Gebäudesanierung einarbeiten, | |
berichtet Sylke Schröder, Vorstand und Mitbegründerin der Bank. „Wenn wir | |
die richtigen Projekte fördern wollen, müssen wir selbst wissen: Welches | |
Material darf man zum Dämmen benutzen? Und wer liefert uns dafür die | |
richtige Expertise?“ | |
## Kunden wichtiger als Gewinn | |
Social Banks sind in Deutschland im internationalen Vergleich gut | |
vertreten. Die GLS-Bank, Umweltbank, Ethikbank und einige kleinere | |
kirchliche Geldinstituten zählen dazu. Den Weltverband der | |
Nachhaltigkeitsbanken GABV, in dem 22 Geldhäuser organisiert sind, hat die | |
GLS-Bank 2009 mitbegründet. | |
Seine Mitglieder versammeln sich an diesem Donnerstag und Freitag in Berlin | |
zu ihrem fünften Jahrestreffen. Ihr Ziel: „Weltweit bis 2020 eine Milliarde | |
Menschen mit Social Banking in Berührung zu bringen“, sagt Werner Landwehr, | |
Leiter der Berliner GLS-Bankniederlassung. | |
Das wird nicht leicht sein: Trotz zuletzt zweistelliger Wachstumsraten | |
haben GLS-, Umwelt- und Ethikbank bislang insgesamt erst gut 256.000 | |
Kunden. Nur zum Vergleich: Die Deutsche Bank führt mehr als 14 Millionen | |
Konten – viele davon allerdings von Vermögensverwaltern. Die drei Social | |
Banks richten ihr Geschäft am Nutzen „für den Menschen und den Planeten“ | |
aus. | |
Sie konzentrieren sich auf die Realwirtschaft. Bei der GLS-Bank können | |
Kunden festlegen, was mit ihrem Geld gefördert werden soll – Windparks, | |
Biolandwirtschaft oder auch Mikrokredite in Deutschland oder weltweit. Die | |
Ethikbank konzentriert sich auf Kleinkredite für ökologische und soziale | |
Projekte wie die Gebäudesanierung, die Umweltbank auf Umweltinvestitionen. | |
Unternehmen, die Waffen herstellen, mit Gentechnik zu tun haben oder gegen | |
Menschenrechte verstoßen, sind für alle tabu, ebenso riskante und vor allem | |
unverständliche Finanzprodukte. | |
Im Konkreten unterscheiden sie sich: Branchenführer GLS bietet zusammen mit | |
dem Entwicklungsfinanzierer Oikocredit ein Konto an, mit dem auch | |
Mikrokredite in Entwicklungsländern unterstützt werden. Abgesichert wird | |
dieses durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, mit der die Ethikbank aber | |
nicht zusammenarbeiten will, weil sie auch umstrittene Staudamm- und | |
Atomprojekte fördert. Dafür arbeitet die Ethikbank mit einigen | |
DAX-Konzernen zusammen, die bei der GLS-Bank verpönt sind. | |
13 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Beate Willms | |
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