# taz.de -- UN-Bericht zur Entwicklung: Die Welt wird besser | |
> In den ehemaligen Entwicklungsländern entsteht eine riesige neue | |
> Mittelschicht, sagt ein UN-Bericht. Die soziale Ungleichheit sei stark | |
> zurückgegangen. | |
Bild: Im Süden wächst die Mittelschicht | |
BERLIN taz | Die überraschendste Feststellung des neuen „Berichts zur | |
menschlichen Entwicklung 2013“ des UN-Entwicklungsprogramms UNDP steht | |
gleich am Anfang: In keinem Land, für das Daten vorliegen, ist die | |
Lebensqualität 2012 geringer als 2000. Die Welt wird immer besser – das ist | |
die eine wichtige Erkenntnis des Berichts, der diese Woche veröffentlicht | |
wurde und den Titel „[1][Der Aufstieg des Südens]“ trägt. Dieser Titel | |
verkündet die andere wichtige Erkenntnis – die unaufhaltsame | |
Marginalisierung des „reichen Nordens“. | |
Im Jahr 2020, so die UN-Prognose, werden China, Indien und Brasilien | |
zusammengenommen eine größere Wirtschaftsleistung erbringen als die USA, | |
Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Im Jahr 2050 | |
dürften diese drei großen Schwellenländer sogar die Hälfte der | |
Weltwirtschaft ausmachen. Der Anteil der sogenannten Entwicklungsländer an | |
der Weltwirtschaft ist zwischen 1980 und 2011 bereits von 33 auf 45 Prozent | |
gestiegen. | |
Das rapide Wachstum des „Südens“ findet seinen Ausdruck in der Ausdehnung | |
einer neuen Mittelschicht, die Warenströme und Konsumgewohnheiten | |
umkrempelt. Bis zum Jahr 2025 wird es auf der Welt eine Milliarde Haushalte | |
mit einem Jahreseinkommen von über 20.000 US-Dollar geben – und zwar drei | |
Fünftel davon in Ländern des Südens. Bis 2030 werden sogar vier Fünftel der | |
„globalen Mittelschicht“ im Süden leben. | |
Das UN-Millenniumsziel aus dem Jahr 2000, den Anteil der Armen an der | |
Weltbevölkerung bis 2015 zu halbieren, ist drei Jahre vor Ablauf der Frist | |
schon erreicht worden, sagt UNDP. 1990 lebten 43 Prozent der Bevölkerung in | |
den sogenannten Entwicklungsländern in absoluter Armut, 2008 waren es noch | |
22,4. In Brasilien sank der Anteil in diesem Zeitraum von 17 auf 6 Prozent, | |
in China von 60 auf 13, in Indien von 49 auf 33 Prozent. | |
## Ungleichheit geht zurück | |
Noch nie gingen so viele Kinder zur Schule; noch nie hatten so viele | |
Menschen Anschluss an moderne Kommunikationstechnologien. Die soziale | |
Ungleichheit in Bildung und Gesundheit sei stark zurückgegangen, auch dort, | |
wo Einkommensunterschiede nach wie vor groß sind. | |
„Diese Trends führen zu einer besser ausbalancierten Welt“, lobt UNDP. | |
Schon jetzt befinden sich von den 500 größten Unternehmen der Welt mehr als | |
ein Fünftel in den Ländern des Südens. „Viel von dieser Expansion wird | |
durch neue Handels- und Technologiepartnerschaften innerhalb des Südens | |
vorangetrieben“, bilanziert UNDP. Der Außenhandel zwischen Ländern des | |
Südens machte 2011 über ein Viertel des gesamten Welthandels aus, 1980 | |
waren es nur 8 Prozent. Chinas Handel mit Afrika stieg zwischen 1992 und | |
2011 von 1 auf 140 Milliarden Dollar. Die Hälfte aller | |
Auslandsinvestitionen weltweit fließt in Entwicklungsländer. | |
Was ist das neue Erfolgsgeheimnis der neuen Boomländer? Der UNDP-Bericht | |
nennt mehrere Faktoren: „ein starker, aktiver Staat“, „aus den globalen | |
Märkten schöpfen“ und „zielstrebige sozialpolitische Innovation“. Auße… | |
schließt UNDP aus seinen Daten eine deutliche positive Korrelation zwischen | |
Exporteinnahmen und menschlicher Entwicklung. Fortschritte in Bildung und | |
Gesundheit schlügen sich nach einigen Jahren in erhöhten Investitionen | |
nieder. | |
Die Liste der Länder, in denen der Index der menschlichen Entwicklung – der | |
sich aus Indikatoren der Lebensqualität zusammensetzt und von 0 bis 1 | |
reicht – zwischen 2000 und 2012 am stärksten gestiegen ist, liest sich wie | |
eine Liste vergangener Krisengebiete: Osttimor (plus 0,158), Afghanistan | |
(plus 0,138), Angola (plus 0,133), Äthiopien (plus 0,121), Ruanda (plus | |
0,120). | |
Die Liste der Länder mit den geringsten Verbesserungen könnte auf kommende | |
soziale Brennpunkte hindeuten: Südafrika (plus 0,007) und Kuwait (plus | |
0,009), gefolgt von Schweden und Belgien. Absolute Schlusslichter im Index | |
bleiben Niger und die Demokratische Republik Kongo. Ganz oben stehen | |
Norwegen und Australien. Deutschland ist unverändert auf Platz 5. | |
15 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.undp.org/content/undp/en/home/librarypage/hdr/human-development-… | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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