# taz.de -- Oppositionsführer über Angola: „Unser Volk darf nicht weiter le… | |
> Oppositionsführer Isaías Samakuva von der ehemaligen | |
> Unita-Rebellenbewegung über das wachsende Konfliktpotential in einem der | |
> reichsten Ölländer Afrikas. | |
Bild: Wasserversorgung in einem Randbezirk der angolanischen Hauptstadt Luanda. | |
taz: Angola ist einer der wichtigsten Ölproduzenten Afrikas und verdient | |
daran Milliarden, aber Sie sagen, das Land ist ein Pulverfass. Wieso? | |
Isaías Samakuva: Weil die Lage so angespannt ist, dass das Volk massiv auf | |
die Straße gehen könnte. Die Menschen haben kein fließendes Wasser; sie | |
müssen Trinkwasser für viel Geld an Wasserstellen kaufen, die Generälen und | |
Ministern gehören. Die Krankenhäuser, die funktionieren, gehören | |
Regierungsmitgliedern und sind sehr teuer. Die Arbeitslosigkeit ist sehr | |
hoch, und zugleich sehen die Menschen Chinesen, Portugiesen und | |
Brasilianer, die ins Land kommen, um zu arbeiten. | |
Welche Anzeichen sehen Sie, dass das Land deswegen explodieren könnte? | |
Wir sprechen mit den Menschen. Wir sind präsent in den Slums von Luanda. | |
Leute kommen zu uns und wollen, dass wir Demonstrationen organisieren. Es | |
sind wir, die Unita, die für Zurückhaltung sorgt. Das erzeugt uns selbst | |
Probleme, weil die Leute sagen: Die Unita hat Angst, sie will nichts für | |
das Volk tun. Aber wir sagen: Angola ist erst vor kurzem aus einem | |
Bürgerkrieg hervorgekommen, wir müssen vorsichtig sein, denn das Interesse | |
des Landes besteht darin, Frieden zu wahren. | |
Es gibt neue Korruptionsanschuldigungen gegen die Regierung. Wie wichtig | |
ist das? | |
Sehr wichtig, denn Angola ist ein reiches Land und der Reichtum befindet | |
sich in den Händen von zwei oder drei Familien. Angola hat jetzt einen | |
„Souveränen Vermögensfonds“, der die Öleinnahmen verwaltet, aber niemand | |
weiß wie viel Geld da drin ist und was damit geschieht. Der Präsident hat | |
seinen Sohn zum Leiter dieses Fonds ernannt. Solche Dinge sind | |
inakzeptabel. | |
Der Fonds investiert im Ausland und kauft Unternehmensanteile. | |
Aber niemand weiß, ob diese Anteile Angola gehören oder den Privatpersonen, | |
die Angola regieren. Wir werden dies im Parlament ansprechen. Das | |
angolanische Volk muss erfahren. wie viel Geld in diesem Fonds liegt, wie | |
es verwaltet wird und wer es kontrolliert. In London habe ich erfahren, | |
dass für die Parlamentsabgeordneten Jaguar-Autos für je 60.000 Dollar | |
gekauft wurden. Die Regierung hat dafür aber 200.000 pro Auto angegeben. Wo | |
ist die Differenz? | |
Sie wollen das im Parlament ansprechen, aber im Parlament hält die | |
Opposition 46 von 221 Sitzen und Sie beklagen auch, dass die | |
Regierungspartei die Tagesordnung des Parlaments kontrolliert. Wird das | |
also klappen? | |
Als unser Fraktionschef zuletzt vor einigen Wochen im Parlament sprechen | |
wollte und der Parlamentspräsident das verhinderte, verließ er den Saal und | |
hielt im Flur eine Pressekonferenz. Wenn wir also im Parlament nicht | |
debattieren können, finden wir einen anderen Weg. | |
Welchen? | |
Wir werden das Problem mit den internationalen Institutionen besprechen. | |
Angola ist ein souveräner Staat. Die UNO oder die Weltbank können also | |
nicht viel tun, damit das Land besser regiert wird. | |
Das ist doch das Problem. Bei Ländern wie Tschad oder Guinea können | |
Weltbank und IWF sehr wohl Druck ausüben, aber bei Angola halten sie still. | |
Unser Volk darf aber nicht weiter leiden, bloß weil Angola so reich ist. | |
8 May 2013 | |
## AUTOREN | |
François Misser | |
## TAGS | |
Angola | |
Ölförderung | |
Weltbank | |
Angola | |
Entwicklung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vor der Wahl in Angola: Kreml-Astrologie in tropischer Nacht | |
Nach 38 Jahren im Amt will Präsident Eduardo dos Santos dieses Jahr die | |
Macht abgeben. Die Opposition erhofft sich einen Wahlsieg. | |
UN-Bericht zur Entwicklung: Die Welt wird besser | |
In den ehemaligen Entwicklungsländern entsteht eine riesige neue | |
Mittelschicht, sagt ein UN-Bericht. Die soziale Ungleichheit sei stark | |
zurückgegangen. | |
Parlamentswahlen in Angola: Zweiter Sieger gesucht | |
Bei den zweiten Wahlen seit Kriegsende gilt der Sieg der regierenden MPLA | |
als sicher. Dennoch fordern Proteste der Jugend die alte Elite immer | |
stärker heraus. | |
Musiker aus Angola über Wahlen: „Die Geheimpolizei war überall“ | |
In Angola ist kein Wahlkampf, es herrscht Terror, sagt Luaty Beirão. Der | |
Musiker der Band „Batida“ über den Widerstand seiner Generation und die | |
Angst vor Übergriffen. | |
Kongolesinnen in Angola: Gruppenvergewaltigung im Gefängnis | |
Human Rights Watch dokumentiert die Horrorerlebnisse kongolesischer | |
Migrantinnen in angolanischer Abschiebehaft. Die Massenabschiebungen gehen | |
weiter. |