# taz.de -- Kongolesinnen in Angola: Gruppenvergewaltigung im Gefängnis | |
> Human Rights Watch dokumentiert die Horrorerlebnisse kongolesischer | |
> Migrantinnen in angolanischer Abschiebehaft. Die Massenabschiebungen | |
> gehen weiter. | |
Bild: Kongolesischen Frauen, die nach Angola gehen, droht eine brutale Abschieb… | |
JOHANNESBURG taz | In überfüllten Gefängniszellen in Angola erdulden Frauen | |
und Mädchen täglich Massenvergewaltigungen, Folter und Schläge. Es sind | |
kongolesische Migrantinnen, die dort nach brutalen Verhaftungen auf ihre | |
Abschiebung warten. | |
Sie nehmen die Misshandlungen durch angolanische Polizisten und Soldaten | |
hin, weil es ihnen schlecht geht: aus Angst vor Hunger oder Tod. Ein am | |
Montag veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights | |
Watch prangert diese Verbrechen an und fordert die Verfolgung der Täter | |
nach dem Völkerrecht. | |
„Wir waren 57 Frauen und zehn Kinder in einer Zelle“, zitiert der Bericht | |
eine ehemalige Insassin des Gefängnisses Condueji in Dundo. „Die ganze Zeit | |
kamen Männer, Tag und Nacht wollten sie Sex mit den Frauen. Sie kamen in | |
Gruppen, zu dritt oder viert. Sie haben einige Frauen vergewaltigt. All das | |
ist in der gleichen Zelle passiert. Die Kinder haben alles gesehen und viel | |
geweint. Ich habe mich geweigert und einer hat mir in den Bauch getreten.“ | |
Die Erlebnisse der überlebenden Frauen ähneln sich, immer ist von Gewalt, | |
Folter und unmenschlicher Behandlung bei Razzien, während des Transports | |
und in Haft die Rede. Schläge und Folter werden angedroht und im Austausch | |
für Sex Nahrungsmittel angeboten. | |
Hunderttausende Kongolesen leben in Angola, zumeist in den | |
Diamantengebieten im Nordosten des Landes, wo die Grenze zum Kongo kaum | |
oder gar nicht markiert ist; sie sind meistens illegal aus dem Nachbarland | |
gekommen, um in den reichen Diamantenfeldern der Provinz Lunda Norte zu | |
arbeiten oder als Händlerinnen Geld zu verdienen. Auch in anderen | |
Landesgebieten und in der Exklave Cabinda leben zahlreiche Angehörige von | |
Volksgruppen, die es sowohl in Angola als auch im Kongo gibt. Regelmäßig | |
unternehmen die angolanischen Behörden Razzien und Massenausweisungen. Die | |
Opfer werden oft willkürlich verhaftet, ohne Haftbefehl. | |
## Drei Frauen in einem Monat gestorben | |
Human Rights Watch hat mehr als 100 Zeugen befragt, die in den Jahren 2009 | |
bis 2011 misshandelt wurden. Es ist nicht vorbei: Allein in den ersten zwei | |
Märzwochen dieses Jahres wurden 5.000 Migranten aus Cabinda abgeschoben. | |
Drei Frauen kamen dabei ums Leben – sie sind vermutlich in einer | |
überfüllten Zelle erstickt, berichtet die Menschenrechtsorganisation. Zur | |
Rechenschaft gezogen wurde niemand. | |
„Angola darf irreguläre Migranten abschieben. Aber das rechtfertigt nicht, | |
ihre grundlegenden Rechte zu verletzen“, sagt Leslie Lefkow, | |
stellvertretende Leiterin der Afrika-Abteilung von HRW. Ohne | |
strafrechtliche Verfolgung könne niemand garantieren, dass die | |
Misshandlungen aufhören. | |
Die angolanische Regierung hat die Vorwürfe von schwerer Folter und Gewalt | |
in den vergangenen Jahren immer wieder geleugnet. Die Problematik ist nicht | |
neu: Bereits seit 2003 schiebt Angola illegale Einwanderer massenhaft ab. | |
Die Regierung von Präsident Eduardo Dos Santos hatte im vergangenen Jahr | |
zugesagt, bei Abschiebungen die internationalen Verpflichtungen nach dem | |
Völkerrecht einzuhalten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Laut UN sind | |
allein im Vorjahr 100.000 Migranten abgeschoben worden. | |
Der Zustrom aus dem armen Kongo ins vergleichsweise reiche Angola wird | |
nicht abreißen. Doch Arme in Angola profitieren nicht vom Diamanten- und | |
Ölreichtum des Landes. Die autokratische Regierung bekämpft die weit | |
verbreitete Korruption und Misswirtschaft kaum. Obwohl das | |
Bruttoinlandsprodukt innerhalb der vergangenen sieben Jahre um über 400 | |
Prozent gewachsen ist, haben sich die Lebensbedingungen für die meisten | |
Angolaner kaum verbessert. | |
21 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
## TAGS | |
Sexualisierte Gewalt | |
Angola | |
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