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# taz.de -- Neue Kriegspartei in Ostkongo: Das Misstrauen ist grenzenlos
> Die Kriegssituation im Ostkongo wird immer unübersichtlicher. Die neue
> Rebellenarmee M23 weist Vorwürfe zurück, sie erhalte aus Ruanda
> Unterstützung.
Bild: UN-Blauheleme patroullieren im Osten des Kongo – tun können sie nichts.
BERLIN taz | Die Vorwürfe, die Human Rights Watch (HRW) erhebt, sind
detailliert und schwerwiegend. Ruanda unterstütze die neue Rebellenarmee
M23 im Osten der Demokratischen Republik Kongo mit „Rekruten, Waffen und
Munition“, so die Menschenrechtsorganisation Anfang dieser Woche. Einige
der „schätzungsweise 200 bis 300“ Kämpfer, die ruandische Offiziere der
Rebellenbewegung im Ostkongo zur Verfügung gestellt haben, seien
zwangsrekrutiert worden.
Ehemalige M23-Kämpfer, die die Rebellion wieder verlassen und in der
Provinzhauptstadt Goma befragt werden konnten, sollen ausgesagt haben, man
habe sie im grenznahen Nordwesten Ruandas von Märkten und Straßen
weggeholt, im Militärlager Kinigi mit militärischer Ausrüstung beladen und
sie dann in die Berge hoch marschieren lassen, bis sie an der
kongolesischen Grenze der M23 übergeben wurden.
Die Rebellenarmee M23 gibt es erst seit rund einem Monat. Sie entstand
Anfang Mai, nachdem wichtige Generäle der 2009 in Kongos Armee integrierten
Tutsi-geführten Rebellenarmee CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des
Volkes) die Armee verließen und in den Busch gingen. Dies folgte auf eine
Drohung von Kongos Präsident Joseph Kabila, den ehemaligen CNDP-General
Bosco Ntaganda zu verhaften. Die M23 sagt, sie habe mit Ntaganda nichts zu
tun.
Aber sie hat einige der erfahrensten Offiziere des Ostkongo zusammengeführt
samt ihren Waffenbeständen. Sie kontrollieren zwar nur eine kleine Region
unterhalb der Vulkankette, die Ruanda vom Kongo trennt, halten aber alles
in Schach, was Kongos Regierung ihnen entgegenstellt, zuletzt bei Kämpfen
während eines Besuchs von Premier Matata Ponyo im Kriegsgebiet am
Donnerstag. Und weil Kongos Armee immer neue Einheiten aus anderen Gebieten
gegen die Rebellen zusammenzieht, breiten sich anderswo irreguläre Milizen
aus, teils in einer Allianz mit der M23.
## Human Rights Watch werde manipuliert
Allmählich entgleiten so große Gebiete Ostkongos der Regierungskontrolle.
Hunderttausende von Menschen sind auf der Flucht und ärgern sich über beide
Kriegsparteien. „Ihr bringt uns den Tod!“, riefen demonstrierende
Flüchtlingsfrauen in der Stadt Bunagana am Donnerstag, als Premier Matata
Ponyo kam.
Ruanda weist den Vorwurf, die M23 zu unterstützen, scharf zurück, ebenso
die Rebellen selbst. „Die Regierungstruppen [des Kongo] führen ihre
Niederlagen immer darauf zurück, dass Ruandas Armee ihre Gegner
unterstützt“, erklärte die M23 am Donnerstag. Man habe keine „Rekruten“,
denn damit könne man keinen Krieg gewinnen. „Die Regierungsarmee ist unsere
einzige Quelle von Männern und Rüstungsmaterial.“ HRW werde entweder
„manipuliert“ oder habe „elementare Fehler“ begangen.
Hinter diesem Streit steckt nicht nur Irritation über eine unbequeme
Menschenrechtsorganisation. Es geht um die international wachsende Sorge,
dass aus dem Konflikt im Ostkongo ein regionaler Krieg werden könnte,
sollte sich herausstellen, dass Ruanda die Rebellen wirklich militärisch
unterstützt.
Aus Kreisen, die der M23 nahestehen, gibt es jetzt Vorwürfe, Kabila habe um
Militärhilfe in Angola und Simbabwe nachgesucht. Angola habe das abgelehnt,
solange nicht Ruanda auf der Gegenseite kämpfe. Truppen aus Simbabwe seien
aber entsandt worden, behauptete eine M23-nahe Webseite ohne Beweise.
Insgesamt ist zu beobachten, dass alle Seiten jetzt wieder in den alten
Freund-Feind-Kategorien aus der Zeit der Kongokriege von 1998 bis 2003
denken, als das Land zwischen einer von Angola und Simbabwe unterstützten
Regierung im Westen und von Ruanda und Uganda unterstützten Rebellen im
Osten geteilt war.
8 Jun 2012
## AUTOREN
Dominic Johnson
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