# taz.de -- Parlamentswahlen in Angola: Zweiter Sieger gesucht | |
> Bei den zweiten Wahlen seit Kriegsende gilt der Sieg der regierenden MPLA | |
> als sicher. Dennoch fordern Proteste der Jugend die alte Elite immer | |
> stärker heraus. | |
Bild: Mehr Auswahl als bei den Wahlen: Lebensmittelstand in Angolas Hauptstadt … | |
JOHANNESBURG taz | Das angolanische Volk hegt kaum Illusionen: Die | |
Parlamentswahlen am Freitag werden wenig Veränderung bringen, denn der | |
Staatsapparat von Präsident José Eduardo dos Santos hält die Macht über den | |
reichen Ölstaat seit 33 Jahren fest in den Händen. Aber die | |
gesellschaftliche Dynamik hat sich gewandelt: Demonstrationen der Jugend | |
zeigen, dass eine friedliche Protestkultur gegen soziale Ungerechtigkeit | |
wächst. | |
Es sind erst Angolas zweite allgemeine Wahlen seit Ende des 27-jährigen | |
Bürgerkrieges zwischen der ehemals kommunistischen Regierungspartei MPLA | |
(Angolanische Volksbefreiungsbewegung) und der einstigen Rebellenbewegung | |
Unita (Nationalunion für die totale Unabhängigkeit Angolas) 2002. | |
Die Wahlen 2008 brachten der MPLA 82 Prozent. Oppositionelle sprachen von | |
massivem Wahlbetrug. Auch bei diesen Wahlen gehen sie von Manipulation aus. | |
„Durch die Proteste und die starke Einschüchterung der Regierung herrscht | |
ein Klima der Angst in den Städten“, sagt Lisa Riml von der | |
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. | |
Diese Parlamentswahl ist auch eine indirekte Präsidentschaftswahl, denn | |
seit einer umstrittenen Verfassungsänderung im Jahr 2010 ist die Direktwahl | |
des Staatschefs in Angola abgeschafft, obwohl er alle Macht ausübt. | |
Stattdessen wird der Führer der Gewinnerpartei im Parlament automatisch | |
Präsident. Der 70-jährige Dos Santos, der sich zuletzt im Jahr 1992 zu | |
Bürgerkriegszeiten wählen ließ, braucht sich also gar nicht mehr selbst den | |
Wählern zu stellen. | |
Immerhin erlebt Angola seit rund zehn Jahren einen Wirtschaftsboom dank des | |
Ölreichtums. Der Bürgerkrieg mit über einer halben Million Toten hatte | |
Angola in den Ruin gestürzt. Seit Friedensschluss fließen enorme Profite | |
aus den Geschäften mit westlichen Ölfirmen in die Taschen der politischen | |
Elite. Aber die Mehrheit der 18 Millionen Angolaner lebt weiter in bitterer | |
Armut. | |
## Nur ein Drittel der Parteien zugelassen | |
„Die Jugend Angolas hat viel zu verlieren: ihre ganze Zukunft“, sagt der | |
angolanische Exiloppositionelle Emanuel Matondo. „Es kann sich nur etwas | |
ändern, wenn wir den Arabischen Frühling ins Land holen.“ Jede Woche finden | |
Jugenddemonstrationen statt, aber es fehlt noch an Koordination und | |
Mitteln, sagt Matondo. | |
Er steht dem Bloco Democratico in Angola nahe, einer neuen Partei des | |
einflussreichen Intellektuellen und ehemaligen MPLA-Mitglieds Justino Pinto | |
de Andrade. Von den Wahlen wurde die neue Formation ausgeschlossen. Das | |
Verfassungsgericht ließ nur 9 der 27 Parteien und Gruppierungen zu, die bei | |
den Wahlen antreten wollten. | |
Auch die Partido Popular des angesehenen Anwalts David Mendes darf nicht | |
antreten. Die CASA-CE (Convergencia Ampla de Salvação de Angola) des | |
ehemaligen Unita-Außensprechers Abel Chivukuvuku hingegen könnte Angolas | |
politische Szene aufmischen. Der charismatische Chivukuvuku will mit seiner | |
Koalition von früheren Mitgliedern des Demokratischen Blocks und anderer in | |
der Zivilgesellschaft verankerten Parteien die Dominanz der MPLA | |
beschneiden. | |
„Die Parteienlandschaft ist aufgebrochen, und es finden Verschiebungen | |
statt“, analysiert Matondo. Er ist sich sicher, dass der MPLA-Wahlsieg | |
dennoch bereits feststeht. | |
31 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
## TAGS | |
Angola | |
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