# taz.de -- Liebeserklärung ans Zeitungssterben: Solang es Missstände gibt | |
> Die Medienkrise wirbelt alles auf und Journalisten müssen sich wieder in | |
> die Welt begeben. Räumt eure Schreibtische! | |
Bild: Räumt eure Schreibtische! Geht auf die Straße! | |
Es gibt die Schönheit der Medienkrise, das Gute am Zeitungssterben. Es ist, | |
als reiße jemand das Fenster auf: Manuskripte wirbeln auf, Frühlingsluft im | |
Flur, die Wehrlosigkeit gegenüber dem Neuen. | |
Es gibt einen Sinn in diesem Absturz: Journalisten, deren Aufgabe es ist, | |
sich in die Welt zu begeben, müssen sich in die Welt begeben. Alles neu. | |
Räumt eure Schreibtische. Geht auf die Straße, da ist das Leben, das wir | |
kennen müssen, wenn wir schreiben. Es ist nicht so, dass etwas stirbt und | |
nichts nachkommt. Journalisten werden ewig gebraucht, immer und überall, | |
solange es Missstände gibt. | |
Wie es Ärzte gibt, solange wir krank sind. Wie es die Küstenwache gibt, | |
solange wir aufs Meer fahren. Journalisten verfluchen Autoritäten. Sie sind | |
Optimisten. Sie kämpfen. Im Zweifel sind jene, die Kapital aus Journalismus | |
schlagen wollen, Gegner. Der Kapitalismus hat Angst vor Journalisten, er | |
liebt die Journalismus-Simulation. | |
Es ist nicht so, dass die Verlage die Herrscherinnen über Stift und Papier | |
sind. Es gilt: Da ist ein Problem, wir werden Zeuge, wir legen Zeugnis ab. | |
Wir haben Misstrauen, ein Notebook, wir haben Internet. Dieser Beruf ist | |
einfach, denkt man sich die Ablenkungen weg, die Verwässerungen, die | |
Störungen. Das Gute: Journalisten können nicht anders, als ihren Beruf | |
auszuüben, solange sie ihre Augen offen halten. | |
Journalisten brauchen keine Aufträge, keine Chefredaktionen, keine | |
Schreibtische, keine Durchwahl, keine Verlage, keine Weihnachtsfeiern, | |
keine Konferenzen, sie brauchen keine Großraumbüros, sie brauchen keine | |
Adressen, sie brauchen keine Kantinen, keine Reisekostenabrechnungen, keine | |
Etagen. | |
Sie brauchen Mut. Diese Krise ist wunderbar. | |
28 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Felix Dachsel | |
Felix Dachsel | |
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