| # taz.de -- Auswirkung der Krise: Arbeitskosten ziehen an | |
| > 31 Euro für eine geleistete Arbeitsstunde: So viel muss ein Arbeitgeber | |
| > im Durchschnitt ausgeben. Mehr als im europäischen Durchschnitt. | |
| Bild: Voll wettbewerbsfähig: Arbeiter im Porschewerk Stuttgart-Zuffenhausen. | |
| BERLIN taz | Der Faktor Arbeit hat sich in Deutschland in den letzten zwei | |
| Jahren stärker verteuert als im EU-Durchschnitt. Das zeigen Daten, die das | |
| Statistische Bundesamt am Dienstag veröffentlichte. Danach stiegen die | |
| Arbeitskosten, die sich aus Bruttoverdiensten sowie den Lohnnebenkosten | |
| zusammensetzen, hierzulande 2011 und 2012 insgesamt um 5,8 Prozent an. Im | |
| Durchschnitt der 27-EU-Länder waren es hingegen 4,7 Prozent. | |
| In anschaulicheren Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass ein Arbeitgeber | |
| in der deutschen Privatwirtschaft 2012 im Schnitt 31 Euro für eine | |
| geleistete Arbeitsstunde ausgeben musste. Im EU-Durchschnitt waren es 23,50 | |
| Euro, also rund ein Drittel weniger. | |
| Deutschland liegt damit auf dem achten Platz (2011: siebter Platz), hinter | |
| Ländern wie Schweden, wo die Arbeitsstunde mit 41,90 Euro am teuersten war, | |
| sowie Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und | |
| Finnland. Ganz am Ende der Tabelle tummeln sich die osteuropäischen Länder, | |
| mit Bulgarien als Schlusslicht. Dort kostete eine Arbeitsstunde im Schnitt | |
| 3,70 Euro. | |
| Doch heißt das nun, dass Deutschland Wettbewerbsnachteile drohen, weil die | |
| Arbeit hier zu teuer ist oder zu teuer wird? Ganz so einfach ist es nicht. | |
| Zum einen ist Deutschland mit seiner hochproduktiven Wirtschaft wie | |
| beschrieben bei den Arbeitskosten keinesfalls Spitzenreiter. Das trifft | |
| auch dann zu, wenn man nur auf das verarbeitende Gewerbe schaut, das sich | |
| vor allem im internationalen Wettbewerb behaupten muss. Dort kostete eine | |
| Arbeitsstunde hierzulande zuletzt 35,20 Euro, Deutschland liegt damit auf | |
| dem fünften Platz. | |
| Zum anderen muss man die Entwicklungen über einen längeren Zeitraum | |
| betrachten. Und zwischen 2001 und 2010 lag das Wachstum der deutschen | |
| Arbeitskosten konstant unterhalb des EU-Durchschnitts. Während | |
| beispielsweise bei unseren französischen Nachbarn in dem Zeitraum die | |
| Kosten um knapp 35 Prozent in die Höhe kletterten, waren es in Deutschland | |
| 16 Prozent. | |
| ## In Griechenland schrumpften die Arbeitskosten drastisch | |
| Dass nun in den letzten zwei Jahren die deutschen Personalkosten stärker | |
| anziehen als im europäischen Durchschnitt, ist auch Ausdruck der Krise in | |
| anderen Teilen Europas. Oder anders ausgedrückt: In etlichen Ländern | |
| mussten die Menschen Lohneinbußen hinnehmen, die Arbeitskosten sanken, das | |
| drückt den EU-Durchschnitt. | |
| Am Beispiel Griechenlands sieht man das besonders deutlich. Dort | |
| schrumpften die Arbeitskosten 2011 im Vergleich zu 2010 um 5,7 Prozent. | |
| 2012 gab es erneut ein Minus von 6,8 Prozent. Auch in anderen Krisenländern | |
| wie Irland, Portugal oder Spanien verbilligte sich Arbeit oder wurde nur | |
| moderat teurer. | |
| Für Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen | |
| Konjunkturforschungsinstituts IMK der Hans-Böckler-Stiftung, gibt es keinen | |
| Grund für Alarmismus in Deutschland: „Wir erleben vielmehr eine leichte | |
| Tendenz der Angleichung in Europa.“ So seien die Lohnsteigerungen in | |
| Deutschland ein Jahrzehnt lang deutlich hinter dem Rest der EU | |
| zurückgeblieben. „Das hat die Ungleichgewichte in Europa verstärkt.“ | |
| Wenn hierzulande nun die Arbeitskosten und damit auch die Bruttoverdienste | |
| etwas anzögen, „dann hat das zwei gute Effekte: Wir stärken die | |
| Binnennachfrage und die Krisenländer haben größere Chancen, durch ihre | |
| gestiegene Wettbewerbsfähigkeit mehr zu exportieren.“ Zurückhaltender | |
| bewertete die Entwicklung Christoph Schröder vom arbeitgebernahen Institut | |
| der deutschen Wirtschaft (IW): „Wir müssen aufpassen, dass wir unsere | |
| Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren. Dazu gehört auch, Lohnsteigerungen | |
| moderat zu halten.“ | |
| 26 Mar 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva Völpel | |
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