# taz.de -- Massenprotest in Portugal: Gegen Sparpolitik und Troika | |
> Landesweit gehen Hunderttausende auf die Straße und fordern den Rücktritt | |
> der Regierung. Die kämpft derweil um die Einhaltung der Sparziele. | |
Bild: Symbolträchtige Nelke bei den portugiesischen Protesten am Samstag. | |
MADRID taz | Die Wut auf die Sparpolitik nimmt zu. Noch im vergangenen | |
Herbst hieß das Motto der portugiesischen Facebookplattform „Zum Teufel mit | |
der Troika!“ gegen die Intervention der Europäischen Union (EU), der | |
Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) | |
noch „Gebt uns unser Leben zurück!“. Am Samstag stand auf vielen | |
Transparenten der Demonstration gegen die Sparpolitik in über 30 Städten: | |
„Das Volk ist es, das am meisten bestimmt“. | |
Eine halbe Million Menschen waren in Portugals Hauptstadt Lissabon dem | |
Aufruf des Internetbündnisses gegen die Troika gefolgt. Im ganzen Land | |
waren es laut Veranstaltern weit über eine Million. Die Proteste wurden von | |
zahlreichen Intellektuellen, von der CGTP, der größten Gewerkschaft des | |
Landes, und von der politischen Linken unterstützt. | |
Das Motto „Das Volk ist es, das am meisten bestimmt“ hat eine besondere | |
Symbolkraft. Der Satz stammt aus dem Lied „Grândola, Vila Morena“, das am | |
25. April 1974 als Signal an die rebellischen Armeeeinheiten im Radio | |
gespielt wurde. Diese rückten daraufhin aus. Es war der Beginn der | |
Nelkenrevolution, die 40 Jahre Diktatur beendete. Am Samstag erklang das | |
Lied erneut auf dem größten Platz in Lissabon, dem Terreiro do Paço. | |
Anschließend forderten die Demonstranten den Rücktritt der Regierung. | |
Nur wenige Straßen vom Terreiro do Paço entfernt sind derweil „die Männer | |
in Schwarz“, die Rechnungsprüfer der Troika, am Werk. Sie kontrollieren die | |
Bücher der portugiesischen Regierung, um dann zu entscheiden, ob eine | |
nächste Rate der insgesamt 78 Milliarden Euro aus dem EU-Rettungsschirm an | |
das arme Land ausgezahlt wird. | |
„Nach einem Haushalt, der alles zerstört, sagt der IWF erneut, dass es noch | |
zu wenig ist. Um die Zinszahlungen für die Schulden zu garantieren, die | |
Banken und Banker zu retten, private Unternehmen zu speisen, setzt der IWF | |
auf mehr Arbeitslosigkeit, weniger öffentliche Dienstleistungen, die | |
Zerstörung des öffentlichen Gesundheits- und Bildungssystems …“, heißt es | |
im Aufruf der Anti-Troika-Plattform. | |
## Niedrigere Löhne | |
Insgesamt hat Portugal im aktuellen Haushalt 5,3 Milliarden Euro | |
eingespart, um das Defizit bis Ende 2014 auf die von der EU geforderten 3 | |
Prozent zu drücken. Die Löhne wurden gesenkt. Zu Jahresbeginn wurde eine | |
Sonderlohnsteuer von 3,5 Prozent eingeführt, das Arbeitslosengeld um 6 | |
Prozent und die Renten von über 1.350 Euro monatlich um 3,5 Prozent | |
gekürzt. | |
Jedoch müssen laut Berechnungen der Regierung und der Troika in den | |
kommenden zwei Jahren weitere 4 Milliarden Euro eingespart werden. | |
Portugals Wirtschaft schnürt die Sparpolitik die Luft ab. Die | |
Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 18 Prozent. Bei den unter 25-Jährigen sind | |
es 40 Prozent. Im letzten Quartal schrumpfte die Wirtschaft um 3,9 Prozent. | |
2013 sollen es weitere 2 Prozent sein. „Die Regierung hat keine Legitimität | |
mehr“, erklärte der Generalsekretär der CGTP, Arménio Carlos, in Lissabon. | |
3 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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