| # taz.de -- Peter Altmaier über die Endlagersuche: „Mein Lieblings-Grüner i… | |
| > Der CDU-Umweltminister ist hochzufrieden mit dem Konsens zum Atommüll. Da | |
| > kann er sich sogar Lob für die Grünen leisten. Doch regieren will er | |
| > weiter mit der FDP. | |
| Bild: „Manch einer, auch bei den Grünen, wäre vielleicht ganz froh, wenn ic… | |
| taz: Herr Altmaier, wer ist eigentlich Ihr Lieblings-Grüner? | |
| Peter Altmaier: Soll ich die jetzt alle aufzählen? | |
| Nein, einer reicht. | |
| Ich will ja niemanden eifersüchtig machen. Aber wenn’s nur einer sein soll, | |
| dann nehme ich Jürgen Trittin. Aber er ist natürlich nicht der Einzige. In | |
| der Pizza-Connection habe ich vor vielen Jahren mit dafür gesorgt, dass | |
| Berührungsverbote zwischen Union und Grünen durchbrochen wurden. | |
| Was schätzen Sie an Trittin? | |
| Er hat als mein Vorgänger im Amt des Bundesumweltministers große Erfahrung | |
| und weiß, wovon er spricht. Darum arbeite ich gern mit ihm zusammen. Er | |
| spielt noch immer gern den Vorzeige-Linken, aber im entscheidenden Moment | |
| kann er auch über seinen Schatten springen – wie jetzt bei der | |
| Endlager-Einigung. | |
| Die ist ja noch recht frisch. Am Dienstag haben sich Regierung und | |
| Opposition, Bund und Länder über einen Neubeginn der Endlagersuche | |
| geeinigt. Was ist das richtige Adjektiv für diesen Kompromiss? | |
| Die Einigung kann man schon als historischen Durchbruch bezeichnen. Nach | |
| dem Atomausstieg 2011 beendet sie endgültig einen 30-jährigen Konflikt mit | |
| weitreichenden Folgen für die künftige „politische Geografie“. Bisher ist | |
| die Endlagerfrage ohne ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit und im | |
| parteipolitischen Konflikt behandelt worden. Das ist jetzt vorbei. | |
| Aber gehen die eigentlichen Probleme jetzt nicht erst los? | |
| Natürlich, und es gibt auch keine Garantie, dass die Endlagersuche jetzt | |
| konfliktfrei vonstattengeht. Schließlich stehen bisher kaum Bewerber | |
| Schlange, die sich als Standort bewerben. Aber wir haben jetzt erstmals die | |
| Voraussetzung für ein faires Suchverfahren geschaffen, an dem alle | |
| gesellschaftlichen Gruppen beteiligt sind. | |
| Zumindest eine Gruppe ist nicht einverstanden: Die Anti-Atom-Bewegung | |
| kritisiert, dass erst ein Gesetz beschlossen wird und dann in einer | |
| Kommission über die Grundlagen entschieden wird. Wäre das nicht andersrum | |
| sinnvoller? | |
| Das hätte man machen können – wenn vor vier Jahren mit der Konsenssuche | |
| begonnen worden wäre. Jetzt gab es bei allen Beteiligten die Sorge, dass | |
| sich das Zeitfenster für einen Kompromiss wieder schließt, wenn wir bis | |
| nach der Bundestagswahl warten. | |
| Wieso das? Rechnen Sie mit einem Regierungswechsel? | |
| Nein. Trotzdem werden nicht unbedingt alle Beteiligten die gleichen sein, | |
| so dass man in vielen Fragen neu anfangen müsste. Zudem haben vor einer | |
| Wahl, wenn sich noch alle Parteien Hoffnung auf Regierungsbeteiligung | |
| machen, alle ein gleichmäßiges Interesse daran, dass es zu einem Konsens | |
| kommt. Und durch die Kommission stellen wir trotz der Eile beim Gesetz | |
| sicher, dass in Ruhe diskutiert werden kann. | |
| Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die Ergebnisse der Kommission später | |
| einfach ignoriert werden? | |
| Das kann ich mir nicht vorstellen. Natürlich sind die Abgeordneten | |
| unabhängig, denen können Sie keine formalen Vorgaben machen. Aber wenn wir | |
| jetzt eine Kommission im Konsens einsetzen, bin ich überzeugt, dass deren | |
| Empfehlungen auch im Bundestag eine große Chance auf Verwirklichung haben. | |
| Ist das jetzt mehr Ihr Sieg – oder mehr der von Jürgen Trittin, der vor 13 | |
| Jahren schon mal ein ähnliches Verfahren geplant hat? | |
| Es ist ein Sieg unserer parlamentarischen Demokratie, die in wichtigen | |
| Fragen immer wieder zu Konsensbildungen über Parteigrenzen hinweg imstande | |
| ist. | |
| Eine sehr uneitle Analyse. | |
| Sicherlich sehen Sie mich nach dieser Einigung als glücklichen Menschen. | |
| Als Umweltminister bin ich schon kraft Amtes nicht ganz unbeteiligt. Aber | |
| es ist auch ein Gebot der Klugheit, zu wissen, dass solche Gesetze viele | |
| Väter haben. | |
| Weniger erfolgreich verläuft Ihre andere Großbaustelle, die Energiewende. | |
| Mit Ihrer „Strompreisbremse“ sind Sie krachend gescheitert. | |
| Das würde ich nicht so sehen. Die Energiewende ist in allen Teilen richtig | |
| und notwendig. Aber die steigenden Kosten sind ein reales Problem, das die | |
| Akzeptanz des ganzen Projekts gefährdet. Darum habe ich Vorschläge gemacht, | |
| wie sich die Dynamik brechen lässt. Die sind in der ersten Runde nicht | |
| mehrheitsfähig gewesen. Aber ich bin überzeugt: In dem Ausmaß, in dem sich | |
| das Preisrisiko konkretisiert, wird auch bei SPD und Grünen ein neues | |
| Nachdenken einsetzen. | |
| Dass beim Thema Energiewende fast nur noch über die Kosten geredet wird, | |
| ist doch auch Ihre Schuld. Zuletzt haben Sie mögliche Kosten von einer | |
| Billion Euro genannt. Ist das nicht reine Panikmache? | |
| Nein, die Zahl ist schon real, das kann jeder nachrechnen. Sie gilt für den | |
| gesamten Zeitraum bis zum Jahr 2040, wenn wir bis dahin nichts ändern, und | |
| zwar für die Einspeisevergütungen, die bis dahin fällig werden.Hinzu kommen | |
| Leitungen, die Vorhaltung von Reservekapazitäten, die energetische | |
| Gebäudesanierung, Speicherausbau und Speicherforschung sowie E-Mobilität. | |
| Ich wollte darauf hinweisen, welchen Risiken wir ausgesetzt sind. | |
| Aber auch ohne Energiewende müssten doch Kraftwerke und Leitungen | |
| irgendwann erneuert werden. | |
| Das stimmt. Aber durch die Energiewende brauchen wir mehr Leitungen – etwa | |
| für die Windkraftwerke im Meer. Und wir brauchen zusätzlich neue | |
| konventionelle Kraftwerke als Reserve – für die Zeit, wenn die Sonne nicht | |
| scheint und der Wind nicht weht. | |
| Ihre Rechnung ignoriert auch die großen Einsparungen der Energiewende – | |
| etwa durch vermiedene Umweltschäden. | |
| Natürlich gibt es diese volkswirtschaftlichen Effekte. Aber der Rentnerin | |
| oder dem Familienvater, die ihr Haushaltsgeld verwalten müssen, ist die | |
| Frage des gesellschaftlichen Nutzens nur ein begrenzter Trost, wenn sie | |
| nicht wissen, wie sie ihre Stromrechnung bezahlen sollen. | |
| Um denen zu helfen, muss man aber nicht zwangsläufig die Energiewende | |
| bremsen. Sie könnten auch die vielen Ausnahmen für die Industrie streichen | |
| oder die Stromsteuer senken. | |
| An die Industrieausnahmen will ich ja ran – aber da hatten dann | |
| ausgerechnet rot-grün regierte Länder wie Nordrhein-Westfalen Vorbehalte. | |
| Keine Frage: Bei diesem Thema sind Sie näher an den Grünen als an SPD oder | |
| FDP. Wünschen Sie sich nicht manchmal, mit Ihrem Lieblings-Grünen Jürgen | |
| Trittin am Kabinettstisch zu sitzen statt mit dem Energiewende-Blockierer | |
| Philipp Rösler von der FDP? | |
| Nein. Ich weise darauf hin, dass ich mich gemeinsam mit Philipp Rösler auf | |
| die Kürzung der Industriesubventionen verständigt habe. Jürgen Trittin ist | |
| hier sehr viel leiser geworden. | |
| Aber bei anderen Themen, etwa dem Emissionshandel, liegen Sie sich mit | |
| Rösler weiter in den Haaren. Bietet sich die Energiewende nicht für weitere | |
| schwarz-grüne Flirts an? Sie wäre doch der ideale Mann für diese | |
| strategische Option. | |
| Diese Diskussion ist nicht real. Die Grünen sind vergeben, die CDU ist es | |
| auch. Uns steht ein Wahlkampf mit zwei klaren Alternativen bevor: Wir | |
| werben für die Fortsetzung dieser Koalition. Die CDU muss als Volkspartei | |
| der Mitte die bürgerliche Moderne abbilden. SPD und Grüne werben für | |
| Rot-Grün. | |
| Aber Sie wissen, dass es im September in einem Fünf-Parteien-Parlament für | |
| keine dieser Koalitionen reichen könnte. Schließen Sie Schwarz-Grün für | |
| diesen Fall aus? | |
| Ich spekuliere nicht darüber, was nach dem Wahlsonntag im September | |
| passiert. Das wäre unredlich. Aber Schwarz-Grün ist von den theoretisch | |
| denkbaren Optionen die theoretischste. | |
| Wir halten fest: Sie schließen es nicht aus. Welches Ministerium würden Sie | |
| in einer solchen „Koalition der bürgerlichen Moderne“ anstreben? | |
| Manch einer, auch bei den Grünen, wäre vielleicht ganz froh, wenn ich mein | |
| Amt als Umweltminister auch in Zukunft weiter ausübe. Die schwierigen und | |
| konfliktreichen Fragen der Energiewende müsste dann weiterhin ich | |
| verantworten. | |
| Das klingt ja schon nach konkreten Verhandlungen. | |
| Im Ernst: Ich verantworte ein hochspannendes Ressort und würde dies – in | |
| einer schwarz-gelben Koalition – gern weiter tun. Ich habe gerade erst | |
| angefangen. | |
| 12 Apr 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
| Ulrich Schulte | |
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