# taz.de -- Kapitalflucht ohne Kontrolle: Das Leid der Steuerfahnder | |
> Bislang müssen die Behörden dem Steuerbetrug oft hilflos zusehen. Denn | |
> ihre Zuständigkeit endet an der deutschen Grenze. | |
Bild: Hat wenig zu melden: Ein Zollbeamter an der Schweizer Grenze. | |
BERLIN taz | Riesige Vermögen werden in Steueroasen vor dem Fiskus in | |
Sicherheit gebracht, wie die Enthüllungen rund um „Offshore-Leaks“ gezeigt | |
haben – und die Steuerbehörden müssen meist hilflos zusehen. Sie dürfen | |
nämlich erst in Aktion treten, wenn es konkrete Anhaltspunkte für | |
Steuerhinterziehung gibt. | |
Dass es solche Anhaltspunkte gar nicht erst gibt, dafür sorgt das Heer der | |
Anlageberater. „Am meisten zu leiden haben wir unter der Intransparenz der | |
ausländischen Unternehmens- oder Stiftungsstrukturen, die von den Beratern | |
ja auch bewusst so konstruiert werden“, sagt der Referatsleiter für | |
internationales Steuerrecht der Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Andreas | |
Kaiser. | |
Die Zuständigkeit der Steuerfahnder endet an der deutschen Grenze. Im | |
Ausland nachforschen dürfen sie nur in Ausnahmefällen und mit Genehmigung | |
des jeweiligen Landes. Anfragen bei den Behörden in den Steueroasen sind | |
überhaupt nur zulässig, wenn schon ein konkreter Verdacht gegen eine | |
bestimmte Person vorliegt. | |
Bei Bargeldkontrollen an den Grenzen gehen dem Zoll zwar immer wieder | |
Steuerflüchtlinge ins Netz – „aber das trifft wirklich nur die Dummen“, | |
sagt einer der Fahnder. Durchsuchungen bei den Banken in Deutschland helfen | |
wenig, weil die fraglichen Geschäfte bei Auslandstöchtern stattfinden. | |
Daher gibt es bis jetzt nur eine einzige Chance, dem Fluchtkapital auf die | |
Schliche zu kommen: durch gestohlene CDs mit Kundendaten. | |
Kaisers größter Wunsch ist daher, endlich einfacher an Informationen zu | |
kommen. Am besten durch einen automatischen Informationsaustausch zwischen | |
den Steuerbehörden, die auf diese Weise ohne gezielte Nachfragen Meldung | |
über etwaige Auslandskonten der Steuerpflichtigen erhalten würden. | |
## Sechs EU-Staaten einigen sich | |
Das scheint nun endlich auch die EU zu erkennen. Sechs Finanzminister, | |
darunter Wolfgang Schäuble, haben sich am Samstag in Dublin auf ein | |
entsprechendes Vorgehen geeinigt. | |
Verschachtelte Firmenstrukturen und anonyme Stiftungen auf obskuren | |
Südseeinseln, die in vielen der Offshore-Leaks-Dokumente eine Rolle | |
spielen, werden damit allerdings nicht erfasst. Hier würde nur mehr Druck | |
auf die Steueroasen für mehr Offenlegung nützen. Die Schweiz etwa hat | |
teilweise schon nachgegeben, um noch mehr Ärger mit den USA zu vermeiden. | |
Helfen würde auch eine Reform der Steuerverwaltung. „Die Offshore-Leaks | |
sind eine Gelegenheit, um endlich einmal zu hinterfragen, warum die | |
Steuerfahndung in manchen Bundesländern so schlecht aufgestellt ist“, | |
findet ein anderer Kenner der Szene, der ehemalige Steuerfahnder Frank | |
Wehrheim. Bislang ist die Steuerverwaltung hierzulande Sache der | |
Bundesländer, die ihre Arbeit nicht immer gut koordinieren. | |
Ein Hauptproblem sei der Länderfinanzausgleich: Die Geberländer, darunter | |
Hessen mit seiner Bankenmetropole Frankfurt, haben wenig Anreiz, in eine | |
schlagkräftige Steuerfahndung zu investieren. Der Grund: Sie müssten die | |
dadurch erzielten Steuermehreinnahmen doch bloß wieder an die ärmeren | |
Nehmerländer abgeben. Für Wehrheim hätte deswegen neben einer besseren | |
EU-weiten Zusammenarbeit die Einführung einer bundesweiten Steuerfahndung | |
Priorität. Das sieht inzwischen auch die Bundesregierung so. Ein FBI gegen | |
internationale Steuerhinterziehung wünscht sich das Bundesfinanzministerium | |
nun. | |
Eine Schwachstelle des Steueroasensystems haben die Offshore-Leaks immerhin | |
aufgezeigt: Die Steuerflucht läuft meist über Banken ab, die wohlhabenden | |
Kunden die „Optimierung der Steuerplanung“ anbieten, wie es in einer | |
Broschüre der Deutschen Bank heißt. Genau da will der | |
Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold ansetzen. | |
Die USA bieten hierfür das Vorbild: Das Gesetz über Steuerehrlichkeit für | |
Auslandskonten (FATCA) zwingt alle Finanzinstitute zur Meldung über die | |
Konten von US-Steuerzahlern an die US-Steuerbehörde. Viele | |
EU-Finanzminister überlegen inzwischen, FATCA zum internationalen Standard | |
auszubauen. | |
14 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
Nicola Liebert | |
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