# taz.de -- Rekordzahlen bei Flüchtlingen: Immer mehr Menschen auf der Flucht | |
> 2012 fristeten so viele Menschen ein Dasein als Flüchtlinge wie seit | |
> etlichen Jahren nicht mehr. Arme Länder tragen die Last, unter den | |
> reichen ist Deutschland Vorbild. | |
Bild: Flüchtlingscamp Zam Zam in Nord Dafur, Sudan. | |
GENF dpa | Ganz Skandinavien menschenleer. Oder auch Kanada. Selbst diese | |
Vorstellung würde nicht ausreichen, um die ganze Dimension des weltweiten | |
Flüchtlingsdramas wenigstens zahlenmäßig zu erfassen. 45,2 Millionen | |
Menschen lebten Ende 2012 als Flüchtlinge, erklären die Vereinten Nationen | |
in ihrem [1][Jahresbericht zum Weltflüchtlingstag] am Donnerstag (20. | |
Juni). Das sind – zum Beispiel – doppelt so viele Menschen wie Australien | |
Einwohner hat. | |
Zugleich ist das der höchste Stand seit Mitte der 90er Jahre, als die | |
Kriege in Ex-Jugoslawien unzählige Menschen in die Flucht trieben. „Diese | |
Zahlen sind wahrhaft alarmierend“, sagt António Guterres, UN-Hochkommissar | |
und Leiter des [2][Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR)]. | |
„Sie reflektieren massenhaftes Leid und zugleich die Schwierigkeiten der | |
internationalen Gemeinschaft, Konflikte zu verhindern oder rasch friedlich | |
zu lösen.“ | |
Allein im zurückliegenden Jahr sind 7,6 Millionen Frauen, Männer und Kinder | |
aus ihren Heimatorten geflohen. Das bedeute “ein neuer Flüchtling alle 4,1 | |
Sekunden“, erklären UN-Statistiker. Die meisten von ihnen – 6,5 Millionen … | |
fanden notdürftig Zuflucht innerhalb des eigenen Landes. Dort sind sie | |
allerdings ebenso auf internationale Hilfe angewiesen wie jene, die sich | |
über Grenzen geschleppt oder die Flucht in überfüllten Booten riskiert | |
haben. | |
Flucht ist oft die letzte Hoffnung. Jedes Jahr kostet sie Hunderte das | |
Leben. Wie gerade erst sieben Afrikaner: Um nach Italien zu gelangen, | |
hatten sie sich an [3][Thunfisch-Haltungskäfigen im Schlepptau] eines | |
tunesischen Fangschiffes geklammert und waren ertrunken. | |
## Hauptursache sind Kriege | |
Naturkatastrophen und explodierende Lebensmittelpreise – oft eine Folge des | |
Klimawandels – gehören zu den Fluchtursachen. Auch Armut und | |
Hoffnungslosigkeit. Vor allem aber sind es Kriege. Weit mehr als die Hälfte | |
der vom UNHCR als Flüchtlinge registrierten Menschen stammen aus den fünf | |
Ländern mit den derzeit blutigsten Konflikten: Afghanistan, Somalia, Irak, | |
Syrien und Sudan. | |
Allein wegen des Bürgerkriegs in Syrien rechnen die UN für 2013 mit | |
Millionen neuer Flüchtlinge. „Syrien löst sich als Zivilisation auf mit | |
fast der Hälfte seiner Bürger in Abhängigkeit von Nothilfe“, warnte | |
UNHCR-Chef Guterres. Bis Ende des Jahres könnten mehr als 10 Millionen | |
Syrer Flüchtlinge im eigenen Staat oder im Ausland sein. | |
Deutschland hat die Aufnahme von 5.000 Syrern versprochen. Manche | |
kritisieren das als zu wenig. Doch den UN gilt selbst diese Zusage als | |
vorbildlich. Man hoffe, dass andere westliche Länder dem deutschen Beispiel | |
folgten, sagte UNHCR-Sprecher Adrian Edwards. | |
## Deutschland auf Platz 3 | |
Dass die Bundesrepublik mehr tut als vergleichbare Staaten, zeigt auch der | |
neue UN-Flüchtlingsbericht: Deutschland steht in der Liste der | |
Aufnahmeländer nach Pakistan und dem Iran mit fast 590.000 Flüchtlingen an | |
dritter Stelle. Bei der Zahl neuer Asylanträge lag die Bundesrepublik 2012 | |
mit 64.500 gleich hinter dem Spitzenreiter USA (70.400), gefolgt von | |
Südafrika (61.500) und Frankreich (55.100). | |
Zudem ist Deutschland unter den zehn Ländern, die weltweit die meisten | |
Flüchtlinge aufgenommen haben, der einzige westliche Staat. An die Stelle | |
der USA rückte hier auf Rang 10 die Türkei. Insgesamt tragen freilich arme | |
Entwicklungsländer die Hauptlast: Sie beherbergen mehr als 80 Prozent aller | |
Flüchtlinge weltweit. | |
Besonders schwierig ist das zurzeit für die Nachbarländer Syriens, in die | |
Monat für Monat etwa 5.000 Kriegsflüchtlinge strömen. Bislang stammen die | |
meisten Auslandsflüchtlinge der Welt noch aus Afghanistan (2,58 Millionen). | |
Die meisten fanden Aufnahme in Pakistan. Doch außerhalb der unmittelbaren | |
Konfliktregion steht mit knapp 32.000 afghanischen Flüchtlingen wiederum | |
Deutschland an der Spitze. | |
19 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://unhcr.org/globaltrendsjune2013/ | |
[2] http://www.unhcr.org/cgi-bin/texis/vtx/home | |
[3] /Fluechtlingsdrama-vor-italienischer-Kueste/!118260/ | |
## AUTOREN | |
Thomas Burmeister | |
## TAGS | |
Flüchtlinge | |
UNHCR | |
Vereinte Nationen | |
Weltflüchtlingstag | |
Australien | |
Sudan | |
Somalia | |
Syrien | |
Syrien | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
G8-Gipfel | |
Flüchtlinge | |
Flüchtlinge | |
Asyl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bootsunglück vor Australien: Flüchtlinge ertrunken | |
Auf dem Weg nach Australien ist ein Flüchtlingsboot mit 200 Menschen vor | |
der indonesischen Küste gekentert. Drei Menschen starben bei dem Unglück. | |
Blauhelmsoldaten in Darfur getötet: Tödliche Angriffe | |
Sieben Soldaten der UNAMID wurden in der sudanesischen Unruheprovinz Darfur | |
getötet. Rebellen beschuldigen regierungsnahe Milizen. | |
Flüchtlinge in der Republik Puntland: Schlafen ohne Angst | |
Immer mehr Flüchtlinge werden in Puntland sesshaft. Die Regierung hilft | |
dabei, hat aber kein Geld. Ein Besuch dort, wo eine abschließbare Tür ein | |
Segen ist. | |
Mitarbeiter einer Hilfsorganisation: Drei Deutsche in Syrien entführt | |
Bereits im Mai sind drei deutsche Helfer der Organisation „Grünhelme“ in | |
Syrien verschleppt worden. Bemühungen, ihre Freilassung zu erwirken, | |
scheiterten bisher. | |
Beschluss der Syrien-Gruppe: Waffenlieferungen für Rebellen | |
Die Militärhilfe für die Rebellen soll ausgebaut werden. Die | |
Syrien-Kontaktgruppe beschließt, die Unterstützung soll über den | |
pro-westlichen Militärrat gehen. | |
Weltflüchtlingstag: Wer kümmert sich um die Syrer? | |
In und um Syrien sind 6 Millionen Menschen auf der Flucht, dieses Jahr | |
dürften Millionen hinzukommen. Deutschland will 5.000 aufnehmen. Das reicht | |
nicht, sagen Hilfswerke. | |
Weltbank-Bericht über Klimafolgen: „Schmerzhaft“ wird der Klimawandel | |
Dürre, Überschwemmungen, Stürme, zurückgehende Fischbestände: Die Liste der | |
Folgen des Klimawandels vor allem für die armen Länder ist lang. | |
G8-Gipfel in Nordirland: Beim Freihandel sind sie sich einig | |
Über Waffenlieferungen nach Syrien herrscht Uneinigkeit beim G8-Gipfel. Die | |
USA und Deutschland verdoppeln ihre Hilfe. Zum Abschluss geht es um die | |
Bekämpfung von Steuerflucht. | |
Interview Flüchtlinge: „Weder links noch rechts“ | |
Die obdachlosen Afrikaner, die in der St. Pauli Kirche schlafen, haben neue | |
Unterstützer: die Altonaer CDU. | |
Flüchtlingsdrama vor italienischer Küste: 900 Flüchtlinge gerettet | |
Italiens Küstenwache holte mehr als 900 Flüchtlinge aus dem Wasser. Sieben | |
Menschen sollen umgekommen sein. Sie seien umgebracht worden, berichten | |
Überlebende. | |
Flüchtlinge in Europa: EU bekommt einheitliches Asylgesetz | |
Künftig müssen alle Asylbewerber in der EU gleichbehandelt werden. Doch | |
einige Punkte des neuen Gesetzes bleiben fragwürdig. | |
Nothilfe für Flüchtlinge: „Verfehlte Flüchtlingspolitik“ | |
Abschiebe-Moratorium verlangt: Die 300 Flüchtlinge aus Libyen sollen | |
vorerst bleiben dürfen, fordern Grüne und Linkspartei. Senat soll | |
europäische Lösung ausloten |