# taz.de -- Interview Flüchtlinge: „Weder links noch rechts“ | |
> Die obdachlosen Afrikaner, die in der St. Pauli Kirche schlafen, haben | |
> neue Unterstützer: die Altonaer CDU. | |
Bild: "Konservativ sein, heißt helfen": Flüchtlinge in Hamburg. | |
taz: Herr Szczesny, in Altona haben Sie diskutiert, wie Sie mit den | |
Flüchtlingen in der St. Pauli Kirche umgehen. Warum hat sich Ihre | |
CDU-Fraktion von der SPD distanziert? | |
Uwe Szczesny: Es ging darum, wie wir mit diesen Menschen in einen Dialog | |
treten können. Die SPD will ihr Aufenthaltsrecht feststellen, um sie so | |
schnell wie möglich nach Italien abzuschieben. Aber wir wollen die Menschen | |
mit dem nötigen Respekt behandeln. Als die SPD in der Bezirksversammlung | |
ihren Antrag nicht ändern wollte, haben wir mit den Grünen und den Linken | |
für einen sechsmonatigen Abschiebestopp gestimmt – auch wenn dies im | |
Hamburger Rathaus bereits abgelehnt wurde. | |
Auch die CDU war dagegen. | |
Die Bürgerschaft hat sich mit einem Bleiberecht für die Flüchtlinge in | |
Hamburg beschäftigt. Das hat auch die Hamburger CDU getan und das musste | |
sie meines Erachtens auch. In unserer Kommunalpolitik geht es aber darum, | |
dass die Menschen in der Zeit, in der sie hier sind, so behandelt werden, | |
wie wir es bei jedem Gast erwarten. Auch, wenn es ein ungebetener Gast ist. | |
Im Bezirk ging es doch ebenfalls um die Bleibe-Perspektive. | |
Wenn wir uns um die Menschen kümmern, wollen wir nicht von vornherein | |
sagen: Ihr werdet abgeschoben. Es könnte auch eine Duldung oder ein | |
Bleiberecht dabei herauskommen, etwa über die Härtefallkommission. Deshalb | |
wollen wir die Frage nach der Perspektive offen lassen, wenn wir in einen | |
Altonaer Dialog eintreten. | |
Gab es schon einmal so einen Dialog? | |
Als die CDU zwischen 2004 und 2008 regiert hat, haben wir Gespräche darüber | |
geführt, wie mit Illegalen in unserer Stadt umgegangen werden soll. Wir | |
haben damals Maßstäbe gefunden, die vom Senat aufgenommen worden sind. | |
Etwa, dass Illegale medizinisch behandelt werden können oder dass sie ihre | |
Kinder zur Schule schicken dürfen. Rechtlich ist so etwas natürlich nicht | |
einwandfrei. Aber es führt dazu, dass die Menschen nicht ganz rechtlos | |
sind. Genau darum geht es auch jetzt. | |
Wollen Sie der Debatte, die im Rathaus um die Libyen-Flüchtlinge geführt | |
wird, einen Anstoß geben? | |
Das, und wir wollen, dass sich die Öffentlichkeit etwas stärker mit diesen | |
Menschen beschäftigt. Dass der öffentliche Druck auf die Regierenden | |
stärker wird, sich humaner für diese Leute einzusetzen. | |
Haben Sie schon eine Rückmeldung aus der CDU-Bürgerschaftsfraktion | |
bekommen? | |
Ja. Natürlich hat mich der eine oder andere gefragt: Hast du eigentlich | |
einen Vogel? Aber ich habe eindeutig mehr positive Rückmeldungen bekommen | |
als negative, auch am CDU-Stand auf dem Straßenfest Altonale. | |
Der innenpolitische Sprecher der CDU, Kai Voet van Vormizeele, hat der | |
Linksfraktion vorgeworfen, dass sie mit den Flüchtlingen Wahlkampf macht. | |
Ich kenne ihn schon lange. Ich teile seine juristische Auffassung und er | |
teilt mit Sicherheit meine menschliche. | |
Sie ziehen mit Ihrer Haltung links an der SPD vorbei. | |
Bei dieser Frage geht es nicht darum, eine Partei politisch zu überholen, | |
auf welcher Seite auch immer. Es geht ausschließlich darum, sich um die | |
Flüchtlinge zu kümmern. Für uns ist das eher konservativ: Sich für | |
Menschen, die in Not sind, einzusetzen, ist weder links noch rechts, | |
sondern urchristlich. | |
17 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Kristiana Ludwig | |
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