# taz.de -- Grenzsicherung in Libyen: EU-Training verläuft im Wüstensand | |
> Mit einer zivil-militärischen Mission will die EU die libyschen Grenzen | |
> abschotten. Das meiste Geld dafür geht an private Sicherheitsfirmen. | |
Bild: Analysen zufolge beherrschen Milizen 23 der 25 libyschen Grenzübergän… | |
BERLIN/TRIPOLIS taz | Die Liste der EU-Missionen in Afrika wird immer | |
länger: „Eubam Libya“, European Union Integrated Border Management | |
Assistance Mission Libya, heißt die neueste Kreation aus Brüssel. | |
Im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der | |
Europäischen Union werden für einen Zeitraum von vorerst zwei Jahren bis zu | |
110 Polizisten und Experten in Libyen den Behörden helfen, „kurzfristig die | |
Grenzsicherung zu verbessern“ und „langfristig den Libyern bei der | |
Entwicklung einer nachhaltigen integrierten Grenzmanagementstrategie | |
helfen“, wie es in der Mitteilung des Europäischen Rates vom 22. Mai heißt, | |
als „Eubam Libyen“ aus der Taufe gehoben wurde. Geleitet wird sie von | |
Finnlands früherem Zolldirektor Antti Hartikainen. | |
Deutschland beteiligt sich, so beschloss es das Bundeskabinett am 5. Juni, | |
mit bis zu 20 Polizisten. Derzeit seien ein Bundespolizist sowie eine | |
Logistikexpertin des ZIF ([1][Zentrum für Internationale Friedenseinsätze]) | |
vor Ort, heißt es in der Antwort der Regierung auf eine Frage des | |
Linksabgeordneten Andrej Hunko, die der taz vorliegt. Als libysche Partner | |
für Eubam gelten demnach „die dem Innenministerium unterstellte | |
Grenzpolizei, der dem Finanzministerium unterstellte Zoll, die dem | |
Verteidigungsministerium unterstellte neu geschaffene Institution der | |
Border Guards sowie unterschiedliche maritime Behörden“. | |
Das alles klingt nach einer komplexen Aufgabe, was mit dem komplexen | |
Zustand Libyens zu tun hat. Die libysche Regierung, die seit dem Sturz der | |
Gaddafi-Diktatur 2011 regiert, hat sich noch immer nicht gegen die | |
zahlreichen Milizen aus dem damaligen Bürgerkrieg durchsetzen können; diese | |
üben immer noch faktische Hoheit in ihren jeweiligen Hochburgen aus und | |
beherrschen nach EU-Analysen 23 der 25 offiziellen libyschen | |
Grenzübergänge. | |
## Vernetzung der Grenzbehörden mit Interpol | |
Aus diesem Grund ist Eubam auch nicht dort tätig, wo Flüchtlinge über die | |
Landgrenze aus der Wüste kommen oder am Meer in Richtung Europa in See | |
stechen. Die Arbeit der EU-Mission beschränkt sich nach Informationen der | |
taz zunächst auf Beratung des libyschen Innenministeriums zu | |
Sicherheitsfragen am Flughafen Tripolis. Dort läuft bereits ein EU-Programm | |
zur Vernetzung der Grenzbehörden mit Interpol. Und in Tripolis darf der | |
Sprecher von Eubam sein Hotel nur mit gepanzertem Wagen verlassen. | |
Die Beschränkung auf die Hauptstadt stößt auf Skepsis, da die EU-Ausbilder | |
„die lokalen Gegebenheiten gar nicht kennen und sie auch nicht vor Ort | |
testen können“, wie die grüne EU-Abgeordnete Franziska Brantner erklärt. | |
Die Grüne kritisiert auch die für den geringen Umfang der Mission ziemlich | |
hohen Kosten von 30,3 Millionen Euro im ersten Jahr. „Ein guter Teil des | |
Geldes geht an private Sicherheitsfirmen, die die Mission schützen“, sagt | |
Brantner. | |
Libyen hätte lieber ein EU-Engagement direkt an den Südgrenzen gesehen, | |
komplett mit Ausbildung der neu entstehenden Gendarmerie. Nun aber folgen | |
auf große EU-Ankündigungen eher bescheidene Taten – und das nicht zum | |
ersten Mal. | |
Am 1. April 2011, mitten im libyschen Bürgerkrieg, gründete die EU die | |
Libyen-Eingreiftruppe „Eufor Libyen“, die unter dem Kommando eines | |
italienischen Konteradmirals zum Schutz humanitärer Hilfe militärisch | |
intervenieren sollte, [2][sobald die UNO sie anfordert]. Das tat die UNO | |
nie, und nach Kriegsende wurde Eufor still und heimlich begraben, ohne je | |
geboren worden zu sein. | |
24 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.zif-berlin.org/ | |
[2] /1/archiv/digitaz/artikel/ | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
Mirco Keilberth | |
## TAGS | |
Libyen | |
EU | |
Grenzsicherung | |
Libyen | |
Gaddafi | |
Libyen | |
Flüchtlinge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gewalt in Libyen: Die Regierung hat wenig im Griff | |
Die Befreiung von 1.100 Häftlingen zeigt die prekäre Sicherheitslage. Der | |
Mord an einem Menschenrechtler löst Proteste gegen Islamisten aus. | |
Unruhen in Libyen: 1.000 Häftlinge fliehen | |
Massenweise Häftlinge fliehen aus einem Gefängnis bei Bengasi. Indes | |
stürmen Demonstranten Büros islamistischer Parteien in ganze Libyen. | |
Libyer appellieren: „Wir haben ein Recht zu bleiben“ | |
Die Flüchtlinge aus Libyen fordern Hilfe vom Hamburger Senat: Würde der | |
humanitäre Gründe geltend machen, stünde der Gruppe eine | |
Aufenthaltserlaubnis zu | |
Migration in Nordafrika: Abfahrt nach Europa ist am Montag | |
Die Migrations- und Fluchtbewegungen nach Libyen nehmen stark zu. Über die | |
Grenzen kommen aber auch islamistische Kämpfer. | |
Interview Flüchtlinge: „Weder links noch rechts“ | |
Die obdachlosen Afrikaner, die in der St. Pauli Kirche schlafen, haben neue | |
Unterstützer: die Altonaer CDU. | |
Nothilfe für Flüchtlinge: „Verfehlte Flüchtlingspolitik“ | |
Abschiebe-Moratorium verlangt: Die 300 Flüchtlinge aus Libyen sollen | |
vorerst bleiben dürfen, fordern Grüne und Linkspartei. Senat soll | |
europäische Lösung ausloten |